17 Okt
So langsam wird es langweilig, denn seit sechs Wochen steht Hero ununterbrochen an der Spitze der japanischen Kino-Charts! Dabei hat der auf einer sehr erfolgreichen TV-Serie basierende Film nun auch die Marke von 60 Mio US-$ durchbrochen. Zum Vergleich: Ocean’s Thirteen hatte zum selben Zeitpunkt etwa 25 Mio US-$ eingespielt, Harry Potter and the Order of the Phoenix etwas über 70 Mio.
Auch Eva: 1.0 hält sich weiterhin tapfer in den Top10, und das in der nunmehr siebten Woche. Das Einspielergebnis liegt inzwischen bei 14,5 Mio US-$ und dürfte noch weiter steigen, denn die Auslastung der nach wie vor nur 95 Kopien ist weiter hoch: Nach Hero erzielt Eva: 1.0 immer noch die höchsten Erträge je Kopie in den Top10, auch wenn diese von den fantastischen fast 30.000 US-$ der ersten Wochen auf nunmehr 7.777 US-$ gesunken sind.
Auf dem Fantasy Filmfest habe ich ihn verpasst, auf dem Japanischen Filmfest hier in Hamburg lief er nicht, aber wie sich das gehört sind auch in diesem Fall aller guten Dinge drei: Am 8. November kommt Gedo Senki unter dem deutschen Titel Die Chroniken von Erdsee hierzulande in die Kinos. Als großer Miyazaki-Fan bin ich natürlich sehr auf das Debut von Goro Miyazaki gespannt und habe mit großem Interesse Trailer und das Pressematerial in Augenschein genommen.
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Die Herkunft aus dem Ghibli-Studio ist unübersehbar, nicht umsonst waren viele wichtige Künstler bereits an früheren Ghibli-Erfolgen von Mein Nachbar Totoro bis hin zu Das wandelnde Schloss beteiligt. Und auch einige Elemente der Geschichte klingen sehr nach dem typischen Kanon von Miyazaki-Senior. Doch bei genauerem Nachlesen wirkt die Story zunehmend verwirrend, als ob sie sich in zuvielen Strängen verlieren würde, was natürlich daran liegen mag, dass der Film auf einer mehrbändigen Romangeschichte basiert, ähnlich wie Herr der Ringe. Und auch die Bildsprache, mag sie noch so sehr durch die Ghibli-eigene Brillanz geprägt sein, wirkt – so weit sich das anhand des Trailers und einiger Pressefotos beurteilen lässt – irgendwie konventionell.
Aber es ist ja nicht mehr lange hin, dann kann ich mir endlich eine eigene, fundierte Meinung bilden.
11 Okt
Original: Mogari no mori (2007), von Naomi Kawase
Als Gewinner des Großen Preises in Cannes dieses Jahr war The Mourning Forest wohl einer der am meisten in den Medien diskutierten japanischen Filme der jüngeren Vergangenheit. Besonders die in dem Film geübte Auseinandersetzung mit Tod, Trauer und dem Alter sowie dem Umgang der Gesellschaft mit alten Menschen wurde auch hierzulande gelobt und hervorgehoben.
Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: Die junge Mutter Machiko (Machiko Ono) hat ihr Kind verloren. Sie arbeitet in einem Altenpflegeheim und entwickelt dort eine besonders enge Beziehung zu dem Witwer Shigeki (Shigeki Uda), dessen Trauer um seine jung verstorbene, über alles geliebte Frau im Lauf der Jahre manische Züge angenommen hat. Bei einem Ausflug der beiden bleibt ihr Wagen liegen und sie machen sich zu Fuß auf durch den Wald. Das Ziel ihrer Wanderung ist aber nicht die Rückkehr in das Heim, sondern die Aussöhnung mit der Vergangenheit und den Toten.
Die beiden von ihrer Vergangenheit verfolgten Trauernden entwickeln dabei ein ganz eigenes, inniges Verständnis für den jeweils anderen, das zu Beginn des Films im Pflegeheim noch völlig fehlte. Trotz der Gruppenaktivitäten und gemeinsamer Sitzungen mit einem Priester. Doch all die Gespräche können echtes Mitgefühl und Verständnis, das erst durch die geteilte Trauer im Wald entsteht, nicht ersetzen. So wird dem rauhen, Machiko besonders zu Anfang regelrecht schikanierenden Shigeki in einem einzigen Moment klar, dass Machiko eine ebenso schwere, wenn nicht sogar noch größere Bürde trägt als er. Nun baut er echtes Vertrauen zu ihr auf und wechselt sogar selbst in die Rolle des Trostspenders, des Pflegers.
Auch für den Zuschauer ist dieser Moment von großer Bedeutung, denn wenn Machiko bei der Überquerung eines kleinen Baches plötzlich hysterisch schreiend zusammenbricht, wird uns schlagartig klar, wie sie ihr Kind verlor. Naomi Kawase benötigt keine Worte um das in Machiko wiedererwachte Entsetzen und das Gefühl des Verlusts zu vermitteln. Die Kraft des Moments allein, die schauspielerische Leistung Machiko Onos und die etwas verwackelte Unmittelbarkeit der Handycam genügen, um den Zuschauer ganz in den Bann der Emotionen zu ziehen.
Überhaupt ist dem Film Kawases Herkunft aus der Fotografie anzusehen. Gerade in den Auftaktsequenzen finden sich viele lange Einstellungen von Landschaften, die wunderbar ausgewogen und harmonisch komponiert sind und dennoch mit Spannung geladen. Bemerkenswert auch die erste Rolle von Shigeki Uda, ein Amateur, den Kawase erst am Drehort kennengelernt hatte.
The Mourning Forest ist ein in sich ruhender, aus dem Verhältnis seiner beiden Hauptcharaktere große Kraft beziehender Film, man könnte fast sagen ein sehr japanischer Film. Dass dabei auch der Umgang mit alten Menschen stark thematisiert wird, verleiht ihm jedoch für alle Industriegesellschaften große Brisanz, was die Jury von Cannes wohl nicht unbeeindruckt gelassen hat.
Wieder einmal hat Mark Schilling interessantes aus der japanischen Filmindustrie zu berichten: Shochiku, neben Toho eine der traditionsreichsten und erfolgreichsten Produktions- und Verleihfirmen, plant in Kooperation mit der ebenfalls in Kyoto ansässigen Ritsumeikan Universität ein Ausbildungszentrum für Studenten. So soll diesen der Einstieg in die Industrie erleichtert werden und gleichzeitig Shochiku ein Reservoir an Nachwuchskräften zur Verfügung stehen. Erstes größeres Projekt ist ein Film von Erfolgsregisseur Yoji Yamada, der zusammen mit Studenten gedreht wird.
Da Shochiku gleichzeitig auch den Ausbau seiner Kinokette plant, frage ich mich, ob sich hier vielleicht eine verstärkte Rückkehr zum Studiosystem der klassischen, „goldenen“ Ära des japanischen Kinos andeutet. Dieses ruhte (neben der integrierten Verwertungskette der Filme von der Produktion über den Verleih in der Hand eines Studios) insbesondere auch auf einem fest etablierten Ausbildungssystem für Filmschaffende.
Sehr schön beschrieb dieses System Akira Kurosawa in seiner Autobiographie: Als Regieassistent war er einem etablierten Regisseur (Kajiro Yamamoto) innerhalb des Studios zugewiesen, der ihn nach und nach in alle Bereiche des Filmemachens vom Verfassen eines Drehbuchs bis zum Schnitt und der Vertonung einwies. Gleichzeitig musste man sich über die Jahre nach oben arbeiten. Dieses System, das auch feste vertragliche Bindungen von Schauspieler Produktionsteam beinhaltete, geriet in den später 1950er und besonders den 60er Jahren mit dem Erfolg des Fernsehens in die Krise.
Seitdem werden die meisten größeren Filmprojekte in sogenannten „Komitees“ organisiert, in denen sich unabhängige Künstler und Experten sowie mehrere kleinere und größere Produktionsfirmen zusammenschließen. Die jetzt bekannt gegebene Nachwuchsförderungsstrategie klingt für mich eher nach einer Abkehr von diesen Komitees. Vor dem Hintergrund des verstärkten staatlichen Engagements in der Filmbranche und der gezielten Förderung von Universitäten könnte aber auch einfach die Hoffnung, hier Fördermittel abgreifen zu können, eine Rolle spielen.
via VarietyAsia
Original: Ugetsu monogatari (1953), von Kenji Mizoguchi
Dem Film liegen zwei Erzählungen aus Akinari Uedas „Erzählungen von Mondlicht und Regen“ aus dem späten 18. Jahrhundert zugrunde, die aber sehr viel früher, im 15. bzw. 12. Jahrhundert, spielen. Diese haben Mizoguchi und sein angestammter Drehbuchautor Yoshikata Yoda exzellent miteinander verflochten und zusätzlich um weitere Handlungsstränge ergänzt, so dass ein in sich geschlossenes, die Vorlagen aufgreifendes aber über diese weit hinausgehendes Werk entstanden ist, von dem Mark LeFanu schreibt: „The script is a triumph of bricolage: mixed, mingling, audacious.“
Im vom Krieg zerrissenen Japan wittern die beiden Bauern Genjuro (Masayuki Mori) und Tobei (Eitaro Ozawa) im Handel mit Töpferwaren das große Geschäft und gehen dazu auf der Flucht vor den anrückenden Truppen große Risiken ein. Tobei will mit dem verdienten Geld Waffen kaufen, um endlich die Landarbeit hinter sich zu lassen und Samurai zu werden, doch seine Frau Omaha (Mitsuko Mito) will ihm dies ausreden. Genjuro möchte seiner geliebten Frau Miyagi (Kinuyo Tanaka) und seinem Sohn Genichi ein besseres Leben ermöglichen. Auf der Flucht vor den anrückenden Truppen machen sich Genjuro, Tobei und Omaha auf in die Stadt, um die letzten Waren zu verkaufen, während Miyagi sich mit Genichi in den Bergen versteckt.
Die Geschäfte mit den Töpferwaren gehen sehr gut, sogar die schöne und mysteriöse Dame Wakasa (Machiko Kyo) wird auf Genjuro aufmerksam und bittet ihn zu einem Besuch auf ihr Anwesen, wo sie den arglosen, vom Reichtum geblendeten Genjuro umschmeichelt und verführt, während seine Frau Miyagi in der Heimat von Soldaten getötet wird. Tobei hat inzwischen Waffen gekauft und sich die Gunst eines Fürsten erworben, darüber aber Omaha vergessen, die vergewaltigt wurde und nun als Prostituierte ihr Dasein fristet. Unterdessen begegnet Genjuro einem Priester, der sofort den bösen Einfluss eines Geistes an ihm feststellt: Wakasa ist in Wirklichkeit schon lange tot, kehrte aber auf der Suche nach Liebe unter die Menschen zurück.
Obwohl die Geschichte überwiegend aus der Sicht der beiden Männer, insbesondere Genjuros, erzählt wird, sind die eigentlichen Hauptfiguren aus meiner Sicht die drei Frauen. Auf meisterliche Art gelingt es Mizoguchi, anhand ihrer Erlebnisse typische Dilemmata von Frauen in der Gesellschaft und ihre auf tragische Weise unerfüllte Sehnsucht nach Liebe darzustellen. Da ist zum einen Wakasa, die schöne, reiche Frau von Welt, die scheinbar alles hat und doch so verzweifelt auf der Suche nach einer dauerhaften Liebe ist. Zum anderen Omaha, deren Mann sie über der Erfüllung seiner eigenen Träume vergisst, die erniedrigt wird und Unvorstellbares erleiden muss. Und letztlich Miyagi, die sich vom Leben nichts wünscht, als mit ihrer Familie ein einfaches Leben zu führen, dafür sich selbst aufopfert und erst durch dieses Opfer ihren vom Ehrgeiz getriebenen Mann zur Vernunft bringt.
Mizoguchi kontrastiert diese Leidensgeschichten mit Bildern von traumhafter Schönheit: endlose Kamerafahrten, außergewöhnlich ausgewogene Bildkomposition, fließende Üœberblendungen und atemberaubende Landschaften, fotografiert von Kazuo Miyagawa, unbestritten einer der hervorragendsten Kameramänner aller Zeiten. Besonders bemerkenswert sind die Begegnungen von Wakasa und Genjuro, die, obwohl sie nur eine Episode innerhalb des Films darstellen, diesen doch außerordentlich prägen.
Fast unmerklich führt Mizoguchi uns hier aus den Kriegswirren in eine Traumwelt voll überirdischer Schönheit, Tanz, Gesang, Exotik und nicht zuletzt der bildschönen Verführerin Wakasa. Wie diese – verkörpert von der überwältigenden Machiko Kyo – Genjuro mit einem einzigen Tanz verzaubert und ganz in ihren Bann zieht, daran kann sich auch der Zuschauer berauschen. Musik, Bewegung, Beleuchtung, die Kamera gehen in diesen und vielen anderen Szenen eine außergewöhnliche Symbiose ein.
Nicht umsonst tummeln sich in Ugetsu Stars vor und hinter der Kamera. Mit Kyo, Mori und Kinuyo Tanaka verfügte Mizoguchi über drei der herausragendsten japanischen Schauspieler ihrer Zeit. Das Drehbuch von Yoda, die Musik von Fumio Hayasaka, und hinter der Kamera der erwähnte Kazuo Miyagawa, der drei Jahre zuvor bereits mit seiner bahnbrechenden Kameraführung in Rashomon für Furore gesorgt hatte. So ist Ugetsu wie kaum ein anderer Film mit Szenen gespickt, deren schiere Brillanz einem den Atem stocken lassen. Der Zuschauer wird ständig hin und her gerissen zwischen der Bewunderung für die von Mizoguchi inszenierte wahrhaftig traumhafte Schönheit der Welt und dem Mitleid für die Frauen und ihrem tragischen Schicksal, das sie in ebendieser Welt ereilt.
Doch diese Welt ist auch geprägt vom Wahnsinn des Krieges, der in Ugetsu allgegenwärtig ist. Anstatt jedoch Schlachten zu inszenieren, werden dem Zuschauer immer wieder die Leiden der einfachen Menschen vor Augen geführt: Dorfbewohner, die in Panik in die Berge flüchten, dabei Hab und Gut verlieren. Arglose Bauern wie Genjuro und Tobei, die plötzlich Gier und Größenwahn verfallen. Frauen wie Ohama, die Opfer willkürlicher Vergewaltigungen werden. Und Miyagi, die in einer vor allem wegen ihrer schieren Absurdität erschreckenden Szene von betrunkenen Soldaten wegen ein paar Reiskuchen erstochen wird, ihren kleinen Sohn auf dem Rücken tragend.
So ist dieser Film nicht nur ein außergewöhnlich meisterhaft inszeniertes Werk, sondern acht Jahre nach Kriegsende auch eine unübersehbare Mahnung. Für diese filmische Meisterleistung wurde Ugetsu monogatari in Venedig mit dem „Silbernen Löwen“ ausgezeichnet und wird bis heute regelmäßig von Kritikern als einer der besten Filme in der Geschichte des Kinos benannt.
[Hinweis: Dies ist die stark erweiterte und ergänzte Version eines ursprünglich am 23. September 2006 veröffentlichen Artikels.]
Und zwar von mir persönlich! Also wer aus Berlin ist und mich kennenlernen möchte, oder wem ich herzlich egal bin und sich einfach nur für Akira Kurosawa interessiert: Diesen Freitag, dem 05. Oktober 2007, um 17.30 Uhr ins Japanisch-Deutsche Zentrum kommen, ganz in der Nähe der FU. Die genaue Adresse lautet Saargemünder Straße 2, und die Deutsch-Japanische Gesellschaft, die das ganze veranstaltet, bittet um Anmeldung bis Donnerstag. Aber ich würde einfach mal sagen, wer will kommt rein. 🙂
Und wer wissen möchte, ob sich das lohnt, dem empfehle ich meinen auf eben diesem Vortrag basierenden Essay, der als pdf-Download zur Verfügung steht.
30 Sep
Original: Ai no yokan (2007), von Masahiro Kobayashi
Filmfestivals sind schon was tolles. Nicht nur, dass man Filme auf der großen Leinwand zu sehen bekommt, die es sonst nie in ein deutsches Kino schaffen würden. Die Atmosphäre, das Drumherum ist ein wesentlicher Bestandteil. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn etwas mal nicht so funktioniert wie es soll. Wenn die Zuschauer 15 Minuten nach dem geplanten Vorstellungsbeginn immer noch vor dem Kinosaal stehen, und anwesende Journalisten sich mal so richtig über das Ticket-Chaos auskotzen. Und wenn schließlich alle in ihren Sesseln sitzen und sich ein bisschen beruhigt haben, und dann dieser kleine, ältere Herr aus Japan namens Kobayashi, ein St.Pauli-Cap auf dem Kopf, die Zuschauer bittet, ihren Sitznachbarn während des Films bitte nur dann aufzuwecken, wenn dieser schnarchen sollte. Unbezahlbar!
The Rebirth lädt in der Tat zum Einschlafen ein, ist aber nichtsdestotrotz großartig. Dieser Widerspruch hängt mit dem Konzept von des Films zusammen: Kobayashi schildert anhand ständiger Wiederholung alltäglicher Situationen die angespannte Beziehung zwischen zwei Menschen; einem Vater (von Regisseur und Drehbuchautor Kobayashi selbst gespielt), dessen Tochter von einer Mitschülerin getötet wurde, und der Mutter (Makiko Watanabe) der Täterin.
Beide verlassen nach der Tat Tokyo, um in der Abgeschiedenheit Hokkaidos ihre Wunden heilen zu lassen. Er will den Verlust durch harte körperliche Arbeit verwinden und hat in einem Stahlwerk angeheuert. Sie ist Köchin in einem Arbeiterwohnheim, jenem Wohnheim, in dem er untergekommen ist. Nun sehen wir immer und immer wieder, wie er mit seinen Kollegen zu Schichtbeginn seine Handschuhe aus dem Halter nimmt, wie sie Kartoffeln schält, wie er sein Essenstablett abholt und sie die Essensreste wegräumt. Dabei fällt für anderthalb Stunden kein einziges Wort!
Dass einem da die Augenlider schwer werden können, ist also nicht verwunderlich. Aber schnell erkennt man in den Wiederholungen Muster. Besonders die Mahlzeiten des Mannes und der Gang der Frau zum benachbarten Supermarkt werden zu besonders zelebrierten Ritualen: Die Bewegungen, die Abfolge, die Geräusche, sogar die Fahrten der Kamera sind immer dieselben. Doch dann konfrontiert er sie ein erstes Mal, obwohl er zu Beginn des Films in einer kurzen Interviewszene noch gesagt hatte, er könne niemals der Mutter der Täterin gegenübertreten. Und von nun an beginnt ein Prozess schleichender Veränderungen: Sie schlurft irgendwann nicht mehr auf dem Nachhauseweg, sondern geht aufrecht. Er isst nicht mehr nur Reis mit Ei, sondern auch ein Spiegelei und Salat.
Man muss Kobayashi wirklich bewundern. Für den Mut, einen solchen bis ins Extrem minimalistischen, reduktionistischen Film zu drehen, aber auch für das Gespür, mit dem er die Situationen aufzeichnet, aneinanderreiht, strukturiert und damit letztlich aus dem Nichts heraus Erwartungen und Spannung erzeugt. Wie er aufzeigt, dass die beiden für den Rest ihres Lebens aneinander gekettet sind, ob sie dies wollen oder nicht. Und dass es die Akzeptanz dieser Situation ist, nicht die in der – mit reichlich Jump-Cuts durchbrochenen – Interviewszene am Anfang gezeigte Ablehnung, die den einzigen Ausweg darstellt.
Der japanische Titel des Films bedeutet (wenn ich mich nicht irre) etwa „Vorahnung der Liebe“, hat also mit „Wiedergeburt“ recht wenig zu tun. Doch finde ich in diesem Fall den internationalen Titel recht gut gewählt, stimmt er doch eher auf den schwer verdaulichen Film ein als eine direkte Übersetzung, die womöglich eine Schnulze erwarten ließe. Denn davon ist The Rebirth, dieser hochgradig ungewöhnliche und sehenswerte Film, soweit entfernt wie NGC 3982 von der Erde!
~~~ Nachtrag ~~~
Zwei Jahre hat es gedauert, jetzt erscheint der Film in den USA auf DVD.
26 Sep
Ein ganz exzellenter Film-Blog ist Edward Copeland on Film, allein wegen der Blogroll sollte man hier mal vorbeischauen! Die Liste der von Edward rezensierten Filme ist nicht nur zweiteilig sondern auch überaus beeindruckend und umfasst vor allem Filme der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit, aber auch zahlreiche ältere Klassiker. Anlass für die Aufnahme in die Blogschau ist jetzt eine kürzlich von ihm und seinen Lesern zusammengestellte Liste der 100 besten nicht-englischen Filme aller Zeiten, die nur so gespickt ist mit Celluloid-Kronjuwelen. Klarer Sieger nach Punkten ist übrigens Akira Kurosawa, von dessen nominierten Filmen es lediglich einer nicht in die Liste schaffte. Daneben finden sich noch die üblichen Verdächtigen japanischen Filme von Mizoguchi und Ozu sowie Die Frau in den Dünen.
Und dann hätte ich da noch das von Stefan aufgetriebene Video von der Nippon Connection. Hoffentlich schaffe ich es nächstes Jahr auch dorthin!
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