25 Mrz
Original: Kaze no tani no Naushika, (1984) von Hayao Miyazaki
In einer post-apokalyptischen Welt sind die überlebenden Menschen von einem Wald giftiger Pflanzen bedroht, der von gigantischen Insekten, den Ohmu, beschützt wird. Die Prinzessin Nausicaä entdeckt das Geheimnis des Waldes: Er reinigt den verseuchten Boden und versorgt die Menschen mit sauberem Wasser. Sie will eine friedliche Koexistenz von Menschen und Insekten erreichen, stößt damit aber auf Unverständnis und gerät mit ihrem Volk sogar zwischen die Fronten zweier sich bekriegender Königreiche, die mittels eines wiederbelebten Kriegstitans den Wald und die Insekten zerstören wollen, die daraufhin einen Großangriff auf die Menschen starten.
Um die Menschheit vor der sicheren Vernichtung zu retten, opfert Nausicaä ihr eigenes Leben. Doch die Ohmu, die wie der Wald selbst über heilende Kräfte verfügen, erkennen den Großmut und die Selbstlosigkeit dieser Tat an, geben ihr das Leben zurück und verschonen die Menschen. Eine neue Zeit des harmonischen Zusammenlebens bricht an.
Hayao Miyazaki selbst gab Nausicaä nur 65 von 100 Punkten, weil er durch den religiös interpretierbaren Schluss des Films, Nausicaäs Auferstehungsszene, die Überzeugungskraft geschmälert sah. Ein Stück weit mag er damit Recht haben, aber alles in allem ist Nausicaä ein grandioser Film! Mit ihm wurde nicht nur der Grundstein für das Studio Ghibli gelegt, sondern auch für viele spätere Filme Miyazakis.
Das zentrale Thema seiner Filme, das Verhältnis von Mensch und Natur, begegnet uns hier zum ersten Mal, ebenso wie die Erlöser-ähnliche, vermittelnde Heldenfigur der Nausicaä. Auch der visuelle Stil mit seinen opulenten Landschaftsbildern und seiner Liebe zum Detail (wenn auch wegen fehlender Mittel noch bei weitem nicht so ausgeprägt wie in späteren Werken) ist unverkennbar. Und natürlich die sich durch das ganze Werk Miyazakis ziehenden Bezüge zum Fliegen.
Die Figur der Nausicaä ist an eine Prinzessin aus der alten japanischen Sage „Tsutsumi Chunagon Monogatari“ angelehnt, die sehr naturverbunden und tierlieb ist und darüber hinaus allem aufgeschlossen und vorurteilsfrei gegenübertritt. Nausicaäs daraus resultierende Mittlerrolle findet sich später bei Ashitaka in Prinzessin Mononoke wieder. Während Ashitaka aber erst durch die Auseinandersetzung mit dem ihm auferlegten Fluch diese Rolle übernimmt, wurde Nausicaä ihr Schicksal gewissermaßen in die Wiege gelegt: Bereits als kleines Kind hatte sie versucht, eine Ohmu-Larve zu retten.
Die kurzen Flashbacks, in denen diese Naturverbundenheit und Nausicaäs besondere Veranlagung, ihre Auserwähltheit, angedeutet werden, gehören für mich zu den absolut unvergesslichen Szenen der Filmgeschichte! Die von Joe Hisaishis (Miyazakis Hauskomponist) rätselhafter und zugleich ergreifender Musik unterlegte, surreale Szene ist ganz in Gold- und Brauntöne gehalten.
Man sieht Nausicaä in einem goldenen Feld, wie sie von ihrem Vater gerufen wird. Der zuerst vertrauenerweckende Ruf des Vaters und seine scheinbar helfend ausgestreckte Hand werden jedoch gleich darauf befehlend, ja fordernd.
Aus der einen Hand des Vaters werden plötzlich viele, das Gefühl der Bedrohung und Verletzlichkeit wird überwältigend, vor allem weil der Zuschauer nicht weiß, dass die Hände nicht nach Nausicaä ausgestreckt sind, sondern nach der jungen Ohmu, das sie vor den Menschen und ihrem eigenen Vater beschützt und versteckt hält.
Nicht nur diese Szenen, der ganze Film bezieht einen großen Teil seiner Faszination aus der kongenialen Musik Hisaishis, der bis heute die Musik zu allen weiteren Filmen Miyazakis (und auch zu einigen von Takeshi Kitano, etwa Hana-Bi) beitrug.
Um die Geschichte von Nausicaä überhaupt als Film realisieren zu können, zeichnete Miyazaki sie zuerst als mehrbändigen Manga, dessen Erfolg es ihm dann ermöglichte, die Produzenten von der Finanzierung dieses ungewöhnlichen Animes überzeugen zu können. Das Ergebnis ist wahrhaft ein Meilenstein, diesen Film muss man gesehen haben!
6 Kommentare for "Nausicaä aus dem Tal der Winde"
Ich hätte es nicht besser formulieren und beschreiben können. Der Film ist wirklich genial, und ich hatte dasselbe Gefühl bei der Szene – die surrealistische Darstellung des Volks und der Prinzessin.
Du hast auch wirklich gute und passense Illustrationen gewählt – sie unterstützen den Text.
Danke! War mir ein Vergnügen 🙂
Ich habe die Szene zum einen wegen ihres besonderen Charakters ausgewählt, zum anderen aber natürlich weil sie der zentrale Angelpunkt für die Figur der Nausicaä und das Verständnis ihrer Motive ist. Wenn es um die Kraft der Bilder geht, könnte ich noch viele viele weitere Beispiele anführen. Ganz großartig ist z.B. die Szene des reaaktivierten Kampfgiganten, der langsam zerfällt (das kommt aber nur als Video richtig rüber, Screenshots können das nicht transportieren). Und natürlich die Titelsequenz! Wie Miyazaki da den Aufstieg und Fall einer ganzen im ablaufen lässt, während die Namen der Mitwirkenden durchlaufen, dafür gibts nur ein Wort: Genial!
Ich kann nur zustimmen: alles wichtige wurde schon gesagt. Die Szene mit dem zerfallendem Gotteskrieger finde ich gut, aber nicht großartig. Wahrscheinlich habe ich einfach irgendein Detail verpasst. Ich werde sowieso Nausicaä bald wieder anschauen.
[…] erste “offizielle” Film des 1985 gegründeten, inzwischen weltberühmten Studio Ghibli. Nausicaä aus dem Tal der Winde wurde 1984 noch unter dem Dach von Tokuma Shoten produziert, allerdings vom selben Team das dann […]
Als ich dieses Anime das erste mal sah bin ich innerhalb der ersten Stunde immer wieder mal weggeschlafen und aufgewacht. Das lag einerseits an der Müdigkeit, andererseits an „nicht ganz aktuellen Zeichenstil“ und andererseits an der Handlung anfangs die etwas langsam ins Rollen kam… als ich den Film gestern erneut schaute, hab ich festgestellt das es nötig war sich zum Filmbeginn die Zeit zu nehmen um die Charaktere und deren Hintergründe zu verstehen und nachvollziehen zu können. Auf Platz 1 einer Bestenliste würd ich den Film nicht platzieren, aber ich bin froh dem noch eine Chance gegeben und geschaut zu haben. Besonders den kurzen Auftritt vom Kampftitan fand ich ich klasse und allgemein das letzte Drittel des Films.
> 8/10
3christopher
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