15 Jan
This is a book for which there is a need. Not only does it list almost all important Japanese film directors and their works, it is also the first recent volume to give a description of the director’s work, to indicate the nature of his or her accomplishments.
So beginnt das von Donald Richie verfasste Vorwort zu Alexander Jacobys A Critical Handbook of Japanese Film Directors – From the Silent Era to the Present Day und fasst das Werk damit auch gleich exzellent zusammen. Nach einer 20seitigen Einleitung, in der in groben Zügen die japanische Kinogeschichte zusammengefasst, wichtige Besonderheiten, Charakteristika und Zäsuren angedeutet werden, geht es los mit Yutaka Abe und am Ende steht Takahisa Zeze. Abgerundet wird das Ganze mit einem Glossar, kurzen Infos zu den wichtigsten Filmstudios und einer Liste mit Quellen und weiterführender Literatur.
Dazwischen finden sich ca. 150 Filmemacher verschiedenster Genres, Bekanntheitsgrade (wobei natürlich eine erhebliche Selektion gegeben ist) und Perioden. Vom eher unbekannten Hotei Nomura, der zwischen 1921 und 1934 eine Vielzahl von Gendaigeki schuf (in einem davon gab die 5-jährige Hideko Takamine ihr Debut) bis zu Akira Kurosawa. Auch zeitgenössische Regisseure sind gut vertreten und auch aktuellste Werke werden aufgegriffen, wovon beispielsweise ein Kommentar zu Takashi Miikes Sukiyaki Western Django zeugt.
Das Buch hat etwa 350 Seiten, für jeden der 150 Regisseure bleibt somit im Schnitt etwa eine Seite Text sowie die komplette Filmographie. Die Texte sind – wie der Buchtitel schon sagt – keineswegs wie wertneutrale Lexikoneinträge verfasst, sondern aus der Sicht eines Filmkritikers, was meiner Meinung nach angesichts der Kürze der Texte in manchen Fällen nicht wirklich Sinn macht. Einen Film wie etwa The Bird People in China in zwei Sätzen für sentimal-unüberzeugende Darstellung des idyllischen dörflichen Lebens in China abzukanzeln, tut dem Film einfach Unrecht, und muss es angesichts des geringen Textumfangs auch.
Aber darüber kann man hinwegsehen. Was mir dagegen ziemlich übel aufstieß war das komplette Fehlen von Regisseuren aus der Anime-Welt. Kein Osamu Tezuka, kein Hayao Miyazaki, Isao Takahata oder Satoshi Kon. Es kommen zwar gerade bei den zeitgenössischen Filmemachern immer wieder Hinweise, wie sehr diese durch Manga und/oder Anime beeinflusst wären, daraus wurde dann aber leider nicht die Konsequenz gezogen, diese Filmemacher ebenfalls aufzunehmen. Trotz dieses gewichtigen Mankos kann ich dieses ansonsten hochinformative und interessante Buch angesichts eines Preises von unter 20 Euro dennoch bedenkenlos empfehlen.
4 Kommentare for "A Critical Handbook of Japanese Film Directors"
Moin!
Ich lese das Buch auch gerade und schließe mich der insgesamt positiven Bewertung voll an. Deshalb nur zwei Bemerkungen:
1. Zur Länge des Buchs:
Da kursieren in verschiedenen Onlineshops unterschiedliche Seitenzahlen, deshalb hier eine Präzisierung. Das Lexikon, also der Hauptteil, hat ca. 370 Seiten, der „Vorspann“ (Vorwort, Einleitung, Bemerkung zur Ãœbersetzung und Danksagung) zusammen ca. 30 Seiten, und der Anhang, der außer den genannten Bestandteilen noch ein Namensregister enthält, nochmal ca. 30 Seiten. Alles zusammen also ca. 430 Seiten.
2. Zu Anime:
Anime-Fans mögen das Fehlen bedauern, Jacoby begründet das aber. Er will das Weglassen nicht als Werturteil verstanden wissen, sondern betrachtet Anime und Realfilme als zu unterschiedliche Gebiete, und er will sich eben nur mit dem einen Gebiet befassen.. Er zieht dabei einen Vergleich zum Unterschied zwischen Fotografie und Malerei. Natürlich muss man diese Meinung nicht teilen, aber es ist jedenfalls eine klare Position. Eine Warnung im Klappentext, um Anime-Fans vom unbedachten Kauf abzuhalten, wäre aber keine schlechte Idee gewesen.
Ich kann Jacobys Begründung, Anime außen vor zu lassen, ein Stück weit nachvollziehen, schließlich sind die Anforderungen bei der Produktion etc. wirklich sehr verschieden. Aber wenn man sich die Filme nicht von der Produzenten- sondern der Konsumentenseite ansieht, gibt es keinen Unterschied. Wir sehen Anime in denselben Kinos wie Realfilme, kaufen die DVDs in denselben Läden. Ich habe einfach sehr oft den Eindruck, dass – auch wenn Jacoby ausdrücklich schreibt, dass er seine Entscheidung nicht als Werturteil verstanden haben will – Anime nach wie vor von Kritikern und Filmtheoretikern nicht ernst genommen werden, und das in völliger Verkennung ihrer Bedeutung für die japanische Filmindustrie und den modernen Film ganz allgemein. Und das ärgert mich.
Neben dem Fehlen der Anime-Regisseure ist auch ein Fehlen vieler Genre-Regisseure zu beklagen. Von den fünf großen Daiei-Chambara Regisseuren Kenji Misumi, Kazuo Mori, Kazuo Ikehiro, Tokuzo Tanaka und Kimiyoshi Yasuda werden nur Misumi und Mori behandelt und bei Toei-Vertragsregisseuren im Ninkyo-Filmgenre werden nur Masahiro Makino und Kosaku Yamashita erwähnt (wo sind Kioyshi Saeki, Takashi Harada oder Tai Kato?). Ich würde dieses Buch vorallem Neueinsteigern empfehlen, welche eine kritische Distanz gegenüber den oft etwas arroganten und abgehobenen Anmerkungen Jacobys wahren können. Experten werden sich aber über das völlig Ignorieren besagter Genreregisseure ärgern, besonders jene, die nicht nur Yasujiro Ozu, Mikio Naruse oder Hiroshi Shimizu als „cineastisch wertvoll“ erachten.
2needing
Hier kommt deine Meinung rein: