31 Jan
Originaltitel: Kakushi-toride no san akunin (1958), von Akira Kurosawa
Japan zur Zeit der Bürgerkriege: Die beiden Bauern Matakishi (Kamatari Fujiwara) und Tahei (Minoru Chiaki) haben sich in der Hoffnung auf schnellen Reichtum den Truppen angeschlossen, fanden sich aber auf der Verliererseite wieder. Doch als sie dem Gefangenenlager entkommen, entdecken sie Reste des Goldschatzes des besiegten Akizuki-Klans. Mit Hilfe dieses Schatzes wollen General Rokurota Makabe (Toshiro Mifune) und die überlebende Prinzessin Yuki (Misa Uehara) die Regentschaft ihres Klans wiederherstellen. Rokurota macht sich die beiden Bauern durch Zwang und die Förderung ihrer Gier als Lastträger zunutze, denn es gilt, erst das Feindesland unentdeckt zu durchqueren.
Doch die beiden Tolpatsche versuchen ständig, dem charismatischen General ein Schnippchen zu schlagen und bringen dadurch wiederholt die gesamte Gruppe in Gefahr, entdeckt zu werden. Nur durch Rokurotas Ideenreichtum, Wagemut und Kampfkraft, verbunden mit einer gehörigen Portion Glück, gelingt es der Gruppe, in diversen scheinbar ausweglosen Situationen doch noch ein Hintertürchen zu finden. Doch als sie kurz vor der Grenze zu einem befreundeten Fürstentum in Gefangenschaft geraten, scheint es keinen Ausweg mehr zu geben.
Kurosawa erzählt die Geschichte vom entgegengesetzten Ende der sozialen Pyramide, womit er auch die Konventionen des Chanbara-Genres auf den Kopf stellt. Anstatt die Zuschauer in die Perspektive der Prinzessin oder eines aufrechtes Samurais zu versetzen, verfolgen wir die Geschehnisse aus der Perspektive der beiden Bauern, die sich ähnlich wie Laurel und Hardy permanent zanken und kabbeln, aber eigentlich dicke Freunde sind. Ständig jammernd, feige und auf ihren eigenen Vorteil bedacht stellen diese beiden so ziemlich das genaue Gegenteil des traditionellen Helden dar. Damit knüpft Kurosawa an seine in Die Sieben Samurai begonnene Dekonstruktion des Samurai-Genres an und führt diese noch einen Schritt weiter.
Außerdem fügt er mit diesem Kniff der traditionellen Abenteuer- und Actiongeschichte auch Elemente einer Buddy-Komödie hinzu. Eine sehr moderne Mischung, die in den letzten Jahrzehnten in allen erdenklichen Kombinationen ausprobiert wurde und die hier sehr gut funktioniert, nicht zuletzt durch den Kontrast mit Mifunes General. Der liefert sich ein psychologisches Dauerduell mit den beiden, die er mit allerlei Kniffen kontrollieren muss, über die er gleichzeitig aber auch schmunzelt.
Für Mifune ist der aufrechte, unbezwingbare Samurai-General eine Paraderolle. Wie eine Naturgewalt fegt er alles hinweg, was sich seinem Ziel, der Wiedereinsetzung der Prinzessin, entgegenstellt. Zugleich bringt er aber auch persönliche Opfer und liefert seine eigene Schwester als Doppelgängerin an die Gegner aus. Aber dieses Ziel hat er sich nicht selbst gesetzt, es wurde ihm durch seine sozialen Verpflichtungen, seine Loyalität gegenüber dem Haus Akizuki, auferlegt. Insofern unterscheidet sich Roturoka von anderen Helden Kurosawas, da er sich den sozialen Strukturen unterordnet.
Doch der Film erzählt auch die Geschichte einer willensstarken, aber verwöhnten und verzogenen jungen Prinzessin, die ihren General Rokurota auch mal vor ihren Beratern zusammenstaucht. Auf der gefahrvollen, heimlichen Reise durch das Feindesland macht sie ihre ersten Erfahrungen außerhalb des Hofes und lernt viel über die Menschen, das Leben und dessen Wert. Dieser unübersehbare charakterliche Reifeprozess ist es letztlich, der sie vor dem sicheren Tod rettet und es ihr erst ermöglicht, die Mission zu Ende zu führen und ihrem Haus wieder zu Ansehen zu verhelfen.
Für Die verborgene Festung nutzte Kurosawa zum ersten Mal das Breitbild-Format und es zeigt sich, dass seine Ästhetik der langen Tele-Aufnahmen, der Einbeziehung grandioser Landschaften und seine Bildkomposition davon sehr profitierten. Schön zu sehen ist dies beispielsweise in den monumentalen Kampfszenen (die mit ihren Massenszenen auf der Treppe einer zerstörten Burg wie eine Hommage an Sergej Eisenstein wirken), bei Arrangements der Charaktere auf verschiedenen Bildebenen oder der Eröffnungssequenz mit den beiden sich in der Wüste zankenden Bauern.
Die Mischung aus Abenteuer, Action und den beiden tolpatschigen Streithähnen kam beim Publikum sehr gut an und wurde der kommerziell erfolgreichste Film Kurosawas. Aber Die verborgene Festung war auch darüber hinaus eines seiner einflussreichsten Werke: Die Geschichte war später maßgebliche Inspiration für Krieg der Sterne, Matakishi und Tahei wurden zu Vorbildern für R2D2 und C3PO und mehrere Szenen finden sich in George Lucas‘ Blockbuster wieder.
Kurosawas Erwartung an sich selbst war es immer, mit einer unterhaltsamen aber zugleich tiefgründigen Geschichte Zuschauer mit den unterschiedlichsten Ansprüchen gleichermaßen in seinen Bann zu ziehen. Meiner Meinung nach ist ihm dies hier so gut gelungen wie in kaum einem anderen seiner Filme.
(Dies ist die überarbeitete und ergänzte Version eines Beitrags, den ich ursprünglich am 30. Oktober 2006 veröffentlicht habe.)
3 Kommentare for "Die verborgene Festung"
danke für den eintrag!
ja, das mit dem probieren … so lange kein auge oder schwanz mehr dran hängt, dann versuch ich das schon.
ok. ich halte mich von den oberlippen-bärtchen-tragenden dingen fern, danke 😉
eigentllich mag ich gar keine gewürzgurken … und auch kein rotkraut. aber die standen da soo nett im regal 😉
wann warst du in japan?
oder bist du noch hier?
gruss
Hallo und willkommen ataje!
Hey, als Deutscher in Japan musst du doch unsere nationale Ehre hochhalten und deutsche Gurken und Rotkraut essen, das ist ja wohl das mindeste! 😉
Zu deiner Frage: Ich selbst hab nie in Japan gelebt, habe aber mehrfach Freunde besucht und so mehrere Monate in Japan verbracht. Ist jetzt so 2-3 Jahre her. Muss mich damals mit dem Japan-Virus der Variante „große Filmkunstwerke“ infiziert haben, und das Ergebnis siehst du ja jetzt. Gibts denn japanische Filme, die du besonders empfehlen kannst, oder die dich interessieren würden? Vielleicht kann ich ja was empfehlen…
1treadmill
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