17 Mai
Original: Baruto no gakuen (2006) von Masanobu Deme
Nach der Eroberung des deutschen Protektorats Qingdao durch die Japaner im Ersten Weltkrieg werden tausende Deutsche in Kriegsgefangenenlager nach Japan gebracht. Im Lager Bando sorgt der Kommandant Matsue (Ken Matsudaira) für eine außergewöhnlich lockere, fast freundschaftliche Stimmung zwischen den Deutschen und der japanischen Bevölkerung. Für Matsue ist der respektvolle Umgang mit den Gefangenen eine Herzensangelegenheit, da er in seiner Kindheit selbst erfahren musste, was es heisst, besiegt zu werden.
Als der Krieg mit der deutschen Niederlage endet und die Gefangenen vor der Heimkehr stehen, studieren sie auf Bitte ihres Generals Heinrich (Bruno Ganz) Beethovens Neunte Sinfonie ein. Zu Ehren Matsues und als Dankeschön an die Bevölkerung wird sie zum ersten Mal überhaupt auf japanischem Boden aufgeführt.
Dieser kurze Abriss mag einen wirklich interessanten Film über Völkerverständigung, die grenzenlose Magie der Musik, kulturelle Konflikte zwischen den deutschen Gefangenen und ihren japanischen Bewachern bzw. der Bevölkerung oder ein an Die Brücke am Kwai erinnerndes Duell der beiden großartigen Schauspieler Ganz und Matsudaira versprechen. Leider wurde aus dem großen Potenzial dieser wirklich wunderbaren Geschichte ziemlich wenig gemacht.
Der Film verliert sich in einer Vielzahl von Handlungssträngen um einzelne, seltsam hölzern wirkende Personen, deren Zusammenhänge im Unklaren bleiben und die oft mit Kitsch überladen sind. Für das Ende des Films mit der Aufführung der Sinfonie wichtige motivierende Zusammenhänge sind nur schwer nachvollziehbar. So wird etwa der General Heinrich in mehreren Szenen als überaus wichtig für die Moral seiner Truppe dargestellt. Tatsächlich ist er außer beim abschließenden Konzert aber nie mit seinen Soldaten zu sehen, so dass man sich fragt, worauf dieses innige Verhältnis basieren soll.
In Japan lief Ode an die Freude wohl ziemlich erfolgreich (deutscher Kinostart ist der 12. Juli), was ich einfach mal auf die Starbesetzung mit Matsudaira, Reiko Takashima und Ganz zurückführe. Davon ist Matsudaira der einzige, der seinem Charakter Tiefe und eine nachvollziehbare Motivation verleihen kann. Zudem ist etwa die Hälfte seiner Texte auf Deutsch, und er zieht sich dabei sehr achtbar aus der Affäre. Meine Hochachtung! Obwohl der Film also alle Voraussetzungen (tolle Geschichte, gute Schauspieler, wunderbare Ausstattung und Sets) mitbringt, will der Funke einfach nicht überspringen. Schade.
8 Kommentare for "Ode an die Freude"
Hi,
hört sich ein wenig nach einer Mixtur aus „Die große Illusion“ von Jean Renoir an (absolutes Meisterwerk) und „The Burmese Harp von Kon Ichikawa an (guter Film, jedoch nicht perfekt). Leider ist die Kritik ja nicht wirklich so lobend, daher werde ich den Film wohl nicht unbedingt sehen.
Ãœbrigens, passt zwar nicht wirklich zu diesem Blogeintrag, aber zum Blogthema allgemein halt schon ;-): Nächste Woche, am 22.Mai, erscheint Mizoguchis Meisterwerk „Sansho Dayu“ auf DVD von Criterion:
http://www.criterion.com/asp/release.asp?id=386
Definitiv eines der Hauptwerke dieses großartigen Regisseurs. Neben „Ugetsu“ zudem eines der sehr guten Einstiegswerke in sein Schaffen.
Auch wenn ich selbst nicht auf solch historische Filme stehe, muss ich sagen dass die 130 Minuten wie im Fluge vergingen. Natürlich gab es einige Szenen, die etwas übertrieben und unangebracht waren, da diese nicht viel mit der Geschichte zu tun haben schienen, aber im Großen und Ganzen hat alles gepasst. Besonders die humorvollen Einlagen von Matsudaira waren eine gelungene Abwechslung, als es anfing langweilig zu werden und halfen so, dem Film besser folgen zu können.
Oh mist -_- schon 17 Uhr… ich sollte mich so langsam zur Vorstellung im 3001 fertig machen. In diesem Sinne noch viel Spaß die nächsten 3 Tage auf dem japanischen Filmfest.
@ Film
Meine Meinung: Von den fünf (fünfeinhalb, wenn man einen Kurzfilm mitzählt) Filmen, die ich bisher gesehen habe, war „Ode an die Freude“ der schwächste.
@ Patrick
hm,kombiniere haarscharf: du hast dir „Fourteen“ angesehen!? Wie war der denn? Die Kurzinfo klingt ja recht interessant.
@ Criterion
eine Neuveröffentlichung aus der Criterion-reihe ist IMMER einen Kommentar wert, noch dazu wenn es sich um „Sansho dayu“ handelt (den ich im Ãœbrigen noch nicht gesehen habe, also um so wertvoller der Tipp, danke!)
Hallo Klaus,
nein da scheinst du dich ein wenig in der Zeile vertan zu haben. „fourteen“ läuft erst am Freitag um 18 Uhr im 3001-Kino. Ich habe mir stattdessen – den nicht zu empfehlenden Erotik-Thriller – „Sanctuary“ angeschaut. Dabei sollte meiner Meinung nach erstes Gerne dick unterstrichen werden, denn von Zeit zu Zeit kommt man sich vor, als würde man in einem Erotik-Kino auf dem Kiez sitzen. Die drei Kurzgeschichten in „Unholy Women“ waren jedoch, auch wenn das Niveau ein wenig auf der Strecke blieb, sehr interessant anzuschauen.
Hoffen wir, dass die nächsten Tage noch einige Schätze gezeigt werden, die uns den tristen Hamburger Alltag ein wenig vergessen lassen 🙂
ups, das kommt davon, wenn man nach 8 Stunden Kino kurz vor Mitternacht noch „haarscharf kombinieren“ möchte! 😉
„Unholy Women“ hab ich mir auch überlegt, aber die Story mit dem Riesensalamander klang dann doch verlockender. Und was die weiteren Filme angeht, bin ich sehr zuversichtlich, habe heute „Baumkuchen“, „Strawberry Shortcakes“ und „Bulgogi“ auf dem Programm. Vielleicht laufen wir uns da – oder auf der Party – ja noch über den Weg?
Mh, dein Tagesplan sieht ja identisch aus mit dem Meinigen. Jedoch werde ich es, angesichts der blöden Fahrt mit dem Nachtbus gestern, vermutlich nicht rechtzeitig zum ersten Film schaffen fit zu sein. Außerdem gibt es ja noch das Kirschblütenfest an der Alster -_- wie soll man das bloß alles unter einen Hut bekommen? Ich für meinen Teil werde jetzt erstmal einen Liter Kaffee konsumieren um den Tag zumindest einigermaßen zu überstehen 😉
Schreibe bitte, sofern du dazu kommst, ob „Baumkuchen“ ein lohnenswerter Film ist. Soweit ich weiß, läuft er in den nächsten Tagen noch einmal.
Gruß
Patrick
Ja, heute geht es terminlich ziemlich eng zu. Werde mich mal wieder auf meinen Drahtesel verlassen, der mich gestern zuverlässig in 7 Minuten vom Metropolis zum B-Movie und wieder zurück gebracht hat. Aber das Kirschblütenfest wird wohl leider das Nachsehen haben…
Falls wir uns über den Weg laufen, ich werde eine Ausgabe der Le Monde von gestern unterm Arm und eine rote Nelke im Knopfloch tragen! 😉
Ich fand den FIlm sehr gut. Kannte ihn gar nicht und habe es im Flugzeug gesehen, war sehr überrascht. Wer weiss, ob ich in Deutschland die DVD bekommen kann?
Hier kommt deine Meinung rein: