11 Sep.
Ein Filmessay in zwei Teilen, der wunderbar zum Post vom Samstag passt: Akira Kurosawa and the West. Die prominentesten Beispiele schön zusammengefasst und mit einigen interessanten Interview-Ausschnitten angereichert. Schaut einfach mal rein:
Part I:
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=G1STFM39vJ4[/flash]
Part II:
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=roCxj7777gs[/flash]
Sehr gut gemacht! Das Problem ist nur, dass am der einen oder anderen Stelle etwas übertrieben wird und ein kleiner aber wichtiger Hinweis fehlt: Selbstverständlich war Kurosawa nicht nur vom Westen beeinflusst! Nicht nur Shakespeare, Dostojewski und John Ford waren seine Vorbilder, dazu gehörten auch das Noh-Theater, Mikio Naruse (dessen Schnitttechnik er bewunderte) und an vorderster Stelle natürlich Kajiro Yamamoto, sein großer Lehrmeister, bei dem er 7 Jahre lang Regieassistent gewesen war.
Außerdem ist es auch völlig hanebüchen, dass Kurosawa in Japan nicht geschätzt worden wäre. Der einzige Regisseur, der eine vergleichbare Freiheit und Kontrolle über seine Projekte gehabt haben dürfte wie Kurosawa, war Yasujiro Ozu. Bereits sein Regiedebut Sanshiro Sugata machte Kurosawa zum Star und spätestens nachdem Rashomon den Goldenen Löwen gewonnen hatte, war er nahezu unantastbar. Ohne diesen herausgehobenen Status hätte er niemals Filme wie Die Sieben Samurai oder Rotbart drehen können, deren Produktion mehrere Jahre dauerte!
Der Niedergang der japanischen Filmindustrie in den späten 60er Jahren traf viele der etablierten Regisseure sehr hart, nicht nur Kurosawa. Da er aber wie kaum ein anderer daran gewöhnt war, große Freiheit zu genießen und große finanzielle Mittel einsetzen zu können, litt er natürlich besonders unter den Restriktionen. Insofern muss man seinen amerikanischen Unterstützern großen Respekt zollen und dankbar sein, dass sie es ihm in der Spätphase seiner Karriere ermöglichten, Filme wie Ran oder Kagemusha zu drehen, die für japanische Studios allein zu groß und aufwändig gewesen wären.
Der Essay hat also in sofern Recht, als Kurosawa sowohl vom Westen beeinflusst war als auch Einfluss auf diesen hatte (und zwar nicht zu knapp). Die suggerierte Botschaft aber, dass japanische Einflüsse vernachlässigbar gewesen seien und er in Japan keine Wertschätzung erfahren hätte, hat mit der Realität wenig zu tun.
4 Kommentare for "Nur im Westen?"
Schöne Videos. Nur die Kritik finde ich etwas unangemessen. Ein Video mit dem Namen „Kurosawa and the West“ handelt logischerweise von den wechselseitigen Beziehungen zwischen diesen beiden. Japanische Einflüsse werden (hier) außen vor gelassen, was jedoch nicht heißt dass es sie nicht gibt. Das wird im Video so nicht gesagt und auch nicht suggeriert. Es wird eben einfach ein Teilaspekt von Kurosawas Gesamtwerk gezeigt.
Übrigens stammt auch die Aussage, dass Kurosawa wesentlich mehr Wertschätzung im Westen erfährt, in diesem Video aus Kurosawas eigenem Mund (das Interview mit dem VIP-Vergleich).
Insofern beinhaltet die Kritik sinnvolle Ergänzungen, ist aber auf das Video und sein Thema bezogen nicht ganz legitim.
Willkommen, mein lieber neuer regelmäßiger Leser! 🙂
Allerdings bleibe ich trotz deiner Anmerkung bei meiner Meinung. Natürlich soll sich ein Video mit diesem Titel auf die Beziehungen zwischen Kurosawa und dem Westen konzentrieren. Aber gleich zu Beginn, beim Vergleich mit Kubrick oder Spielberg, heisst es:
Yet this Japanese man seems to have more influences and influence in the West.
Es ist zwar richtig, dass Kurosawa in seinen späten Interviews und in seiner 1980 erschienenen Autobiographie ein großes Maß an Frustration über seine Unfähigkeit, Projekte in Japan zu realisieren, zum Ausdruck bringt. Diese Frustration entstand aber erst ab den späten 60er Jahren und erwuchs überwiegend aus den veränderten Geschäftspraktiken der Studios und seiner Wahrnehmung in der Heimat als „westlicher“ Regisseur. Diese Wahrnehmung war aber zugleich Ergebnis seines herausragenden Erfolgs.
Und was mich besonders ärgert war der eine Kommentar von George Lucas in dem er irgendwas davon erzählt, dass Kurosawa erst Anerkennung bekam, als seine Filme auf internationalen Festivals gezeigt wurden. Das ist schlicht falsch. 1947 wurde er für Ein wunderschöner Sonntag als bester Regisseur mit dem Mainichi Filmpreis ausgezeichnet. Im Jahr darauf erhielt er den Preis für Yoidore Tenshi gleich nochmal und oben drauf noch den Preis für den besten Film und auch die Auszeichnung des besten Films von Kinema Junpo, dem wichtigsten Filmmagazin Japans. Und da kannte ihn außerhalb Japans noch niemand!
Deine Meinung ist ja auch richtig. Meiner Meinung nach 😀
Ich hätte es nur nicht als Kritik am Video formuliert, sondern eher als Ergänzung.
„seems to have“ ist natürlich keine besonders starke Aussage. Ich sehe es auch eher als einleitende Begründung für das Thema des Videos, nicht als die finale Aussage des selbigen.
George Lucas… nunja. Sicherlich kein Filmhistoriker und ich bezweifle, dass er die älteren oder unbekannteren Filme von Kurosawa überhaupt gesehen hat. Kurze Ausschnitte aus einem wesentlich längeren Interview sind zudem in einem neuen Zusammenhang auch auch immer mit Vorsicht zu genießen. Insofern nehme ich seine Aussagen ohnehin nicht ganz so ernst.
OK, ich habe vielleicht ein bisschen überreagiert mit meiner Kritik… Aber wenn sich das Video-Essay die falschen Aussagen von Lucas zu eigen macht (und das Interview wurde ja wohl mit Absicht so geschnitten, dass die von mir genannte Passage prominent herausstach), und damit einseitig Klischees transportiert, reagiere ich eben allergisch. 🙂
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