Das folgende Video zeigt einen Vortrag von William Tsutsui, Professor an der University of Kansas und Autor von Godzilla on My Mind und In Godzilla’s Footsteps, zu Godzilla und seiner Bedeutung in der japanischen Nachkriegsgeschichte. Tsutui vertritt die These, dass die Godzilla-Filme über die Jahrzehnte weniger eine klare Botschaft als vielmehr eine Reihe wiederkehrender Motive propagierten, und zwar auf sehr ambivalente Weise, welche die Zerrissenheit der japanischen Gesellschaft im Zuge der Modernisierung und Demokratisierung wiederspiegelt:
1. Anti-Amerikanismus in Form ständiger Anleihen und Referenzen an den Zweiten Weltkrieg, die immer wieder Parallelen zwischen den Angriffen der Amerikaner und Godzillas ziehen und indirekt die Besatzungsmacht USA kritisieren, weil deren Truppen nie auf Seiten der Japaner antreten
2. Wandel Godzillas vom Angreifer zum Verteidiger Japans, in Folge des japanischen Wirtschaftswunders und des damit gestiegenen Selbstbewusstseins und Stolzes
3. Verwundbarkeit Japans, in guter alter Tradition von Erdbeben, Taifunen, Tsunamis bis hin zum Platzen des japanischen Wirtschaftsbooms in den 1990er Jahren
4. Anti-Atomkraft und Technikskepsis, schließlich wurde Godzilla durch Atombombentests erweckt und wird (zumindest im ersten Teil) durch eine noch viel furchtbarere Waffe getötet
5. Hinterfragen von Autoritäten, etwa politischer Institutionen, die sich als unfähig erweisen, die Bevölkerung zu schützen.
Besonders spannend fand ich zudem seine Anmerkungen zur Rolle des Militärs, das besonders in den frühen Filmen in den 50er Jahren in einer nahezu verherrlichenden Weise porträtiert wurde, die im krassen Gegensatz zur Abrüstung und der neuen Verfassung standen, in der Japan dem Krieg für immer abschwört.
Achtung, das Video dauert inklusive Nachfragen fast eine Stunde, also nehmt euch etwas Zeit. Es lohnt sich aber wirklich, Tsutsui regt einige sehr interessante Gedanken an! Nur seine Gags sind nicht so die Brüller…
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Via Japan Navigator
Mein Hamburger Lieblingskino Metropolis (zugleich eines unserer Festivalkinos beim JFFH), bringt im Februar drei Filme von Hayao Miyazaki im Rahmen einer Werkschau! Es handelt sich um Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland und Das wandelnde Schloss. Die Termine im Einzelnen:
Und wie ihr an den Spielzeiten schon erahnen könnt, handelt es sich um eine Werkschau im „Kinder-Retro-Kino“! Entsprechend laufen alle Filme natürlich in der deutschen Fassung. Wahhhh! 🙁
Keine Ahnung, was das Metropolis-Team da geritten hat, normalerweise machen die eigentlich eine sehr gute Programmplanung, aber Mononoke Sonntag Nachmittags im Kinderprogramm… hallo? Naja, ich werde natürlich zähneknirschend hingehen, die Chance, diese Filme auf der großen Leinwand zu sehen, darf man sich schließlich nicht entgehen lassen. Auf dem Weg kann ich dann ja nochmal über die gängigen Vorurteile gegenüber Anime nachdenken.
19 Jan
Criterion und Masters of Cinema legen mal wieder neue DVDs klassischer japanischer Werke auf!
MoC legt am 23. Februar los mit zwei Filmen von Kon Ichikawa: Zunächst Kokoro, nach vielen romantisch-komödiantischen Filmen der Auftakt zu Kon Ichikawas großen Meisterwerken. Bei Amazon UK ist die DVD zum Preis von 13 britischen Pfund vorbestellbar, was bei der aktuellen Talfahrt des Pfunds gerade mal 15 Euro sind. Noch günstiger gibts die zweite, zeitgleich erscheinende DVD von Alone across the Pacific aus dem Jahr 1963.
Es folgt am 17. März Criterion zunächst mit Akira Kurosawas Dodes’kaden. Die DVD wird eine 36-minütige Dokumentation, Interviews und das schon fast obligatorische Booklet mit einem Beitrag von Kurosawa-Experte Stephen Prince enthalten.
Und am 28. April legt Criterion gleich doppelt nach, und zwar mit Nagisa Oshimas berühmt-berüchtigtem „Ai-Double“ Ai no Corrida und Ai no borei. Leider erscheinen die beiden als zwei separate DVDs und nicht in einem Bundle. In the Realm of the Senses (Ai no Corrida) wird u.a. einen Audiokommentar von Tony Rays und verschiedene Interviews enthalten, Empire of Passion einen Essay von Catherine Russell und ebenfalls eine Reihe von Interviews, darunter eines mit Koji Wakamatsu, der damals an der Produktion beteiligt war.
PS: Ich sehe gerade, dass In the Realm of the Senses auch in einer BluRay-Version erhältlich sein wird.
This is a book for which there is a need. Not only does it list almost all important Japanese film directors and their works, it is also the first recent volume to give a description of the director’s work, to indicate the nature of his or her accomplishments.
So beginnt das von Donald Richie verfasste Vorwort zu Alexander Jacobys A Critical Handbook of Japanese Film Directors – From the Silent Era to the Present Day und fasst das Werk damit auch gleich exzellent zusammen. Nach einer 20seitigen Einleitung, in der in groben Zügen die japanische Kinogeschichte zusammengefasst, wichtige Besonderheiten, Charakteristika und Zäsuren angedeutet werden, geht es los mit Yutaka Abe und am Ende steht Takahisa Zeze. Abgerundet wird das Ganze mit einem Glossar, kurzen Infos zu den wichtigsten Filmstudios und einer Liste mit Quellen und weiterführender Literatur.
Dazwischen finden sich ca. 150 Filmemacher verschiedenster Genres, Bekanntheitsgrade (wobei natürlich eine erhebliche Selektion gegeben ist) und Perioden. Vom eher unbekannten Hotei Nomura, der zwischen 1921 und 1934 eine Vielzahl von Gendaigeki schuf (in einem davon gab die 5-jährige Hideko Takamine ihr Debut) bis zu Akira Kurosawa. Auch zeitgenössische Regisseure sind gut vertreten und auch aktuellste Werke werden aufgegriffen, wovon beispielsweise ein Kommentar zu Takashi Miikes Sukiyaki Western Django zeugt.
Das Buch hat etwa 350 Seiten, für jeden der 150 Regisseure bleibt somit im Schnitt etwa eine Seite Text sowie die komplette Filmographie. Die Texte sind – wie der Buchtitel schon sagt – keineswegs wie wertneutrale Lexikoneinträge verfasst, sondern aus der Sicht eines Filmkritikers, was meiner Meinung nach angesichts der Kürze der Texte in manchen Fällen nicht wirklich Sinn macht. Einen Film wie etwa The Bird People in China in zwei Sätzen für sentimal-unüberzeugende Darstellung des idyllischen dörflichen Lebens in China abzukanzeln, tut dem Film einfach Unrecht, und muss es angesichts des geringen Textumfangs auch.
Aber darüber kann man hinwegsehen. Was mir dagegen ziemlich übel aufstieß war das komplette Fehlen von Regisseuren aus der Anime-Welt. Kein Osamu Tezuka, kein Hayao Miyazaki, Isao Takahata oder Satoshi Kon. Es kommen zwar gerade bei den zeitgenössischen Filmemachern immer wieder Hinweise, wie sehr diese durch Manga und/oder Anime beeinflusst wären, daraus wurde dann aber leider nicht die Konsequenz gezogen, diese Filmemacher ebenfalls aufzunehmen. Trotz dieses gewichtigen Mankos kann ich dieses ansonsten hochinformative und interessante Buch angesichts eines Preises von unter 20 Euro dennoch bedenkenlos empfehlen.
11 Jan
Original: Koina no Ginpei yuki no wataridori (1931) von Tomikazu Miyata
Ginpei (Tsumasaburo Bando) ist verliebt in Oichi, doch die liebt bereits seinen Freund Unokichi. Als Ginpei davon erfährt, ist er zuerst völlig vor den Kopf gestoßen. Voller Neid und Hass auf Unokichi trachtet er diesem nach dem Leben und sieht seine Chance gekommen, als ihr Clan von Feinden angegriffen wird: Im Getümmel der Schlacht will Ginpei sich seines Nebenbuhlers entledigen! Doch als sich während der Kämpfe die Gelegenheit bietet, siegt das Gute in ihm und statt Unokichi zu ermorden rettet er ihm das Leben.
Um seinen Liebeskummer zu überwinden geht Ginpei auf Wanderschaft und kehrt erst vier Jahre später in seine Heimat zurück. Gerade rechtzeitig, denn Unokichi und Oichi, die inzwischen verheiratet sind, werden vom siegreichen gegnerischen Clan bedroht. Für seine alte Liebe stürzt sich Ginpei selbstlos in den aussichtslosen Kampf, um das Glück der beiden zu retten.
Bei diesem Film besteht akute Verwechslungsgefahr: Es gibt nämlich von 1933 ein Remake des sehr viel bekannteren Regisseurs Teinosuke Kinugasa, der vor allem für zwei Werke berühmt ist: Gate of Hell, der erste japanische Film, der einen Oscar gewann, und A Page of Madness, der als eines der größten Meisterwerke des Expressionismus gilt.
Tomikazu Miyata dagegen ist ein völlig unbeschriebes Blatt, liefert hier aber einen ordentlichen Job ab: Der einstündige Stummfilm ist klar strukturiert und setzt den doppelten Wandel des Hauptcharakters – vom verliebten Träumer zum Rächer und schließlich zum selbstlosen Wohltäter – gut in Szene. Außerdem streut er dabei eine Reihe interessanter Bilder ein, die stark an japanische Holzschnitte erinnern (siehe z.B. den Screenshot oben) und stellt eine gelungene Parallele zwischen der ersten und der letzten Szene her.
Diese zeigen jeweils einen melancholisch-grübelnden Ginpei: Am Anfang des Films sitzt er am Strand und kann an nichts anderes als seine Liebe für Oichi denken und wie er sie für sich gewinnen kann, am Ende sitzt er hinter Gittern und sieht seinem Tod entgegen, den er aus Liebe zu ihr in Kauf nimmt.
Die Rolle des Ginpei ist Bando als dem Superstar der 30er Jahre wie auf den Leib geschrieben (möglicherweise wurde sie auch ausdrücklich für ihn geschrieben): Er kann sowohl seine expressiven Fähigkeiten als auch seine Vorliebe für turbulente Kampfszenen ausleben. Und dass es bereits zwei Jahre später ein Remake gab deutet auch darauf hin, dass der Film wohl nicht ganz erfolglos gewesen sein dürfte.
5 Jan
Wenn man ne Mail aus Russland im Posteingang hat, ist es bei den meisten von uns Zeitgenossen Spam. Aber es kann auch ganz anders kommen, besonders wenn man den Akira Kurosawa News and Information-Blog betreibt. Dann kann schon mal eine Mail auf Russisch reinflattern, in der ein früherer Mitarbeiter aus Kurosawas Dersu Uzala-Team nach einem Herausgeber für sein Buch über die gemeinsame Arbeit mit AK sucht:
Мне поÑчаÑтливилоÑÑŒ работать Ñ Ð²Ñ‹Ð´Ð°ÑŽÑ‰Ð¸Ð¼ÑÑ Ðкирой КуроÑавой над фильмом €œÐ”ерÑу Узала€, получившим €œÐžÑкар€. Я там был режиÑÑёром Ñ ÑоветÑкой Ñтороны, Вёл ежедневный дневник на протÑжении трёх лет. Подготовил к изданию книгу в 2-Ñ… томах.
700 Ñтраниц текÑта и более 500 рабочих моментов Ñъёмок, кадров из фильма, раÑкадровок КуроÑавы€¦
Ищу ÑпонÑора Ð´Ð»Ñ ÑŽÐ±Ð¸Ð»ÐµÐ¹Ð½Ð¾Ð³Ð¾ Ð¸Ð·Ð´Ð°Ð½Ð¸Ñ Ðº 100-летию Ðкиры КуроÑавы на руÑÑком Ñзыке, поÑкольку Союз кинематографиÑтов РоÑÑии и МоÑфильм оказалиÑÑŒ нищими и неблагодарными к имени Великого режиÑÑёра.
ЕÑли Ð¼ÐµÐ½Ñ ÑƒÑлышите – помогите!
Wer noch Verbesserungen an der Übersetzung vorschlagen möchte oder selbst einen Verlag sein eigen nennt, kann sich vertrauensvoll an Mili wenden. Aber vielleicht ist alles ja auch nur ein vorgezogener Aprilscherz oder ne ganz raffinierte, neuartige Spam-Variante 😉