Eine japanische Touristin wird in Rom entführt und ein Diplomat macht sich auf die Suche nach ihr: Ein nicht gerade origineller Plot, und der Filmtitel verspricht obendrein auch noch reichlich Kitsch: Amalfi. Das alles klingt nach einem Film, den ich eher schulterzuckend zur Kenntnis nehme, aber dahinter steckt ein interessantes Experiment der Produktionsfirma FujiTV und des Vertriebs Toho.
Denn erstens wurde Amalfi mit gewaltigem Aufwand komplett in Italien gedreht (über diesen Umstand berichtete im Frühjahr schon Chris und machte mich neugierig). Obendrein wurde bereits vor dem Filmstart ein in Macao spielendes Prequel des Films über die mobile Videoplattform DoCoMo Doga bereitgestellt – ein bisher einmaliges Marketingexperiment, das zugleich die große Bedeutung von TV- und Videoinhalten für japanische Handynutzer unterstreicht.
Und der Aufwand scheint sich gelohnt zu haben: Seit dem Kinostart am 18. Juli hält sich Amalfi konstant in den Top10 der japanischen Kinocharts und hat inzwischen fast 33 Mio US-Dollar eingespielt. Damit lässt der Film bereits jetzt Transformers und Quantum of Solace hinter sich und dürfte demnächst auch Terminator und die Fortsetzung vom Da Vinci Code überholen. Zudem konnten die Rechte bereits in mehrere asiatische Länder verkauft werden.
Damit zeigt sich wieder mal, dass es für die japanische Filmindustrie derzeit wie geschmiert läuft. Die Filme kommen an, nicht nur beim heimischen Publikum sondern zunehmend auch international und die Industrie ist bei der Vermarktung ihrer Produkte sehr kreativ und auch bereit, Risiken einzugehen. Dabei kommt ihr natürlich entgegen, dass der japanische Handymarkt und die Handynutzung gerade für die Vermarktung von mulitmedialen Inhalten Möglichkeiten in ganz anderen Dimensionen bieten als es in Europa oder den USA möglich wäre. Aber auch diese Möglichkeiten wollen gekonnt genutzt sein, und das ist offenbar gelungen.
Die Fortsetzung dürfte also wohl nur eine Frage der Zeit sein…
27 Aug
Original: Seppuku (1962) von Masaki Kobayashi
Japan im 17. Jahrhundert, einer Phase des Friedens, in der tausende Samurai zu herrenlosen Ronin werden und sich mehr schlecht als recht über Wasser halten. Für manche ist Harakiri, der traditionelle Selbstmord, der einzige Weg zu einem ehrenvollen Tod. So taucht eines Tages auch Hanshiro (Tatsuya Nakadai) beim Klan der Iyi auf und bittet um die Gewährung von Harakiri. Doch in Wirklichkeit ist er auf Rache aus, Rache für seinen Schwiegersohn Motome (Akira Ishihama) und dessen Familie.
Motomes Geschichte wird in der ersten Hälfte des Films in vielen langen Flashbacks erzählt. Wie er ins Haus Iyi kam, um Harakiri bittend aber auf eine milde Gabe hoffend. Wie das stolze Samuraigeschlecht an ihm, dem Verarmten, Wehrlosen ein Exempel statuierte und ihn zu einem grausamen Selbstmord mit einem Bambusschwert zwang. Dann wechselt der Fokus zu Hanshiro, dem Niedergang seiner Familie und dem Kampf gegen die Armut, die Motome schließlich zu seiner Verzweiflungstat zwang.
Aus Hanshiros Erzählung wird nun eine Anklage der aus Anlass seines Harakiri versammelten Granden des Hauses Iyi, mit dessen Vertreter Saito (Rentaro Mikuni) er sich regelrechte Rededuelle liefert. In einer weiteren Reihe von Flashbacks schildert Hanshiro seine ersten Schritte zur Rache, bevor schließlich genug der Worte gewechselt sind und er seine Rache mit dem Schwert vollendet.
Die zentralen Themen Ehre und Tradition werden in Harakiri von Anfang an durch Architektur symbolisiert: Die weiten Hallen, langen Gänge und dicken Mauern der Residenz des Hauses Iyi beeindrucken während der Eröffnungssequenz durch ihre Strenge und elegante Schlichtheit. Doch dieses Symbol wird zugleich ins negative verkehrt, denn die Gänge und Hallen sind leer. So leer wie die Werte und Traditionen, die sie verkörpern und auf die sich die Mächtigen heuchlerisch berufen, wenn dies zweckdienlich ist, ohne aber selbst nach ihnen zu leben.
So ist der Film über weite Strecken eine Anklage, bei der aber Ankläger und Angeklagter wechseln: Ist es zunächst das edle und mächtige Haus Iyi, das zu Gericht sitzt über die bettelarmen Ronin, die den Ruf und die Ehre des Samuraistandes beschmutzen, gelingt es Hanshiro dann, den Spieß umzudrehen. Er offenbart die Feigheit und Heuchelei und wird aus einer Position der scheinbaren Schwäche und Demut zum erbarmungslosen Ankläger, der schonungslos die Fassade der Ehrbarkeit einreisst und sich am Ende selbst zum Richter und Henker aufschwingt und den Klan der Iyi für den Missbrauch dieser Werte und die seiner Familie angetane Ungerechtigkeit bluten lässt.
Dabei fällt es nicht schwer, zu erraten, an wen sich die Kritik des Films richtet: Die Machenschaften von Politik und Wirtschaft zur Sicherung und Erweiterung ihrer Macht waren in den rebellischen 60er Jahren auch in Japan ein großes Thema. Und wie schon Filmemacher einige Jahrzehnte zuvor bedient sich nun auch Kobayashi des historischen Films, um seine Kritik an Staat und Gesellschaft zu artikulieren.
Dass Harakiri bei all den vielen Flashbacks und den langen Rededuellen eine stetig steigende Faszination udn Spannung ausübt, liegt zu einem guten Teil an Tatsuya Nakadai. Sein Charakter strahlt vom ersten Moment an eine grimmige Entschlossenheit aus, die anfangs besonders im Zusammenspiel mit der zur Schau gestellten Demut gegenüber den Mächtigen des Hauses Iyi etwas zutiefst rätselhaftes und verstörendes an sich hat, sich dann aber aller Zurückhaltung entledigt und in einem waren Gefühlsausbruch gipfelt. Dazwischen, in den Flashbacks, zeigt er Hanshiro dagegen als liebenden und sorgenden Familienvater.
Harakiri ist keine leichte Kost und verlangt dem Zuschauer – zumal uns westlichen – einiges an Auseinandersetzung ab und stößt viele Gedanken an. Dass der Film trotzdem von der ersten Sekunde an fasziniert und uns magisch in seine Welt hineinzieht, verdankt er neben Nakadai den exquisiten, wagemutigen schwarz-weiss Bildern, einer fesselnden, intelligent verwobenen Geschichte die nach und nach den Kern des Films freigibt und dem eindringlichen Soundtrack. Ein großes Meisterwerk eines außergewöhnlichen Regisseurs.
Husthust… erstmal den Staub hier vom Dashboard blasen…
Wow, fast vier Wochen sind seit meinem letzten Posting vergangen! Gomen! Aber mit zwei Wochen Urlaub, dem herrlichen Wetter, dem Sommerloch, Verwicklungen im Inneren und Äußeren hatte der Blog plötzlich nur noch sehr niedrige Prio. Das wird aber bald wieder anders, ich gelobe Besserung! Und heute steigen wir gleich wieder mit ein paar nützlichen Konsumententipps ein: Amazon UK räumt mal wieder die DVD-Regale leer, und besonders bei Anime gibts fette Beute.
Außerdem gibts auch einige Miyazaki-Filmen für um die 6-8 Pfund und noch eine ganze Reihe weiterer japanischer Klassiker für nen Appel und ein Ei, speziell aus dem Martial Arts Genre (einfach mal nach Sonny Chiba suchen, da werdet ihr schnell fündig).