19 Jul
Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich in der Original-Version dieses Postings alle mir bekannten Filme von Akira Kurosawa mit Sternen bewertet. Die Anregung dazu kam von einem Diskussionsthread im Rolling-Stone-Forum, in dem – wenig überraschend – Sterne für Filme Akira Kurosawas vergeben werden und an dem ich mich damals auch beteiligt hatte. Zufällig stieß ich heute auf meine damaligen Bewertungen, und mir fiel auf, dass einige Filme fehlen, die ich inzwischen gesehen habe, und dass sich zum Teil auch meine Wahrnehmung der Filme etwas verschoben hat.
Beispielsweise hatte ich Zwischen Himmel und Hölle damals „nur“ 4 und einen halben Stern gegeben, heute sehe ich ihn als eines der ganz großen Werke Kurosawas mit glatt 5 Sternen. Dann habe ich noch Skandal mit 3 Sternen nachgetragen (den hatte ich damals vergessen, siehe Kommentare) und Nachtasyl, Dodesukaden und Dersu Uzala hinzugefügt. Damit fehlen mir jetzt noch genau drei Filme aus Kurosawas Werk: Sanshiro Sugata II, The Most Beautiful (beide entstanden in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs und sollen ziemlich propaganda-getränkt sein) und Those who make tomorrow, der einzige Kurosawa-Film, von dem meines Wissens nur ein Negativ existiert.
Außerdem hab ich grade bemerkt, dass ich dieses Jahr noch keine einzige Rezension eines Kurosawa-Films geschrieben habe! Das muss sich bald mal ändern!
Hier nun die aktualisierte Sterne-Liste:
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6 Kommentare for "Sterne für Akira Kurosawa"
Hier mal die Bewertungen seiner Filme, wie ich sie zur Zeit in der OFDb stehen habe:
Ikiru – 10/10
Engel der Verlorenen – 9/10
Der Idiot – 9/10 (mag der Film noch so geschnittenen worden sein, mir gefällt er unheimlich gut. Zudem zähle ich auch Dostojewski zu meinen Lieblingsautoren..)
Kagemusha – 8/10 (heute mal wieder gesehen…würde nun fast auf 9/10 erhöhen)
Kein Bedauern für meine Jugend – 8/10 (mit Tendenz zu 7…)Ein Leben in Angst – 9/10 (warum schneidet der bei Dir denn eher was schlechter ab?)
Nachtasyl – 9/10
Ran – 10/10
Rashomon – 9/10
Rhapsodie im August – 8/10 (allerdings schon sehr lange nicht mehr gesehen)
Rotbart – 10/10
Sanjuro – 9/10
Das Schloss im Spinnwebwald – 10/10
Die Sieben Samurai – 9/10 (werde ich in den nächsten Tagen nach langer Zeit nocheinmal sehen)
Skandal – 8/10
Ein Streunender Hund – 9/10
Uzala, der Kirgise – 9/10
Die Verborgene Festung – 8/10
Die Verworfenen schlafen gut – 8/10
Yojimbo – Der Leibwächter – 9/10
Zwischen Himmel und Hölle – 9/10
Beim abtippen der ganzen Wertungen fällt mir auf, wie gut ich Kurosawas Filme im Durschnitt bewerte. Dabei standen vorallem in letzter Zeit beim japanischen Film Regisseure wie Mizoguchi mehr für mich im Vordergrund als Kurosawa. Aber nach „Ran“ und auch „Kagemusha“ ist Kurosawa nun wieder etwas nach vorne gerückt, werde mir in nächster Zeit auch einige Filme zum wiederholten Male ansehen.
Ja, es fällt schon auf, dass du gute Noten verteilst. Umgerechnet auf meine Sterne-Skala vergibst du immer mindestens 4 Sterne. Will dich nicht kritisieren – wenn es einen Regisseur gibt, dem man bedenkenlos gute Noten geben kann, dann wohl Kurosawa – aber hast du die Noten eher aus dem Bauch heraus gegeben oder hast du dir ein System überlegt?
Zu deiner Frage bezüglich „Bilanz eines Lebens/Ein Leben in Angst“: Zwei Dinge, die sonst zu Kurosawas Sträken gehören, fehlen mir hier fast völlig, nämlich eine mitreißende Story und Atmosphäre. Die schauspielerischen Leistungen sind natürlich superb, und viele das Ende ist auch sehr interessant, aber der Film gibt in meinen Augen einfach nicht viel her. Die meiste Zeit geht es ja nur um die innerfamiliären Streitereien, und das, ohne dass uns die Charaktere irgendwie nähergebracht werden.
PS: Sehe grade, dass Skandal in meiner Liste fehlt, dem würde ich 3 Sterne geben. imho einer der schwächsten in Kurosawas Karriere.
PPS: Lustig finde ich auch die an einigen Stellen anderen unterschiedlichen deutschen Titel. Ich bin aus der Literatur so an die englischen Titel gewöhnt, dass ich oft gar nicht weiß, wie der Film nun denn offiziell auf deutsch heisst! 🙂
Hallo Klaus,
es stimmt, ich bewerte Filme eigentlich wirklich immer aus einem Bauchgefühl heraus. Mir ein penibles System zuzulegen, nachdem ich dann jeden Film genaustens unter die Lupe nehme, will ich mir auch nicht unbedingt aneignen. Aber ich denke, wie Du auch schon schriebst, dass Kurosawa (mit Ingmar Bergman und Andrei Tarkowkij) wohl wirklich einer der Regisseure ist, die nun einmal auch fast nur Meisterwerke gedreht haben. Bei „Rhapsodie im August“, „Kein Bedauern für meine Jugend“ und vielleicht auch bei „Skandal“ (wobei ich da eigentlich bei meiner guten Meinung zu bleibe) sind die wirklich Qualitäten vielleicht ein wenig schlechter als meine Bewertungen erscheinen lassen, aber ansonsten passt eigentlich alles so. Eine Frage: hast du „Nachtasyl“ (The Lower Depths) noch nicht gesehen? Falls nicht, sollte das vielleicht einer der nächsten Filme sein die Du siehst. 😉 Ein wirklich sehr stimmiger Film.
Ich dagegen muss mich demnächst auch mal darum bemühen, endlich Kurosawas „Träume“ anzuschaffen (es gab ja mal eine deutsche DVD, die war aber wohl wegen schlechter Qualität kurz darauf wieder vom Markt weg). Von den ganz frühen Filmen wie „Sanshiro Sugata“ schreckte ich aufgrund einer eher mittelmäßigen Rezeption unter Cineasten eher etwas zurück, aber Deine gute Bewertung treibt mich an, auch die da noch nicht gesehenen Filme nachzuholen. 🙂
Also „Sanshiro Sugata“ ist ein absolutes Muss! Solltest du auf jeden Fall noch nachhholen, und auch „Ein wunderschöner Sonntag“ ist sehr interessant, eben weil er für Kurosawa untypisch ist (und außerdem eines der großartigsten Experimente der Filmgeschichte enthält).
Und Donzoko und Dersu Uzala hab ich schon eine Weile hier herum liegen, aber in letzter Zeit waren mir andere Filme wichtiger. Wenn ich nur mal etwas mehr Zeit hätte!
Moin!
Den meisten deiner Bewertungen würde ich zustimmen, aber „Nachtasyl“ und „Das Schloss im Spinnwebwald“ würde ich jeweils noch einen Punkt mehr geben.
Was die Propaganda in „Sanshiro Sugata II“ betrifft, so fand ich es durchaus erträglich. Er hat zwei klar antiamerikanische Sequenzen: Ein amerikanischer Matrose drangsaliert einen Kuli und wird zur Strafe vom Helden vermöbelt. Und ein amer. Boxer oder Wrestler tritt in einer Vergnügungshalle mit Bierzelt-Atmosphäre zu Schaukämpfen gegen japanische Gegner an und verhöhnt sie dabei. Natürlich bekommt auch er eine Abreibung. Das war es dann aber, und beides findet ziemlich am Anfang statt. Ich hatte den Eindruck, dass Kurosawa pflichtschuldig das geforderte Quantum Propaganda abliefert, und sich dann seinem eigentlichen Thema zuwendet.
Etwas störend empfand ich, dass Kurosawa in einer etwas unmotivierten Häufung stilistische bzw. kameratechnische Tricks vorführt, die fast schon wie Gimmicks wirken. Als wollte er zeigen, was er schon alles gelernt hat.
Zu „Ein wunderschöner Sonntag“: „eines der großartigsten Experimente der Filmgeschichte“ sind ja starke Worte, aber mich hat das imaginierte Konzert auch ziemlich begeistert. Mit seiner leicht surreal angehauchten Emotionalität hat es mich an manche späteren Sachen von Fellini erinnert.
Das Durchbrechen der „vierten Wand“ gibt es auch beispielsweise in Imamuras „A Man Vaishes“ und in Terayamas „Werft die Bücher weg und geht auf die Straße“ sowie „Pastoral: To Die in the Country“. Aber in einem ganz anderen Kontext, und nicht auf einer emotionalen, sondern intellektuelen Ebene. Alle drei Filme kann ich jedenfalls nur heftigst empfehlen.
Was mich an „Wunderschöner Sonntag“ und dem Experiment so begeistert ist, dass es völlig unerwartet kommt. Der Film ist davor ja alles andere als surreal oder experimentell. Ganz im Gegenteil ist es ja gerade Kurosawas Bestreben, die Lebensbedingungen unmittelbar nach dem Krieg möglichst glaubhaft und eindringlich darzustellen, und zu zeigen wie die Menschen darunter leiden. Eigentlich ist das ein sehr traditioneller, gewöhnlicher Film, der dann aus heiterem Himmel mit einem Bang endet.
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