24 Mai
Einen der schönsten Momente für mich persönlich beim letzten Japanischen Filmfest hier in Hamburg erlebte ich am Sonntagvormittag. Nach der Vorführung von Appassionata sprach ich eine ältere Dame an, die sich in der Diskussion mit Regisseur Nakajima eifrig zu Wort gemeldet hatte. Nachdem wir eine Weile über den Film gequatscht hatten, stellte sich heraus, dass sie zu den gelegentlichen Lesern meiner hiesigen Ergüsse zahlt und durch meinen Blog auf zahlreiche Filme aufmerksam wurde. Auf solche Begegnungen hoffe ich auch für dieses Jahr! Da ich von ein paar meiner „Regulars“ weiß, dass der Kinobesuch eingeplant ist, möchte ich solchen Begegnungen ein bisschen auf die Sprünge helfen 😉
Hier sind die Vorführungen, die ich mir anschauen möchte:
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Auch wenn mich Tajomaru als Film nicht besonders interessiert, den Eröffnungsabend kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Könnte höchstens sein, dass die seit gestern auf dem Vormarsch befindliche Erkältung mir einen Strich durch die Rechnung macht. Am Donnerstag und Freitag stellt sich das Programm fast von selbst auf, da ich dieses Jahr keinen Urlaub nehmen konnte, so dass nur Abendvorstellungen drin sind – sehr schade, da ich nun Yojimbo auf der großen Leinwand verpasse 🙁
Dafür freue ich mich umso mehr auf Mamoru Hosodas Summer Wars und natürlich auf Rashomon. Diese beiden waren klar, da brauchte ich nicht lange zu überlegen. Am Samstag dagegen fiel die Auswahl deutlich schwerer, letztlich hab ich mich dann mit All to the sea und dem Yamaguchi-Fokus für Filme entschieden, bei denen auch die Macher vor Ort sind. Am Sonntag dann der Klassiker mit dem Filmfrühstück, Sieben Samurai muss natürlich auch sein und High Kick Girl klingt nach einem guten, adrenalinhaltigen Ausklang für das Festival.
Also dann viel Spaß und hoffentlich sieht man sich!
18 Mai
Sugata Sanshiro (1943) von Akira Kurosawa
Kurosawas Erstlingswerk schildert die Geschichte des jungen Sanshiro (Susumu Fujita), den es in die Stadt zieht, um Jiujitsu zu erlernen. Doch als er Zeuge wird, wie der Judo-Meister Yano (Denjiro Okochi) eine ganze Truppe Jiujitsu-Kämpfer besiegt, bittet er diesen, in seine Schule eintreten zu dürfen. Dort wird Sanshiro von Yano jedoch nicht nur die Kunst des Kampfes gelehrt. Der weise Meister fordert von Sanshiro, der sich als überaus begabt erweist, zugleich Demut und Respekt anderen gegenüber und die Bereitschaft, lebenslang an sich selbst zu arbeiten.
Dem jungen Sanshiro fällt diese Entwicklung nicht leicht, immer wieder muss er mit sich und seinem ungestümen Wesen ringen. Als er sich in die Tochter seines Meisters verliebt, zieht er sich zudem den Zorn des Jiujitsu-Meisters Gennosuke (Ryunosuke Tsukigata) zu, der ebenfalls ein Auge auf sie geworfen hat. Schließlich fordert er Sanshiro zum Kampf.
Sanshiro ist gewissermaßen der Urtyp des Helden, den Kurosawa in zahlreichen seiner folgenden Filme immer wieder auf die Leinwand schickt: Von Yukie in Kein Bedauern für meine Jugend bis zum jungen Arzt Yasumoto in Rotbart lässt er seine Helden immer wieder eine Entwicklung durchmachen, die sie auf den Weg der Selbsterkenntnis führen und sie verstehen lassen, dass ein erfülltes Leben nur über Hingabe und Aufopferung für ein höheres Gut zu erreichen ist.
Auch in anderer Hinsicht ist Sanshiro Sugata stilbildend für Kurosawas Werk. Zahlreiche für ihn typische Elemente finden sich bereits in seinem Erstling, darunter die auffallenden Schnitte per Wipe oder die Nutzung von Wetterphänomenen um die atmosphärische Wirkung einer Szene oder einer Entwicklung des Charakters oder der Handlung zu unterstreichen.
Das herausragende Beispiel dafür ist die finale Begegnung Sanshiros und Gennosukes, ein Kampf, der an einem windumtosten Berghang ausgetragen wird. Die von Windböen gepeitschten Gräser, die am Himmel vorüber ziehenden Wolkenfetzen sorgen für eine dramatische Grundstimmung und lassen doch die Auseinandersetzung dieser kleinen, unscheinbaren Menschlein geradezu banal erscheinen. Ein Bewusstsein für die eigene Bedeutungslosigkeit und Vergänglichkeit und die daraus resultierende Demut gehört zu den wichtigsten Lektionen die Sanshiro lernt – und mit deren Hilfe er Gennosuke besiegt.
Besonders begeistert hat mich an Sanshiro Sugata außerdem die Eröffnungssequenz. Darin sehen wir eine geschäftige Straße einer Stadt hinunter, die Kamera folgt der Straße, biegt dann in ein kleines Gässchen ab, in dem einige Kinder spielen und singen. Die Kamera fährt weiter auf die Kinder zu, doch unsere Erwartung, dass entweder eines der Kinder einen wichtigen Charakter darstellt oder ein solcher Charakter gleich ins Bild tritt, stellt Kurosawa auf den Kopf: Er wechselt nämlich die Perspektive um 180 Grad und wir sehen Sanshiro an Stelle der Kamera – wir haben die ganze Zeit durch seine Augen gesehen!
Sehr beeindruckend – gerade für das Debut eines jungen Regisseur – sind auch die Eleganz und Raffinesse, mit denen Kurosawa beispielsweise das Vergehen der Zeit symbolhaft darstellt. Ein Klassiker ist Sanshiros Holzsandale, die er bei der Begegnung mit seinem Meister Yano verliert und die in einer raschen Abfolge in den verschiedensten Situationen gezeigt wird, mal im Regen liegend, mal als Spielzeug eines Hundes oder im Fluß dahintreibend (schön in Screenshots dokumentiert bei Micha). So wird die Sandale zum Platzhalter für Sanshiro und dessen bewegte Erlebnisse in der Zwischenzeit.
Sanshiro Sugata ist nicht nur ein erstaunliches Erstlingswerk, der Film war auch ein großer Erfolg und war für Generationen von Martial-Arts-Filmen mit seiner Inszenierung des Meister-Schüler-Verhältnisses prägend. Leider stand es bisher um die Zugänglichkeit eher schlecht, woran sich jetzt mit der AK100-Box von Criterion (und der anstehenden Auskopplung seiner ersten Filme in einer Eclipse-Box) etwas ändert. Es wäre sehr wünschenswert, wenn dieser Klassiker dadurch mehr Fans des Genres zugänglich werden würde. Denn gesehen haben sollte man den Streifen unbedingt!
Die Kommunikationsstrategie des JKI werd ich wohl nie verstehen… Da stellen die eine Retrospektive eines Kultregisseurs wie Yasuzo Masumura zusammen und informieren ihre Newsletter-Abonnenten erst eine Woche nach dem Beginn der Retro, als die ersten Filme schon gezeigt wurden. 🙁
Aber immerhin: Die Retrospektive läuft noch bis 29. Juli, wer also im Kölner Raum lebt, hat noch reichlich Gelegenheit, sich ein umfassendes Bild von Masumuras Werk zu machen. Stolze 18 Filme – überwiegend frühe Werke aus den 50er und 60er Jahren – zeigt das Japanische Kulturinstitut. Leider laufen die Filme an Wochentagen, so dass Auswärtige kaum eine Chance haben, aber was meckere ich hier rum, schaut euch einfach das Programm an!
5 Mai
Auch wenn wir es nicht ganz geschafft haben, den versprochenen Termin einzuhalten: die neue JFFH-Webseite, die seit gestern weitgehend fertig ist und die Infos zu allen 40 Filmen und den kompletten Spielplan enthält, kann sich – das behaupte ich jetzt einfach mal dreist – sehen lassen.
Wie es der Zufall so will, fand sich heute ein Review unseres Eröffnungsfilms Tajomaru im Feedreader. Und was hat der sehr geschätzte Kollege von AK-News and Information zu unserem Highlight geschrieben?
There is this genre of films that are so bad that, when watched together with a group of people, they become almost perfect entertainment, allowing you to constantly point at things on the screen and laugh until your stomachs hurt. Tajomaru (2009) is one of those films, and as such a brilliant cinematic present to any group wanting to have a good time on a Friday evening.
Wunderbar, bessere Werbung hätten wir uns ja kaum wünschen können! Jeder Marketingfritze würde sich nach Zitaten wie „almost perfect entertainment“ und „brilliant cinematic present“ die Finger lecken! Nur schade, dass unser Eröffnungsabend am Mittwoch ist und nicht am Freitag. Aber wie gehts denn weiter?
It is difficult to describe Tajomaru. I would love to present you with a full plot-outline, but I doubt that anyone could really follow it, as the film has more twists and turns than a Swiss alpine road on steroids.
Das wird ja immer besser, der Film ist nicht nur unglaublich witzig sondern bietet auch eine abwechslungsreiche und unvorhersehbare Story! Na da brauch ich doch gar nicht erst weiterzulesen, sondern freue mich schonmal rundum auf den Film und natürlich das ganze JFFH!
PS: Wir haben auch jede Menge wirklich genialer Filme im Programm 😉