28 Sep
Ein gutes Jahr ist es her, dass ich erstmals von den Plänen zu einer umfangreichen DVD-Reihe Japanische Meisterregisseure des österreichischen Labels polyvideo erfuhr, damals über einen Eintrag in einem Filmforum. Da mir die Pläne damals geradezu unglaublich ambitioniert klangen (die Reihe sollte 22 DVDs umfassen, darunter zahlreiche bisher in Europa nicht erhältliche Filme von Yasujiro Ozu) und keine Bestätigung seitens des Labels zu erhalten war – weder auf der Webseite noch auf Nachfrage – habe ich aber zunächst auf Berichte verzichtet.
Dass ich auch seither nicht über die Reihe geschrieben hatte, lag allerdings nicht an gekränkter Eitelkeit, vielmehr wollte ich mir erstmal selbst einen Eindruck von den DVDs machen, bevor ich sie weiterempfehle. Das ist vor ein paar Wochen geschehen, und jetzt wäre ich eigentlich so weit gewesen, die große Werbetrommel zu rühren. Nur ist die Reihe inzwischen eingestellt worden 🙁
Wie der zuständige Mitarbeiter bei polyfilm in einem österreichischen Forum bestätigte, liegt der Grund für die Einstellung in den schlechten Verkaufszahlen, was mich angesichts der eigentlich hochkarätigen Filmreihe und auch der gelungenen Umsetzung (dazu ein andermal mehr) verwunderte. Also hab ich mich direkt an polyfilm gewandt und es ergab sich im Verlauf der letzten Woche ein reger Mail-Austausch mit dem Mitarbeiter, der sehr locker und auskunftsfreudig antwortete.
Offenbar war die ursprüngliche Idee zunächst gewesen, einige Ozu-Filme in den Katalog des Labels aufzunehmen. Im Zuge der Projektplanung entwickelte sich dann die Idee zu der umfangreichen Reihe, zu der neben Ozu noch Filme von Nagisa Oshima, Keisuke Kinoshita und Yoshitaro Nomura gehören sollten und die inzwischen auch erschienen sind. Vor der Fortführung der Reihe mit den Ozu-Filmen traten dann zwar Komplikationen bei den Rechten speziell für zwei der Ozu-Filme auf, wofür sich aber schnell eine Lösung fand, so dass dies kein Hinderungsgrund für die Fortsetzung der Reihe gewesen wäre. Hier kamen vielmehr die wie bereits erwähnt schlecht laufenden Verkäufe ins Spiel, welche das Management alarmierten und schließlich zur Einstellung der Reihe veranlassten. Somit endet diese ausgerechnet mit der 11. DVD, Kinoshitas „Eine japanische Tragödie“, und ohne ihr eigentliches Herzstück, die Ozus.
Nun kann man sich angesichts dieser wahrhaft tragischen Geschichte eines hochambitionierten und bewundernswerten DVD-Projekts die Haare raufen über das Kulturbanausentum der deutschsprachigen Filmkonsumenten und sagen „War ja klar! Was der deutsche Michel nicht kennt, das kauft er nicht“. Aber ich glaube, damit würden wir es uns zu einfach machen. Mein Eindruck aus dem Mail-Austausch war, dass man das auch bei polyvideo so sieht und im Nachhinein das eine oder andere anders entschieden und anders gemacht hätte.
Aber hätte, wäre, wenn, das zählt alles nicht. Und auch wenn ich sehr enttäuscht bin, dass die angekündigten Ozus ausfallen, sehe ich die Sache doch auch positiv: Dank der Reihe sind bereits einige japanische Klassiker in sehr guter Qualität auf den deutschen Markt gekommen, von denen ich das nur in meinen Träumen erhofft hätte! Ich persönlich denke dabei besonders an die fünf Filme Keisuke Kinoshitas, der einige der beliebtesten und erfolgreichsten Filme der japanischen Kinogeschichte schuf und ähnlich wie Mikio Naruse noch in der internationalen Wahrnehmung hinter den großen Drei (Kurosawa, Ozu, Mizoguchi) herhinkt.
Machen wir also aus dieser Tragödie das Beste und freuen uns darüber, dass 11 tolle und seltene Filme den Weg nach Deutschland gefunden haben. Und wenn wir uns ordentlich mit diesen Filmen eindecken und sie weiterempfehlen, können wir vielleicht auch ein kleines bisschen dazu beitragen, dass die Reihe doch irgendwann noch fortgesetzt wird.
via Filmtagebuch
26 Sep
Originaltitel: Musashino fujin (1951) von Kenji Mizoguchi
Michiko (Kinuyo Tanaka) und ihr Mann Akiyama (Masayuki Mori) fliehen aus dem zerstörten Tokyo zu Michikos Eltern, die ein Anwesen im ländlichen Vorort Musashino besitzen. Schon kurz nach ihrer Ankunft stirbt Michikos Mutter, und bald darauf auch ihr Vater, dem sie vor seinem Tod noch das Versprechen gibt, die Ehre der altehrwürdigen Familie hochzuhalten. Doch ihre Ehe mit Akiyama ist zerrüttet, ebenso wie die ihres Vetters und Nachbarn Eiji mit der intriganten Tomiko.
Als nach Kriegsende Michikos jüngerer Cousin Tsutomu (Akihiko Katayama) aus der Kriegsgefangenschaft nach Musashino zurückkehrt und bald nicht nur für die schöne Landschaft Musashinos sondern auch für Michiko schwärmt, entsteht für sie ein moralisches Dilemma: Sie erwidert zwar seine Gefühle und verurteilt das Verhalten ihres Mannes, der mehr oder weniger offen auf der Suche nach Affären ist. Dennoch schwört sie sich, ihre moralischen Verpflichtungen zu respektieren und ihrem Ehemann loyal und treu zu bleiben.
Als Eiji Michiko darum bittet, ihm mittels einer Hypothek auf den Familienbesitz aus einer finanziellen Krise zu helfen, spitzt sich die Situation allerdings schlagartig zu: Akiyama droht mit Scheidung, entwendet Besitzurkunden und macht sich mit Tomiko nach Tokyo auf. Völlig verzweifelt fasst Michiko den Entschluss, sich das Leben zu nehmen. Erst an ihrem Sterbebett bereut Akiyama sein Verhalten, und Tsutomu sieht ein, dass er einem utopischen Idealbild einer untergegangenen Epoche nachträumte.
Mit seinem Stamm-Drehbuchautoren Yoshikata Yoda verfilmte Kenji Mizoguchi aufbauend auf einem Roman von Shohei Ôka die tragische Geschichte einer Frau, die in mehreren Konflikten gefangen ist, aus denen es in ihrem moralischen Weltbild keinen Ausweg gibt. Gleichzeitig wird die Auflösung dieser Moralvorstellungen und die Modernisierung der japanischen Gesellschaft nach dem Krieg thematisiert.
Mizoguchi stellt besonders bei der Inszenierung des Idylls Musashino sein ganzes Können unter Beweis: Wunderschön komponierte Bilder und lange Kamerafahrten durch Wälder, entlang von Bächen und Feldwegen bringen die Ruhe, Unschuld und Harmonie zum Ausdruck, für die Michiko und ihre Weltanschauung stehen. Das ländliche Musashino wird dabei zum Symbol für hehre, traditionelle Normen und das moderne Tokyo für die Unterordnung dieser Moral unter die hemmungslose Selbstverwirklichung des Individuums.
Zwar wird Michiko teilweise schon fast wie eine Heilige dargestellt. Andererseits erweist sich das Idyll Musashino am Ende des Films aber als Trugbild und die letzte Kameraeinstellung, ein Schwenk über das prosperierende, moderne Tokyo, entlässt den Zuschauer mit einer durchweg positiven Stimmung (siehe Screenshot oben). Das zeigt, dass Mizoguchi die Modernisierung nicht grundsätzlich ablehnt. Ihm geht es darum, die sich aus den im Umbruch befindenden Moralvorstellungen ergebenden Konflikte als solche zu thematisieren sowie die Konsequenzen für die Menschen, die sich in dieser Umbruchsituation zurechtfinden müssen.
Vor allem das Dreieck aus Michiko, Tsutomu und Akiyama symbolisiert das Ringen mit dieser Umbruchsituation. Der Literaturprofessor Akiyama gefällt sich in der Rolle des intellektuellen Provokateurs und produziert sich vor seinen jungen Student(innen) mit Theorien zur befreienden Wirkung des Ehebruchs. Tsutomu greift diesen Gedanken nur zu gerne auf, beisst dabei aber bei Michiko auf Granit. Seine Bemerkung, Liebe sei Freiheit und Freiheit gebe Kraft, kontert sie mit den Worten „Kraft erwächst immer aus Moral“. So ist Tsutomu hin- und hergerissen zwischen diesen beiden Symbolfiguren und sucht mal das schnelle Vergnügen und den schnellen Sex in Tokyo und mal die reine, wahre Liebe in Musashino.
Diese Konflikte sind aber stellenweise doch sehr an den sozialen und historischen Kontext gebunden. So ist es aus heutiger Sicht trotz Kinuyo Tanakas Präsenz nicht einfach, sich mit Michiko zu identifizieren, die zwischen der auf traditionellen Vorstellungen von Ehre und Moral basierenden Loyalität zu ihrem Mann auf der einen und ihren Gefühlen auf der anderen Seite hin- und hergerissenen ist. Zudem wirkt die etwas hölzerne Darstellung des Tsutomu durch Akihiko Katayama phasenweise wenig glaubwürdig und authentisch. Großartig ist dagegen Masayuki Mori als große Reden schwingender Möchtegern-Ehebrecher, der sich letztlich doch immer an irgendeinem Rockzipfel festhalten will.
Interessanterweise gibt Die Dame von Musashino in vieler Hinsicht so etwas wie ein zeitgenössisches Spiegelbild zum drei Jahre später entstandenen Eine Erzählung nach Chikamatsu ab, unter umgekehrten Vorzeichen: Beide befassen sich mit einer Frau, die zwischen der Loyalität zu Mann und Familie und ihren wahren Gefühlen entscheiden muss. Während der eine allerdings in der Gegenwart spielt und eine Frau zeigt, die sich an ihrem inneren Konflikt zerreibt, spielt der andere in der feudalen Vergangenheit und hat eine Heldin, die in diesem Konflikt klar Position bezieht und sich gegen traditionelle Erwartungen zur Wehr setzt.
Die Dame von Musashino kann nicht mit solch herausragenden Meisterwerken Mizoguchis wie Ugetsu oder Das Leben der Frau Oharu mithalten. Neben zahlreichen seiner anderen Filmen, in denen starke Frauen versuchen, sich gegen sozialen Druck zu behaupten, wirkt er zudem vergleichsweise konservativ. Dennoch ist er ein berührender Film über eine aufrechte, tragische Heldin, die in der damaligen Zeit das Dilemma vieler japanischer Ehefrauen versinnbildlicht haben dürfte.
[Dies ist die erweiterte und überarbeitete Fassung eines ursprünglich am 9. Oktober 2006 veröffentlichten Artikels.]
Während Hirokazu Kore-eda in diesen Tagen mit den Dreharbeiten zu seinem neuen Film Kiseki beginnt, in dem es um zwei Brüder geht, die ihre geschiedenen Eltern wieder zusammen bringen wollen, gibt es Neuigkeiten über seinen vorletzten Film Still Walking.
Der kommt nämlich am 18. November in die deutschen Kinos! Hinter dem Kinostart steht das Freiburger Independent-Label Kool, das bereits den Oscar-Gewinner Departures nach Deutschland geholt und das scheinbar dazu gelernt hat und den etablierten, internationalen Titel des Films dieses Mal beibehält, anstatt ihn durch einen deutschen Titel ohne jeglichen Bezug zum Original zu ersetzen.
Diese Nachricht freut mich ungemein! Still Walking war letztes Jahr auf der Nippon Connection mein Favorit und die UK-DVD steht bereits seit einer Weile in meinem Regal. Aber um in Familie und Freundeskreis für den Film werben zu können, braucht es einfach eine deutsche Ausgabe mit deutschen Untertiteln. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass der Film möglichst viele Menschen in den Kinos erreicht und anschließend eine würdige DVD bekommt!
via Kinozeit
19 Sep
Original: Kanzashi (1941) von Hiroshi Shimizu
Der Soldat Nanmura (Chishu Ryu) verbringt seinen Sommerurlaub in einem Gasthaus in den Bergen. Eines Tages tritt er beim Baden in eine Haarnadel und verletzt sich, so dass er seinen Aufenthalt verlängern muss. Als die bereits abgereiste Besitzerin der Haarnadel, die Geisha Emi (Kinuyo Tanaka), von dem Unglück erfährt, kehrt sie umgehend zurück. Dabei ahnt sie genauso wenig wie Nanmura, dass dessen Zimmernachbarn bereits einen Plan aushecken, um die beiden zu verkuppeln.
Während Emi Nanmura bei seinen Laufübungen hilft, freunden sich die beiden schnell an und so entsteht um die beiden und einige weitere Gäste, besonders zwei kleine Jungs, eine Art Familiengefühl. Das und die idyllische Landschaft lassen Emi fast ihr tristes, in Abhängigkeit von einem Patron geführtes Leben in Tokyo vergessen und den Wunsch in ihr reifen, dieses Leben hinter sich zu lassen. Doch Nanmuras Heilung kommt gut voran und der Sommer nähert sich unweigerlich seinem Ende…
Über weite Strecken ist Ornamental Hairpin eine ziemlich seichte, wenn auch sympathische Komödie mit einigen recht stereotypen Figuren. So etwa der grantige Professor, der anfangs ständig am nörgeln ist und jeden mit seinen eloquent vorgetragenen Meinungen einschüchtert, aber eigentlich ein gutes Herz hat. Oder das Paar, bei dem der Mann sich kaum traut, etwas zu sagen, ohne seine Frau zu fragen. Die Gäste beharken sich gegenseitig, nur um sich gleich wieder zu vertragen. Dazwischen eingestreut sind ein paar running gags, wie die ständig ausgebuchten Masseure.
Die spannendste und zentrale Figur ist ganz ohne Zweifel Emi. Das verdeutlicht schon die Eingangsszene, in der sie uns auf dem Weg zum Gasthaus vorgestellt wird. Die Szene besteht fast ausschließlich aus einer Art walk and talk-Sequenz, in der sie und eine Freundin sich frontal auf die zurückweichende Kamera zu bewegen (siehe Screenshot oben). Danach tritt Emi für einige Zeit in den Hintergrund, aber nach ihrer Rückkehr dreht sich der Film in seiner zweiten Hälfte mehr und mehr um ihre verzwickte Situation, die dem Film am Ende ihren Stempel aufprägt.
Als zentrales Motiv nutzt Shimizu dabei genialerweise die Laufübungen des verletzten Nanmura, die dieser angetrieben von zwei kleinen Jungs als Wettbewerbe aufzieht. Schnell lässt sich auch Emi von der Begeisterung der Jungs anstecken, so dass die Übungen zunächst ein wesentliches Vehikel für die zart angedeutete romantischen Gefühle zwischen den beiden abgeben. Als Nanmura bei einer dieser Übungen von einem Steg fällt, trägt Emi ihn sogar zurück ans Ufer, eine recht intime Geste in der damaligen japanischen Gesellschaft. Überhaupt bleiben Emotionen zwischen den beiden immer unausgesprochen und beschränken sich auf Gesten und Blicke.
Die heitere Stimmung kippt plötzlich bei Nanmuras letzter Übung, einer Treppe, deren erfolgreiches Erklimmen bedeutet, dass er gesund genug ist, um nach Tokyo zurückzukehren. Schlagartig wird Emi bewusst, dass die schönen Wochen vorüber sind, das Urlaubs- und Familienidyll nichts als eine kurze, romantische Illusion war und sie jetzt wieder von ihrem alten Leben und den überfälligen, schweren Entscheidungen eingeholt wird. In den letzten Szenen des Films sehen wir Emi, nach der Abreise der anderen Gäste allein zurückgeblieben, durch den nun herbstlichen Wald die Treppe hinaufgehen.
Diese tragische Wendung in den letzten Minuten des Films wandelt dessen gesamten Charakter. Sie nimmt zugleich Bezug auf eine Episode vom Anfang des Films, als der Professor Nanmura „romantische Illusionen“ über die – zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte – Besitzerin der Haarnadel unterstellt und sich sorgt, was das Platzen dieser Illusion für den verletzten Soldaten bedeuten könnte. Am Ende ist es dann jedoch Emi, die jäh aus ihrer Illusion gerissen wird und nun niemanden mehr hat, der ihr beisteht. Dieses Finale wirkt umso stärker, weil es in solch krassem Gegensatz zu den belanglosen Scherzen und familiären Kabbeleien steht, die den Film die meiste Zeit über prägten.
Damit lässt sich der Film auch als Kommentar auf die damalige Situation der Filmemacher in Japan interpretieren, die sich einer zunehmend strengen Zensur unterwerfen mussten. Filme wurden genau geprüft und durften nur realisiert und gezeigt werden, wenn sie eine positive Stimmung förderten und zum Bild des Zusammenhalts und der Kraft des japanischen Volkes beitrugen. Das führte natürlich dazu, dass viele flache, beschönigende und eskapistische Komödien in die Kinos kamen, wie Ornamental Hairpin es über weite Strecken auch eine ist. Nur, dass Shimizu in den letzten Minuten des Films diese Illusion auf geniale Weise platzen lässt.
Mich hat dieser Film sehr beeindruckt. Kinuyo Tanaka ist großartig und harmoniert exzellent mit dem im Vergleich dazu etwas eindimensional angelegten Chishu Ryu. Ich halte Ornamental Hairpin, der einer der letzten Filme Shimizus vor Kriegsende war, angesichts der Vorgaben der Zensoren und wie er mit diesen spielt, für einen kleinen Geniestreich.
14 Sep
Kinuyo Tanaka, geboren am 28. November 1910, war fast ein halbes Jahrhundert lang eine der wichtigsten, beeindruckendsten Schauspielerinnen Japans. Zudem gelang ihr als erster Frau in der japanischen Filmgeschichte der Wechsel hinter die Kamera auf den Regiestuhl.
Als sie im Alter von 14 Jahren erstmals in einem Kinofilm auftrat, erholte sich die Filmindustrie gerade vom großen Kanto-Erdbeben. Junge, experimentierfreude und aufstrebende Regisseure drängten ins Rampenlicht, so etwa Hiroshi Shimizu, selbst gerade mal 21 Jahre alt, in dessen Mura no bokujo sie ihr Debut gab. In den folgenden Jahren spielte sie in zahlreichen Filmen von Heinosuke Gosho und ab 1929 auch in den Komödien des jungen Yasujiro Ozu. In den 30ern war sie dann nicht mehr aus der Filmwelt wegzudenken, drehte jedes Jahr mehrere Filme und arbeitete praktisch mit allen namhaften Regisseuren zusammen. Leider sind von diesen Vorkriegsfilmen viele nicht mehr erhalten, es scheint aber, als ob sie in dieser Phase ihrer Karriere dem Publikum vor allem in komödiantischen und romantischen Rollen vertraut war.
Das begann sich nach dem Krieg zu ändern, angetrieben nicht zuletzt durch die Hauptrollen in Kenji Mizoguchis frühen Nachkriegswerken Utamaro und seine fünf Frauen sowie Die Liebe der Schauspielerin Sumako. Besonders in der Rolle der Sumako Matsui, eine der allerersten Theaterschauspielerinnen Japans, konnte Tanaka die ganze Bandbreite ihres darstellerischen Talents ausleben und machte den letzten Schritt zu den großen tragischen (Mutter-)Rollen, für die sie heute hauptsächlich bekannt ist: Sansho the Bailiff, The Munekata Sisters, Das Leben der Frau Oharu, Die Mutter, The Woman in the rumours, Ugetsu, Die Ballade von Narayama und viele andere unvergessliche Klassiker mehr wären ohne ihre Präsenz nur schwer vorstellbar.
1953 schlug sie dann noch ein weiteres Kapitel neben ihrer bemerkenswerten Karriere als Schauspielerin, in der sie in etwa 250 Filmen mitwirkte, auf. Als erste Japanerin überhaupt führte sie Regie, und zwar in Love Letter, einer als romantisches Melodrama verkleideten Auseinandersetzung mit den schwierigen Lebensumständen von Frauen in der Nachkriegswelt. Auch ihre nachfolgenden fünf weiteren Regiearbeiten hatten einen unübersehbaren feministischen Anklang, ohne aber direkt provozierend zu sein. Mitte der 1960er Jahre klang ihre Karriere dann aus, ihr letzter Auftritt war 1976 eine kleine Rolle in Yasuzo Masumuras Lullaby of the earth. Kinuyo Tanaka starb am 21. März 1977 im Alter von 66 Jahren.
Eine kleine Auswahl ihrer Filme:
1924 – Mura no bokujo
1926 – Machi no hitobito
1929 – I graduated but…
1931 – ABC Lifeline
1934 – Woman of that night
1941 – Ornamental Hairpin
1946 – Utamaro und seine fünf Frauen
1947 – Die Liebe der Schauspielerin Sumako
1948 – A hen in the wind
1949 – My love has been burning
1950 – The Munekata sisters
1952 – Die Mutter
1952 – Das Leben der Frau Oharu
1953 – Ugetsu
1953 – Love Letter (Regie)
1954 – The woman in the rumours
1954 – Sansho the Bailiff
1956 – Flowing
1958 – Die Ballade von Narayama
1958 – Equinox Flower
1961 – Girls of the night (Regie)
1962 – Ogin sama (Regie)
1963 – Alone on the Pacific
1974 – Sandakan 8
1976 – Lullaby of the earth
Mehr als zwei Jahre nach dem japanischen Kinopublikum bekommen wir diese Woche endlich auch die Gelegenheit, das neueste Werk von Hayao Miyazaki auf der großen Leinwand bestaunen zu können! Ab Donnerstag, dem 16.09., läuft Ponyo in den deutschen Kinos, hier bei mir in Hamburg jedoch leider nur nachmittags im Kinderprogramm, so dass ich mich bis zum Wochenende gedulden muss. Alles in allem aber doch ein Happyend, denn fast 2 Jahre lang wurde über das Schicksal des Films spekuliert und phasenweise sah es schon fast so aus, als würde der Film nie in die Kinos kommen, was auch zum meistkommentierten Artikel hier im Blog geführt hat.
Jetzt heisst es: Ab in die Kinos, so zahlreich wie möglich! Als allererstes am besten Freunde und Familie ansprechen, die Kinder haben. Denen dürfte der Film am leichtesten zu vermitteln sein. Je mehr Leute ins Kino gehen, um so geringer die Wahrscheinlichkeit, dass wir beim nächsten Mal wieder so ein Hickhack miterleben müssen. Als kleine Motivationshilfe hier der Trailer für diesen wunderbaren Film: