14 Sep
Kinuyo Tanaka, geboren am 28. November 1910, war fast ein halbes Jahrhundert lang eine der wichtigsten, beeindruckendsten Schauspielerinnen Japans. Zudem gelang ihr als erster Frau in der japanischen Filmgeschichte der Wechsel hinter die Kamera auf den Regiestuhl.
Als sie im Alter von 14 Jahren erstmals in einem Kinofilm auftrat, erholte sich die Filmindustrie gerade vom großen Kanto-Erdbeben. Junge, experimentierfreude und aufstrebende Regisseure drängten ins Rampenlicht, so etwa Hiroshi Shimizu, selbst gerade mal 21 Jahre alt, in dessen Mura no bokujo sie ihr Debut gab. In den folgenden Jahren spielte sie in zahlreichen Filmen von Heinosuke Gosho und ab 1929 auch in den Komödien des jungen Yasujiro Ozu. In den 30ern war sie dann nicht mehr aus der Filmwelt wegzudenken, drehte jedes Jahr mehrere Filme und arbeitete praktisch mit allen namhaften Regisseuren zusammen. Leider sind von diesen Vorkriegsfilmen viele nicht mehr erhalten, es scheint aber, als ob sie in dieser Phase ihrer Karriere dem Publikum vor allem in komödiantischen und romantischen Rollen vertraut war.
Das begann sich nach dem Krieg zu ändern, angetrieben nicht zuletzt durch die Hauptrollen in Kenji Mizoguchis frühen Nachkriegswerken Utamaro und seine fünf Frauen sowie Die Liebe der Schauspielerin Sumako. Besonders in der Rolle der Sumako Matsui, eine der allerersten Theaterschauspielerinnen Japans, konnte Tanaka die ganze Bandbreite ihres darstellerischen Talents ausleben und machte den letzten Schritt zu den großen tragischen (Mutter-)Rollen, für die sie heute hauptsächlich bekannt ist: Sansho the Bailiff, The Munekata Sisters, Das Leben der Frau Oharu, Die Mutter, The Woman in the rumours, Ugetsu, Die Ballade von Narayama und viele andere unvergessliche Klassiker mehr wären ohne ihre Präsenz nur schwer vorstellbar.
1953 schlug sie dann noch ein weiteres Kapitel neben ihrer bemerkenswerten Karriere als Schauspielerin, in der sie in etwa 250 Filmen mitwirkte, auf. Als erste Japanerin überhaupt führte sie Regie, und zwar in Love Letter, einer als romantisches Melodrama verkleideten Auseinandersetzung mit den schwierigen Lebensumständen von Frauen in der Nachkriegswelt. Auch ihre nachfolgenden fünf weiteren Regiearbeiten hatten einen unübersehbaren feministischen Anklang, ohne aber direkt provozierend zu sein. Mitte der 1960er Jahre klang ihre Karriere dann aus, ihr letzter Auftritt war 1976 eine kleine Rolle in Yasuzo Masumuras Lullaby of the earth. Kinuyo Tanaka starb am 21. März 1977 im Alter von 66 Jahren.
Eine kleine Auswahl ihrer Filme:
1924 – Mura no bokujo
1926 – Machi no hitobito
1929 – I graduated but…
1931 – ABC Lifeline
1934 – Woman of that night
1941 – Ornamental Hairpin
1946 – Utamaro und seine fünf Frauen
1947 – Die Liebe der Schauspielerin Sumako
1948 – A hen in the wind
1949 – My love has been burning
1950 – The Munekata sisters
1952 – Die Mutter
1952 – Das Leben der Frau Oharu
1953 – Ugetsu
1953 – Love Letter (Regie)
1954 – The woman in the rumours
1954 – Sansho the Bailiff
1956 – Flowing
1958 – Die Ballade von Narayama
1958 – Equinox Flower
1961 – Girls of the night (Regie)
1962 – Ogin sama (Regie)
1963 – Alone on the Pacific
1974 – Sandakan 8
1976 – Lullaby of the earth
3 Kommentare for "Kinuyo Tanaka"
Moin!
Wir haben uns ja hier schon mal über Kinuyo Tanaka unterhalten:
http://www.japankino.de/2009/the-woman-in-the-rumour/#comments
Da hab ich doch tatsächlich behauptet, dass Tanaka in „Utamaro und seine fünf Frauen“ nicht mitspielt, dabei tut sie es doch. Wahrscheinlich hatte ich es vergessen, weil sie sich in diesem Ensemblefilm problemlos einfügt, statt hervorzustechen wie sonst. Jedenfalls scheint sie keine Starallüren gehabt zu haben. Mut zur Hässlichkeit besaß sie auch. In „Die Ballade von Narayama“ spielte sie mit 47 die greise Großmutter, und am Schluss von „Sansho Dayu“ die inzwischen alte und verstümmelte Mutter.
Der nächste Film mit ihr, den ich mir anschaue, ist „Die Flammen meiner Liebe“ – die Scheibe ist gerade auf dem Weg zu mir. :-Þ
[…] Kriegsende stürzt Fusakos (Kinuyo Tanaka) Welt nach dem Tod ihres Mannes und ihres schwer kranken Kindes in sich zusammen. Einige Zeit […]
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