Vor einigen Wochen hatte ich erstmals davon berichtet, dass die Japan Foundation in Zusammenarbeit mit mehreren Kinos und Filmmuseen aus ganz Deutschland aus Anlass der 150jährigen Deutsch-Japanischen Freundschaft die umfassendste Kurosawa-Retrospektive plant, die wir hierzulande je hatten. Inzwischen habe ich den kompletten Spielplan für alle Filme und alle Spielstätten und will euch den natürlich nicht vorenthalten!
Die Retrospektive startet in Köln am 1. September und wird dort in den Räumen des Japanischen Kulturinstituts gezeigt. In Berlin geht es am 5. September los, dort ist das Kino Arsenal der Spielort. Das Münchener Filmmuseum startet dann am 9. September, am 13. September folgt das Filmmuseum Düsseldorf. Eine Auswahl der Filme zeigt das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt ab dem 2. November, ebenso das Filmhaus Nürnberg ab dem 18. November und das Metropolis Kino in Hamburg ab dem 4. Dezember.
Achtung, der Spielplan enthält nur Filme, bei denen Kurosawa selbst Regie führte! Das Filmmuseum München beispielsweise zeigt noch 4 weitere Filme, die auf Kurosawas Drehbüchern basierten, nämlich Runaway Train, Dora-Heita, After the Rain, The Sea is coming sowie A.K., Chris Markers Dokumentation der Dreharbeiten zu Ran.
28 Aug
Da sollte wirklich für jeden was dabei sein 🙂
Seit sechs Wochen läuft der neueste Ghibli, Kokuriko zaka-kara, entstanden unter der Regie von Goro Miyazaki, nun in den japanischen Kinos. Die ersten Reviews, die ich gelesen habe, bescheinigten dem Sohn des großen Hayao Miyazaki einen deutlichen künstlerischen Fortschritt gegenüber Gedosenki und sahen den Film als sehr gelungen an. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
„Nur“ 44 Mio Dollar hat Kokuriko zaka-kara in sechs Wochen eingespielt und liegt damit hinter dem gleichzeitig gestarteten neuen Pokemon-Film. Für einen Ghibli-Film eine mittlere Katastrophe! Zum Vergleich: Arrietty – Die wundersame Welt der Borger hatte nach vier Wochen bereits 74 Mio Dollar eingespielt und war mit einem Gesamtergebnis von 110 Mio Dollar der dritterfolgreichste Film des Jahres 2010. Angesichts der aktuellen Zahlen wird Goro Miyazakis zweite Regiearbeit wohl weit hinter dem Einspielergebnis von Arrietty zurückbleiben und könnte sogar die Marke von Gedosenki verpassen, der 2006 auf 65 Mio gekommen war.
Obwohl Goro mit Kokuriko sowohl ästhetisch wie inhaltlich in den Fußstapfen des Vaters getreten ist, wirft der ausbleibende kommerzielle Erfolg (gerade im Vergleich zum Newcomer Yonebayashi) wieder die Frage nach der Zukunft des Studio Ghibli auf – werden Vater Miyazaki und Präsident Toshio Suzuki die Zukunft „ihres“ Studios wirklich in Goros Hände legen wollen, der weiterhin den Nerv des Publikums nicht zu treffen scheint? Die Frage wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen!
Die gewalttätigen Plünderungen und Krawalle in London, die mehrere Todesopfer forderten, sind für uns scheinbar weit weg. Doch sind sie zugleich auch eine Lektion, wie engmaschig verwoben diese globalisierte Welt inzwischen ist. Denn wer in diesen Wochen eine DVD aus UK bestellen möchte, könnte Pech haben: Das wichtigste Lager für kleine und mittlere Labels in UK, das Sony Warehouse in Enfield, ist bei den Krawallen niedergebrannt und mit ihm die gesamten Bestände von für uns Cineasten so vertrauten Namen wie BFI, Arrow Films, Eureka oder Third Window Films (außerdem scheinen auch einige Musik-Labels betroffen zu sein).
Bei Amazon UK macht sich das bemerkbar: Einige Titel von Third Window Films oder die „Late Mizoguchi“-Box von Eureka sind mit Lieferfristen von 1-2 Monaten versehen, bei manchen der Ozu-Blurays vom BFI finden sich Hinweise wie „Only 8 left in stock – order soon“. Wer sich also mit Ozu-BDs eindecken möchte, sollte besser schnell noch zugreifen! Es könnten Monate vergehen, bis sich die nächste Kaufmöglichkeit ergibt. In einem Tweet gab etwa Eureka an, dass es 3-4 Monate dauern wird, um die Bestände wieder komplett aufzubauen.
Third Window Films scheint es besonders hart getroffen zu haben, sie unterrichteten vor einigen Tagen ihre Fans ausführliche in einem Newsletter über die Situation. Auch wenn der Newsletter das nicht so deutlich sagt: Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass der Verlust des Sony-Lagerhauses für das sympathische, aufstrebende Label eine echte Katastrophe zu sein scheint. Fast 20.000 Einheiten sind verloren, die gesamten Bestände des auf japanische und koreanische Filme spezialisierten Indie-Labels. Ein Teil davon war zwar versichert, dennoch entstehen heftige Kosten und das zu einer Zeit, in der keine oder nur wenig Umsätze hereinkommen. Weil die Firma so klein ist, entwickelt sich nun ein Teufelskreis:
This other major problem is that with this affecting so many companies, and right leading to the main Q4 campaigns, all other companies that are larger (we are one of the smallest in the UK) will have priority in having their titles replicated and put back into circulation. We should get a couple of our larger titles such as Confessions back into circulation quickly, but it may take a couple months before our catalogue titles get back into circulation, and with no units available for sale anywhere (Amazon is nearly sold out of all films across our whole catalogue) we will lose a massive chunk of our earnings over the next few months. Unfortunately as such a small company we don’t have business interruption insurance which covers companies in the event of such situations. Ironically the larger companies have such insurance and yet their stock will be replicated first despite the fact they’re covered for the eventual losses, so this will really hit the smaller companies the hardest (as is usually the case).
Angesichts der großartigen Arbeit, die das erst 2005 gegründete Label leistet und der wunderbaren Filme die es ins Programm genommen hat, wäre es wirklich ein Jammer, wenn dieser Schicksalsschlag das Ende wäre. Für den Moment aber hält das Label an seinen geplanten Veröffentlichungen für den Rest des Jahres fest: Sawako Decides mit Hikari Mitsushima in der Hauptrolle und Quirky Guys and Gals sollen am 3. Oktober erscheinen, im November dann Underwater Love von Shinji Imaoka.
Eine Bitte haben die Jungs und Mädels dann noch:
What we ask of you, our fans, is to get the word out about us and other small niche labels like Terracotta Distribution, Arrow Films, Network, etc and get people interested in supporting independent cinema through these hard times. We don’t have any new stock to send to stores, but there are still a few copies of our films on places like Amazon, Play.com and in high-street stores such as HMV and Fopp, so if there was a title you were thinking about picking up, please go out and buy it now so that we can convince stores that ours are worth restocking sooner rather than later.
Also greift zu! Ich habe meinen Beitrag hiermit geleistet, jetzt drücke ich die Daumen in der Hoffnung auf noch viele tolle Filme 🙂
21 Aug
Original: Koruto wa ore no pasupooto (1967) von Takashi Nomura
Der Auftragskiller Kamimura (Jō Shishido) soll einen Yakuza-Boss töten, der etwas zu forsch auf das Territorium einer rivalisierenden Bande vordringt. Zusammen mit seinem Partner erledigt Kamimura den Job und will sich ins Ausland absetzen, doch am Flughafen werden die beiden abgefangen. Nach einer halsbrecherischen Befreiungsaktion verwischen sie ihre Spuren und finden in einem Fernfahrer-Motel vorübergehend Unterschlupf.
Inzwischen hat sich der Sohn des erschossenen Yakuza-Boss mit den ehemaligen Rivalen verbündet und plant mit diesen zusammen seine Rache an Kamimura. Der bekommt jedoch unerwartete Hilfe von Mina (Chitose Kobayashi), der Kellnerin des Motels, die selbst noch eine Rechnung mit den Yakuza offen hat. Als Kamimuras Partner vom Mob gefangen genommen wird, lässt sich der eiskalte Killer auf einen Deal ein und stellt sich allein den Mafia-Banden.
Dass wir es hier mit einem wilden Genre-Mix zu tun haben, das wird gleich in den ersten Sekunden klar: Die eröffnende Titelsequenz ist nämlich mit einer typischen Westernmusik unterlegt, Mundharmonika inklusive. Die Handlung spielt denn zwar in der Gangsterwelt der Yakuza, greift aber reihenweise klassische Western-Motive auf, bis hin zum finalen, staubumtosten Shootout, der durchaus auch von Sergio Leone sein könnte.
Neben diesen verschiedenen Genre-Einflüssen haben die Macher auch reichlich auf Elemente des Film noir zurück gegriffen und düstere, in ausweglosen Situationen gefangene Charaktere geschaffen, deren Schicksal auch am Ende des Films unklar bleibt. Kamimura schwankt zwischen einer tiefen Abneigung für diese Welt, die einen seelenlosen Killer wie ihn hervorgebracht hat, und einer fast rührenden Sorge um seinen Partner, die sich im Lauf des Films auch auf Mina überträgt. Er ist schweigsam, in sich gekehrt und grüblerisch. Genau einmal kann er sich so etwas ähnliches wie ein Lächeln abringen – eine Paraderolle für Jō Shishido!
Gleich in zweifacher Hinsicht eine Gefangene ist die Kellnerin Mina. Nicht nur, dass sie die permanenten Belästigungen durch Fernfahrer, Yakuza und anderes Gesindel in dem Motel anwidern, sie aber nie den Mut (und den richtigen Mann) fand, um aus dieser Existenz auszubrechen. Obendrein ist sie auch noch in ihrer Vergangenheit gefangen – eine ominöse Liebschaft, ein eifersüchtiger Gangster – die immer wieder einen Schatten über sie wirft.
Die Handlung von A Colt is my Passport vollzieht den einen oder anderen Sprung, so dass ihr nicht immer ganz einfach zu folgen ist. Dafür sind die herrlichen schwarz-weiß Bilder in all ihrer Coolness und Kontraststärke einfach fantastisch anzuschauen, von den Actionszenen über die Großaufnahmen bis hin zum Showdown – und auch die ruhigen Momente bieten einige Kompositionen zum Zungeschnalzen, siehe beispielsweise den folgenden Screenshot von Kamimura bei der Arbeit.
Regisseur Nomura hat keine große Karriere vorzuweisen, nur ein Dutzend Filme werden ihm zugeordnet. A Colt is my Passport war erst sein drittes Werk und hätte eigentlich eine erfolgreiche Karriere erwarten lassen, denn dieser Film hat so ziemlich alles, was nicht nur alles zu bieten, was einen richtig guten Gangster-Flick ausmacht. Auch die experimentelleren Verbindungen verschiedener Genres funktionieren ausgezeichnet und gerade die Musik von Harumi Ibe trägt stark zu der dichten Stimmung bei. Rundum empfehlenswert!
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich illegale Download-Seiten als Teufelszeug verdammt – woraufhin sich eine der interessantesten Diskussionen, an die ich mich hier auf dem Blog erinnern kann, entwickelte. Seitdem ist einiges passiert, allen voran die Abschaltung von kino.to durch die Kriminalpolizei und die Verhaftung der Hintermänner, was dem Thema eine bis dahin nie gekannte Aufmerksamkeit in den Medien verschaffte und zu langen und hitzigen Debatten in Blogs und Foren führte. Wie nicht anders zu erwarten war, verteilte sich der Traffic vom ehemaligen „Marktführer“ recht schnell auf Alternativen sowie schnell empor geschossene Nachahmer.
Weiteres Öl ins Feuer der Netzdebatten war die Nachricht, dass eine von der GfK bereits vor längerem angefertigte Studie gezeigt hätte, dass Nutzer illegaler Download-Seiten häufiger ins Kino gingen und mehr Geld für DVDs ausgäben als der Durchschnittsverbraucher. Das wurde von manchen als Beleg genommen, dass die Filmindustrie mit unfairen Mitteln versuche, „Konkurrenz“ auszuschalten und es „ja nicht anders verdient“ habe. Besonnenere Stimmen wiesen darauf hin, dass für eine echte, zielführende Debatte die tatsächlichen Ergebnisse der Studie notwendig wären und die gemunkelten Ergebnisse vor allem ein Umdenken im Umgang mit den Nutzern der Seiten veranlassen sollten.
Dem kann ich mich voll und ganz anschließen, und das war ja auch bereits Tenor der eingangs erwähnten Diskussion, die wir hier vor einem Jahr geführt hatten: Jeder von uns Filmfans hat sich auf dunklen Wegen schonmal einen Film/eine Serie besorgt, an die wir sonst nicht rangekommen wären. Und oft kam es dann in der Folge auch zum Kauf eines Produkts. Diesen Aspekt will ich gar nicht abstreiten, und doch lässt sich die Studie nicht als Rechtfertigung illegaler Downloads oder Streams mit dem Argument „letztlich sind illegale Downloads ja eine Art Marketing“ heranziehen. Denn die Studie vergleicht offenbar Äpfel mit Birnen, sprich: Das Kaufverhalten von Nutzern illegaler Filmseiten mit dem Kaufverhalten der Durchschnittsbürger. Was wir statt dessen bräuchten wäre eine Studie, die Filmfans in zwei Gruppen aufteilt (nämlich solche, die illegal Filme gucken und solche, die das nicht machen) und dann deren jeweilige Ausgaben für Kino und DVDs vergleicht. Ich vermute, dass dieses Ergebnis ganz anders aussehen würde.
Und was hat sich seit letztem Jahr beim Thema legale Streaming-Dienste getan? Hierzulande leider wenig erbauliches, denn im März hat das Bundeskartellamt eine von RTL und ProSiebenSat1 geplante gemeinsame Online-Videoplattform wegen kartellrechtlicher Bedenken untersagt. Nicht, dass ich als Liebhaber japanischer Filme mir von einer solchen Initiative allzuviel versprochen hätte, aber es wäre immerhin ein Anfang gewesen. Da auch Hulu und Netflix keine Expansionspläne in Richtung Europa zu haben scheinen, ruht meine ganze Hoffnung nun auf Voddler.
Die in Schweden gestartete Video-Plattform hat inzwischen in sämtliche skandinavischen Länder und seit kurzem auch nach Spanien expandiert, arbeitet mit 30 Labels zusammen und führt mehr als 4000 Filme in ihrem Archiv, wovon 80% komplett kostenlos verfügbar sein sollen. Bei einer Stichproben-Suche habe ich mehrere Filme von Takeshi Kitano und Takashi Miike gefunden, aber keinen einzigen Kurosawa (weder Akira noch Kiyoshi) – da ist also noch viel Raum für Verbesserung. Trotzdem scheint mir dies auf mittelfristige Sicht das aussichtsreichste Projekt zu sein und ich hoffe inständig, dass Rechteinhaber und Gruppen wie die GEMA den Schweden keine allzu große Knüppel bei der Erschließung des deutschen Marktes zwischen die Beine werfen. Ich glaube nämlich auch, dass sich illegale Dienste mit einem qualitativ hochwertigen und quantitativ gut bestückten legalen Angebot am erfolgreichsten zurückdrängen ließen. Und das sollte ja letztlich gerade auch im Interesse der Rechteinhaber sein.
6 Aug
Original: Gojira (1954) von Ishiro Honda
Als mehrere Schiffe auf mysteriöse Weise sinken und dann auch noch die Bewohner der kleinen Insel Odo von merkwürdigen Vorkommnissen während eines Taifuns und dem legendären Monster Gojira berichten, wird eine Kommission mit der Untersuchung beauftragt. Geleitet vom Paläontologen Yamane (Takashi Shimura) besuchen die Wissenschaftler die Insel Odo, wo sie Zeuge eines Angriffs von Gojira werden. Die auf Odo gefundenen Spuren radioaktiver Verseuchung und längst ausgestorbene Trilobiten bringen Yamane zu dem Schluss, dass Gojira ein Seedinosaurier sein muss, der durch Atombombentests geweckt und in ein radioaktives, aggressives Monster verwandelt wurde.
Natürlich bleibt Gojira nicht auf dem kleinen Inselchen Odo, sondern taucht bald in Tokyo auf: Weder ein eilig errichteter Hochspannungszaun noch Panzer oder Kampfflugzeuge können ihn davon abhalten, die Stadt in Schutt und Asche zu legen. Nur Yamanes Tochter Emiko (Momoko Kochi) hat eine Idee, wie Gojira gestoppt werden könnte: Ihr Verlobter Serizawa (Akihiko Hirata) hat eine Substanz entwickelt, die jegliches Leben im Wasser vernichtet. Doch aus Sorge, dass seine Entdeckung als Waffe missbraucht werden könnte, hält er sie zurück.
Um die Entstehungsgeschichte von Godzilla ranken sich zahllose Legenden: Über die Entstehung der bahnbrechenden Miniaturmodelle unter Leitung von Eiji Tsuburaya oder die unvorstellbar anstrengende Arbeit mit dem rund 100 kg schweren Latex-Anzug (Haruo Nakajima, der den Anzug trug, verlor bei den Dreharbeiten mehrfach das Bewusstsein und musste von der Crew aus dem Anzug herausgeschält werden).
Kein Wunder angesichts der Pionierarbeit, die Regisseur Honda und sein Team hier leisteten, denn noch nie war ein vergleichbares Projekt von einem japanischen Filmstudio umgesetzt worden. Angeblich stand Toho, das den Film parallel zu Kurosawas Die Sieben Samurai produzierte, wegen des hohen Aufwands für die beiden Großprojekte sogar kurz vor dem Bankrott. Letztlich wurde Godzilla aber zu einem gigantischen Erfolg und hat sich heute zu einer internationalen Ikone der Pop-Kultur entwickelt.
Selbst wenn die Spezialeffekte aus heutiger Sicht kaum den Namen Spezialeffekt verdienen, wohnt den Bildern nach wie vor eine seltsame Faszination inne. Zum einen, weil die dunkel gehaltenen schwarz-weiß Bilder die technischen Mängel der Effekte an vielen Stellen kaschieren. Vielleicht spielt aber auch eine Rolle, dass hier tatsächlich eine Miniaturausgabe von Tokyo, die man anfassen konnte, zertrampelt und in Brand gesetzt wurde, und es sich nicht um virtuelle, nur im Computer existierende Gebäude handelt. Die Silhouette des Monsters vor dem Hintergrund des brennenden, nächtlichen Tokyos übt jedenfalls eine merkwürdige, schaurige Anziehungskraft aus, ähnlich wie die Fotos von atomaren Explosionen €“ Schönheit und Faszination der Zerstörung durch eine außer Kontrolle geratene Kraft.
Bei all den Legenden und der Actionlastigkeit des Films ist der ernste Hintergrund nicht zu übersehen. Gleich die erste Szene, in der das Schiff von Godzilla angegriffen wird, erinnert in der visuellen Gestaltung stark an die Explosion einer Atombombe: Eine Explosion unter Wasser und ein Blitz, der die Matrosen blendet und das Schiff Feuer fangen lässt.
Diese Szene stellte damals für jeden Zuschauer unmissverständlich den Bezug zu Atomtests her, denn Anfang 1954 waren ein japanisches Fischerboot und seine Besatzung bei den Tests der Amerikaner am Bikini-Atoll verstrahlt worden, was einen Aufschrei in der Öffentlichkeit hervorrief.
So ist Godzilla über weite Strecken zwar ein Katastrophen- und Actionfilm, der an entscheidenden Stellen aber immer wieder Atomwaffen verurteilt und anklagt. Das passiert gleich auf mehreren Ebenen: Zunächst dadurch, dass das Monster Godzilla selbst ein Produkt – gewissermaßen die Reinkarnation – der Atombombe ist; dann durch die atomare Verseuchung, die von Godzilla ausgeht und die ihn endgültig zur Verkörperung der Atombombe macht; durch die Angst Serizawas vor einem Missbrauch seiner Entdeckung für militärische Nutzung; und letztlich noch auf einer emotional-symbolischen Ebene, in der ein Chor junger Mädchen die durch Godzilla Getöteten betrauert, stellvertretend für die Toten von Hiroshima und Nagasaki.
Es sind einerseits diese politische Botschaft und andererseits die für einen Katastrophenfilm gut entwickelten und dargestellten Charaktere, die den Original-Godzilla weit aus der Masse seiner recht tumben Nachfolger herausheben und ihn zu einem absolut sehenswerten Klassiker machen.