19 Sep
Überraschend flatterte neulich ein Hinweis auf die internationale Ko-Produktion Snowchild in mein Postfach, aus dem sich ein Interview mit der deutschen Regisseurin Uta Arning ergab. Sie studierte in Aachen, Tokyo und Singapur. Mehrere ihrer Kurzfilme wurden auf internationalen Festivals mit Preisen ausgezeichnet. Ihr Spielfilmdebüt Snowchild entstand in Japan mit einer überwiegend japanischen Crew und erhielt auf dem Internationalen Filmfestival in Moskau das Special Diploma of Cinema Clubs für seine außerordentliche Mischung aus ernsten und humoristischen Elementen.
Frau Arning, was ist Ihr Bezug zu Japan?
Ich habe vor Jahren ein Jahr lang an der Sophia Universität studiert und anschließend ein Praktikum in einer japanischen Firma absolviert. Während dieser Zeit wurde ich Zeugin eines Selbstmordversuchs. Ein junger Mann warf sich vor die U-Bahn in der ich saß. Dies gab den Anstoß einen Film über das Thema Selbstmord zu machen.
Snowchild erzählt eine Art düstere Märchengeschichte. Warum fiel die Wahl auf einen japanischen Kontext dafür?
Ich finde die japanische Sprache und Kultur sehr poetisch. Das Märchenhafte diente aber vielmehr als Mittel einen Film mit so einem schweren Thema „sehbar“ zu machen und dem Zuschauer einen Abstand zu dem Thema zu erlauben. Der Film lebt natürlich von der japanischen Atmosphäre geschaffen durch die Sprache und meine wunderbaren japanischen Darsteller.
Wie gestaltete sich die Arbeit vor Ort und mit der internationalen bzw. japanischen Crew? Welche Herausforderungen gab es? Was lässt sich aus der internationalen Zusammenarbeit mit Japanern lernen?
Es gab hier und da zu Beginn des Drehs in den unterschiedlichen Teams Verständigungsschwierigkeiten. Es braucht immer eine Weile, bis ein Team zusammenwächst. Selbst wenn alle Beteiligten aus dem gleichen Kulturkreis stammen. Die japanischen Teammitglieder waren überrascht, dass sie bei der Arbeit Spaß haben durften. Dieses Verständnis war ihnen fremd. Auch die Tatsache, dass sie genügend Zeit zum Essen und Schlafen hatten und es hier und da einen freien Tag gab. Einige hielten an ihrer japanischen Arbeitsweise fest und konnten sich einfach nicht erlauben sich auszuruhen.
Welche sind Ihre japanischen und welche Ihre deutschen Lieblingsfilme?
Das hängt immer von meiner Stimmung ab, nach welchem Genre mir gerade ist. Auf japanischer Seite wäre da etwa „Audition“, ein grandioser Film, „Dolls“, aber auch ein Klassiker wie „Tampopo“ oder der alte Animationsfilm über Hiroshima „Barefoot Gen“. Bei den deutschen Filmen mag ich grundsätzlich keine der typischen Problemfilme. Dann lieber „Was nützt die Liebe in Gedanken“, „Gegen die Wand“, „Das Boot“, „Tannöd“, „Alice in den Städten“ oder „Der Himmel über Berlin“.
Mit dieser Erfahrung im Hintergrund, was wäre Ihr Rat an junge Filmschaffende sowohl in Japan als auch aus Deutschland: Unbedingt mal im Ausland arbeiten?
SNOWCHILD gehörte nach Japan. Die Geschichte lebt von der einzigartigen Atmosphäre in Japan. Den Film hätte ich in keinem anderen Land so realisieren können. Man muss sich natürlich bewusst sein, dass eine Filmproduktion im Ausland immer mehr Komplikationen und Herausforderungen mit sich bringt. Dies beginnt schon bei der logistischen Planung, anderem Vertragsrecht, Kommunikationsschwierigkeiten. Ich habe die Szenen und die Charaktere mit meinen japanischen Darstellern entwickelt. Es war mir wichtig ihnen nichts aufzuzwingen, was in irgendeiner Weise der japanischen Mentalität entgegen stand und unnatürlich gewirkt hätte. Wenn sich jemand dazu entschließt einen Film im Ausland zu machen muss man gewillt sein sich den Gegebenheiten anzupassen. Sicherlich war es eine wichtige Erfahrung. Und ich weiß nicht, wohin mich der nächste Film führen wird.
Akira Kurosawa sagte zu den häufig vorgebrachten Vorwürfen, seine Filme seien zu westlich, einmal sinngemäß: €žWenn ich als japanischer Künstler keine Filme für Japaner mache, habe ich versagt.€œ Für welches Publikum machen Sie Filme?
Ich denke nicht als erstes darüber nach für welchen Kulturkreis ich Filme mache. Wohl auch deshalb, weil ich an einer amerikanischen Universität in Asien (Singapur) Regie studiert habe und seit Jahren ständig unterwegs bin und eigentlich nur aus dem Koffer lebe. Ich bezeichne mich gerne als Modern Gipsy. Die Heimat meiner Filme liegt im Auge des Betrachters. Filme sollen unterhalten, uns nachdenklich machen, ablenken, entführen und Welten erschaffen. Wenn ich es schaffe, mein Publikum in eine Geschichte eintauchen zu lassen dann war ich erfolgreich.
1 Kommentar for "Modern Gipsy in Japan"
[…] Auf Japankino gibt es ein Interview mit der deutschen Regisseurin Uta Arning , die ihr Spielfilmdebüt in Japan mit einer überwiegend japanischen Crew abgedreht […]
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