Archive for the ‘Kurosawa Akira’ Category

Gerade rechtzeitig zum Sommerbeginn auch hier in Hamburg ist das Manuskript für mein Buch über Leben und Werk des großen Akira Kurosawa fertig geworden! Im Moment ist das gute Stück noch in der finalen Redaktion des Verlages, anschließend bekomme ich es zu sehen und dann, wahrscheinlich Mitte Juli, dürfte das Machwerk – erstmal in Ebook-Form – den Weg zu den Buchhändlern finden. Ich bin extremst gespannt, sozusagen bis zum Zerreißen 🙂

Sobald ich mehr Details (Preis!) kenne, werde ich ordentlich die Werbe-Trommel rühren halte ich euch natürlich auf dem Laufenden. Eine Aufgabe hat mir der Verlag noch aufgetragen, ich soll eine Autoren-Vita verfassen fürs Marketing. Was gibt es schöneres zu tun an einem lauen Sommerabend mit einem Gläschen Weißwein?

😉

In den letzten Wochen war es ziemlich still hier im Blog weil die Arbeit an meinem Kurosawa-Buch in die heiße Phase eingetreten ist. Der Hauptteil des Inhalts steht, das Buch wird voraussichtlich etwa 150-200 Seiten haben. Das Feedback aus der Umfrage war sehr hilfreich und ich versuche, einiges davon zu berücksichtigen. Wie viel sich am Ende davon im fertigen Buch findet, muss sich noch zeigen, schließlich spricht auch der Verlag ein Wörtchen mit. Das Inhaltsverzeichnis sieht derzeit ganz unspektakulär aus:

  1. Einleitung
  2. Leben
  3. Filme
  4. Schluss
  5. Tipps zu weiterführender Literatur und DVDs
  6. Filmographie

Ich komme gut voran, aber mir fehlen bisher noch Ideen für einen knackigen Titel, der Arbeitstitel lautet im Moment schlicht „Kurosawa für Einsteiger“. Das ist natürlich eher zum Gähnen und da dachte ich mir, ich frage mal wieder meine Leser 🙂

Wenn du eine kreative Idee hast, wie ich mein Buch für Kurosawa-Einsteiger nennen könnte, dann schreib die doch einfach in einen Kommentar oder schick sie mir übers Kontaktformular. Wenn ein Vorschlag dabei ist, der mir und dem Verlag total gefällt, gibt es zwar keine Umsatzbeteiligung, aber ich lass mir dann ein hübsches Überraschungs-Dankeschön-Paket einfallen 🙂

Original: Yoidore tenshi (1948) von Akira Kurosawa

Im zerbombten Tokyo hat sich der Arzt Sanada (Takashi Shimura) ganz dem Kampf gegen die Tuberkulose verschrieben. Auch bei dem Gangster Matsunaga (Toshiro Mifune), der sich eigentlich wegen einer Schusswunde behandeln lassen will, diagnostiziert er die teuflische Krankheit und versucht, den Sturkopf zu einer Behandlung zu überreden. Aus Stolz und Furcht, eine Schwäche einzugestehen, lehnt dieser ab. Doch Sanada gibt nicht auf, die beiden fassen langsam Vertrauen zueinander und Sanada willigt schließlich in eine Behandlung ein.

Als der alte Boss Okada (Reisaburo Yamamoto) aus dem Gefängnis entlassen wird, muss Matsunaga jedoch um sein Standing kämpfen und nimmt dabei immer weniger Rücksicht auf seine Gesundheit. Zudem entdeckt Okada, dass seine Frau inzwischen bei Sanada als Krankenschwester arbeitet, was nun auch den Arzt ins Schussfeld bringt. Matsunaga muss sich entscheiden, auf wessen Seite er steht.

Das Zentrum des Films – sowohl im geographischen wie symbolisch-spirituellen Sinne – ist ein dreckiger Tümpel nahe Sanadas Praxis, der von den Anwohnern als Müllkippe benutzt wird und allerlei Krankheiten als Brutstätte dient. Bereits für die eröffnende Titelsequenz, aber auch für viele weitere entscheidende Szenen gibt er den Hintergrund ab und wird zu einem strukturierenden Element des Films. Zugleich wird der Tümpel von Kurosawa – und von Sanada als seine Stimme im Film – als ein Symbol zur Verdeutlichung des physischen und psychischen Zustands der Charaktere aber auch des ganzen Landes benutzt.

Um dieses Zentrum kreisen die Charaktere und definieren sich im Bezug darauf: Sanada, der das Übel erkannt hat, es bekämpft und andere auf den Weg der Besserung bringen will; Matsunaga, der sich in Passivität und Schicksalsergebenheit zurückzieht; Okada, der den Tümpel als sein Element sieht und sich das Übel zu nutze macht.

Vorangetrieben wird Engel der Verlorenen von der Konfrontation Matsunaga-Sanada, aber es bilden sich daneben noch andere Charakterpaare, die teils explizit, teils implizit als Gegensätze und konkurrierende Elemente dienen: Sanada und Okada wirken als zwei Pole, zwischen denen Matsunaga hin- und her gerissen wird. Die junge Kellnerin Gin (gespielt von der vor wenigen Tagen verstorbenen Noriko Sengoku), die sich heimlich in Matsunaga verliebt und davon träumt, mit ihm in ihre Heimat zurückzukehren und ihn gesund zu pflegen, steht im Kontrast zu Matsunagas Geliebter Nanae, einer verwöhnten Nachtclubsängerin. Das Pendant zu Matsunaga wiederum ist ein junges, wie er an Tuberkulose erkranktes Mädchen (die 17jährige Yoshiko Kuga in einer ihrer ersten Rollen), das allerdings Sanada vertraut und die Krankheit mit seiner Hilfe besiegt.

Diese Charakterpaare verkörpern die dem Film zugrunde liegende sozialkritische Botschaft: Japan ist ein zerstörtes, krankes Land, das für einen Neubeginn und eine bessere Zukunft mutige Menschen braucht. Menschen, die bereit sind, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, sich aus ihrer Passivität und mit der Vergangenheit zu brechen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und hart an sich selbst für ihre Zukunft zu arbeiten.

Diese Botschaft – die natürlich auch ganz im Sinne der amerikanischen Besatzungsmacht war – steht im Zentrum zahlreicher Filme Kurosawas gerade in der Nachkriegszeit. Nirgends wird sie allerdings so unmissverständlich auf den Punkt gebracht wie in Engel der Verlorenen, als in der letzten Szene Sanada der geheilten Schülerin mit den Worten gratuliert „Die Kraft des Willens kann alle menschlichen Leiden heilen“.

Dabei ist Sanada selbst alles andere als ein Heiliger: Er ist aufbrausend, sarkastisch und cholerisch, trinkt zur Not auch mal verdünnten medizinischen Alkohol, der eigentlich für seine Patienten bestimmt wäre und erzählt freimütig von seinen jugendlichen Besuchen im Bordell. Wahrscheinlich sind es diese Schattenseiten, die ihn in Matsunaga sich selbst in jungen Jahren sehen lassen, und die seinen verzweifelten Kampf um Matsunagas Leben motivieren.

Stilistisch ist Engel der Verlorenen ein Traum. Die Bildkompositionen sind einfach grandios, das Spiel mit Licht und Schatten in einigen Szenen als Symbol für die Zerrissenheit der Charakter und der menschlichen Psyche allgemein deutet an, was in Rashomon dann zur Vollendung kommen sollte. Auffallend häufig arrangiert Kurosawa seine Charaktere so, dass eine Person den Vordergrund dominiert und eine andere Person klein dahinter zu sehen ist. Auch die Froschperspektive kommt dabei des öfteren zum Einsatz.

Der Tümpel ist allgegenwärtig, nicht nur als Hintergrund in verschiedenen Szenen sondern auch als Mittel der Überleitung zwischen Szenen, was dem ohnehin schon sehr klar aufgebauten Film noch zusätzliche Struktur gibt. In manchen Szenen besonders in der ersten Hälfte, in denen Sanadas Ausflüge in Matsunagas Straßengauner-Milieu gezeigt werden, fühlt man sich regelrecht in den Schwarzmarkt, die verrauchten Tanzlokale und verschwitzten Kneipen versetzt.

Es ist vor allem diese atmosphärisch dichte Darstellung der ärmlichen Verhältnisse, die dem Film immer wieder Vergleiche zum italienischen Neo-Realismus einbringen. Stephen Prince weist allerdings völlig zurecht darauf hin, dass es Kurosawa anders als Rossellini oder de Sica nicht um eine möglichst unverfälschte Wiedergabe der Realitäten ging. Vielmehr nutzt Kurosawa ausgiebig symbolhafte Darstellungen und ist weit von dem Anspruch entfernt, möglichst wenig manipulative Eingriffe vorzunehmen.

Der Film wird aber auch getragen von seinen Charakteren: Zum ersten Mal standen Takashi Shimura und Toshiro Mifune hier gemeinsam für Kurosawa vor der Kamera, und die gute Chemie zwischen den beiden ist vom ersten Moment an zu spüren. Wenn Mifune als möchtegern-cooler Gangster, der einem romantisierenden Bild der Unterwelt und ihres Ehrencodex nachträumt, und Shimura als mürrischer, trinksüchtiger Arzt mit dem großen Herz aufeinander prallen, dann sprühen die Funken!

Es ist eine wahre Freude, den beiden zuzusehen, und kein Wunder, dass Kurosawa diese Konstellation seiner Hauptdarsteller für die meisten seiner Filme der nächsten 15 Jahre beibehalten sollte. Und noch ein weiterer langjähriger Begleiter Kurosawas gibt in Engel der Verlorenen sein Debut, der Komponist Fumio Hayasaka, dessen schlichte, aber emotionale Musik die Stimmung des Films wunderbar aufgreift und verstärkt.

Engel der Verlorenen ist einer meiner persönlichen Lieblingsfilme aus Kurosawas Werk, vielleicht gerade deshalb, weil er noch nicht so geschliffen und perfektioniert ist wie spätere Filme, und eher an einen Rohdiamanten erinnert. Alle Elemente dessen, was einen Kurosawa-Film ausmacht, sind aber präsent und das Erfolgsteam der späteren Giganten wie Rashomon oder Die Sieben Samurai ist nahezu komplett. Hier kann man ihm beim Spannen der Muskeln zusehen, und das ist ein Anblick, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!

Der Idiot

Original: Hakuchi (1951) von Akira Kurosawa

Traumatisiert von Erlebnissen während des Krieges kehrt Kameda (Masayuki Mori) von einem Sanatoriumsaufenthalt in seine Heimat auf Hokkaido zurück. Unterwegs lernt er Akama (Toshiro Mifune) kennen, und berichtet ihm von seinen Erlebnissen und seiner „Krankheit“, zu der epileptische Anfälle, Amnesie und generell eine kindliche Offenheit und Ehrlichkeit gehören. Akama ist fasziniert von der ungewöhnlichen Persönlichkeit Kamedas und berichtet ihm von seiner abgöttischen Liebe zu Taeko (Setsuko Hara), die als Kurtisane ihr Dasein fristet. Als Kameda ihr das erste Mal begegnet, erkennt er in ihr sofort eine verzweifelte, malträtierte Seele und ist magisch von ihr angezogen.

Doch Taeko kann sich Akamas Einfluss und ihrer Vergangenheit nicht entziehen und hält Kameda zu dessen eigenem Schutz auf Distanz, der inzwischen eine Romanze mit der launischen Ayako (Yoshiko Kuga) beginnt. Zugleich wird Akama aber mehr und mehr bewusst, dass Taeko ihn nie vorbehaltlos lieben wird, und er beginnt sich mit Mordfantasien für seinen Freund zu tragen.

Der Idiot ist die erste Adaption eines großen literarischen Vorbilds, und dass Kurosawa sich ausgerechnet an diesem Monument der Weltliteratur versuchte, dürfte zum einen natürlich mit seiner Verehrung für Dostojewski zu tun haben. Eine nicht unwesentliche Rolle dürfte aber auch die im Roman schon stark ausgeprägte Gesellschaftskritik sein, die sich wunderbar in die Agenda seiner frühen Nachkriegswerke und zahlreicher späterer Filme einfügt.

Dass Dostojewksi zu Kurosawas Lieblingsautoren zählte, war zugleich jedoch ein Grund für die großen Probleme bei der Umsetzung der Vorlage: In seinem Bestreben, das große Werk möglichst getreue zu adaptieren, schrieb er das Drehbuch fast im Alleingang und übernahm dabei Charaktere und Handlung zwar komprimiert, aber doch fast komplett. Nur Zeit und Ort wurden in das winterliche Hokkaido der Gegenwart verlegt, das aber mit seinen Schneelandschaften, eingeschneiten Häusern, Eiszapfen und Schneestürmen für die eher subtropisches Klima gewöhnten Japaner ähnlich exotisch wirken dürfte wie ein russischer Winter. Die große Nähe zum Original des Romans ließ den Film in seiner ursprünglichen Fassung auf eine Länge von viereinhalb Stunden anwachsen, für damalige Zeiten eine Monstrosität.

Schockiert angesichts der Länge des Films verlangte das Produktionsstudio Shochiku eine Kürzung und das Drama nahm seinen Lauf: Kurosawa ging nur widerwillig auf das Drängen des Studios ein, schnitt den Film aber dennoch auf etwas über drei Stunden. Diese Fassung wurde jedoch nur einmal gezeigt, nämlich bei der Premiere des Films im Mai 1951. Anschließend ließ Shochiku ohne Kurosawas Mitwirken nochmals eine halbe Stunde schneiden und fügte zahlreiche Zwischentitel und sogar einen Off-Sprecher ein, um dem Publikum die wichtigsten Hintergründe und Handlungsstränge zu vermitteln. Kurosawa war entsetzt, protestierte und schrieb an seinen Mentor Kajiro Yamamoto, dass das Studio den Film genauso gut der Länge nach hätte durchschneiden können.

Zum großen Leidwesen aller Cineasten müssen Kurosawas Ursprungsfassung und auch die von ihm selbst gekürzte Premierenversion als endgültig verloren gelten, was es schwer macht, den Film wirklich zu bewerten. Denn die massiven Schnitte scheinen hauptsächlich in der ersten Hälfte des Films vorgenommen worden zu sein. Dadurch wird die erste Stunde extrem verwirrend, es ist kaum möglich, der Handlung zu folgen und die Beziehungen der Charaktere zu einander zu verstehen. Nicht nur Lücken in der Handlung, auch Brüche in der Kontinuität und seltsame Übergänge zwischen Szenen sorgen ständig für Verwirrung. Erst in der zweiten Hälfte, als sich die Konstellation aus den doppelten, sich überlagernden Dreiecksbeziehungen etabliert hat und sich die Konflikte zuzuspitzen beginnen, macht der Film langsam Sinn und es kommt Spannung auf.

Jeder der Hauptcharaktere steht für bestimmte menschliche Eigenschaften, wobei sich die positiven fast ausschließlich auf Kameda konzentrieren und Eifersucht bei praktisch allen vertreten ist: Ayako symbolisiert Sturheit und Launigkeit, Akama steht für Zorn und Egoismus, Taeko für Arroganz und Selbstzerstörung, Kayama (ein Nebencharakter, der sich für eine fürstliche Bezahlung als Bräutigam für die Kurtisane Taeko anbietet) für Prinzipienlosigkeit und Gier. Darüber hinaus gibt es noch mehrere Nebenfiguren, wie etwa Ayakos intrigante, neidische Schwester oder einen verlogenen Anwalt, die den Reigen der menschlichen Schwächen und Charakterlosigkeiten noch komplettieren.

Ihnen gegenüber steht Kameda, der „Idiot“, der mit seiner kindlichen Offenheit, seinem naiven Vertrauen, seiner Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit, seiner Fürsorge und Selbstlosigkeit, Dankbarkeit und Einfühlungsvermögen einen so strahlenden Kontrast bildet, dass die anderen Charaktere regelrecht geblendet sind. Akama, Taeko und Ayako fasziniert dieser besondere Mensch, die meisten anderen, ganz in ihren Intrigen und ihrem alltäglichen Kleinklein gefangenen Nebencharaktere begegnen ihm schlicht mit Unverständnis, Ablehnung und Hochmut.

Dass Kurosawa uns seine Botschaft mit diesem krassen Gegensatz „Kameda vs. den Rest der Gesellschaft“ einhämmert, und in der finalen Szene von der tränenüberströmten Ayako nochmals explizit auf den Punkt bringen lässt, ist eine der zahlreichen Schwächen dieses Films. Besonders wenn man Dostojewskis Romanvorlage vergleicht, deren vielschichtige, ausgewogene und realistische Charaktergestaltung bis heute als herausragend gilt. Durch diese extreme Zeichnung seiner Charaktere macht Kurosawa es uns Zuschauern nahezu unmöglich, uns mit irgendeinem der Charaktere zu identifizieren, was den ganzen Film sehr oberlehrerhaft macht.

Da zudem die Handlung wegen der vielen Lücken schwer verständlich und obendrein auch noch ausschweifend ist, macht das Fehlen einer echten Identifikationsfigur es noch schwieriger, sich auf den Film einzulassen und ihm zu folgen. Und auch nachdem man die weitgehend unverständliche erste Stunde mit ihren Brüchen und Lücken überstanden hat, dauert es wegen der vielen langen Dialogszenen lange, bis sich die ersten Anzeichen für die Kurosawa sonst eigene Dynamik einstellen.

Bei all den Schwächen und aller Kritik muss zur Ehrenrettung aber auch gesagt werden, dass Der Idiot einige grandiose Szenen und Einstellungen aufzuweisen hat und – jedenfalls in der zweiten Hälfte – eine phasenweise elektrisierende Atmosphäre aufbaut. Die Rivalitäten zwischen Akama und Kameda um Taeko einerseits und zwischen Ayako und Taeko um Kameda andererseits sind immer wieder fantastisch in Szene gesetzt. Brillant ist besonders der Showdown, in dem Ayako und Taeko sich zum ersten Mal begegnen und in dem die Spannung zwischen allen Beteiligten, vor allem aber zwischen den beiden Frauen regelrecht knistert.

Begeistert hat mich in dieser Szene der Moment, in dem die beiden Frauen sich wortlos nebeneinander setzen und man förmlich sehen kann, wie sich in ihnen und zwischen ihnen die Spannung immer weiter steigert. Und genau wenn man als Zuschauer denkt, jetzt müssen sie gleich wie Vulkane explodieren, schneidet Kurosawa auf einen in der Ecke stehenden gusseisernen Ofen, in den gerade der Wind hineinfährt und die Flammen aus allen Ritzen schießen lässt. Ein echter Gänsehaut-Moment!

Ebenfalls großartig ist die Verfolgungs-Sequenz, in der Kameda von – wahren oder eingebildeten – Erscheinungen Akamas durch die verschneiten Straßen getrieben wird, bis er letztlich einen epileptischen Anfall erleidet. Oder natürlich die Szenen beim Eislauf-Karneval, die zunächst heiter beginnen und dann, musikalisch genial untermalt von Mussorgskis „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“, immer dramatischer werden und die Konfrontation zwischen Akama und Kameda andeuten. Hier lässt sich erahnen, welches Potenzial in diesem Film steckte, wäre er nicht so gnadenlos zusammen geschnitten worden.

Diese Szenen leben nicht zuletzt auch von den Darstellern, von denen vor allem Setsuko Hara mit ihrem schwarzen Cape und Toshiro Mifune ihre Charaktere so emotional überzeichnet und voller Manierismen geben, dass sie schon fast wie Karikaturen wirken, was etwa Donald Richie stark kritisiert. Angesichts der charakterlichen Zuschnitte der Personen würde ich aber vermuten, dass dieser Effekt von Kurosawa so absolut beabsichtigt war.

Masayuki Mori hat seine stärksten Szenen ironischerweise ausgerechnet in der verstümmelten ersten Hälfte, in der zweiten wirkt er angesichts der von den anderen drei Protagonisten entfesselten Kräfte oft wie ein hilflos im Sturm hin und her gerissenes Blatt Papier. Am meisten überzeugt hat mich Yoshiko Kugas launische, verzogene Tochter aus gutem Hause, die gerne nach außen Stärke und Erwachsensein demonstriert, angesichts ihrer Jugend aber oft einfach noch unsicher ist. Ayako wirkt am wenigsten übertrieben, ohne dabei aber angesichts von Akama und Taeko so blass zu sein wie phasenweise Kameda.

Wie weiter oben erwähnt fällt es mir sehr schwer, diesen Film zu beurteilen. Kurosawa wagte sich hier an die Verfilmung eines Buches, das er schon fast religiös verehrte und für das er eine große filmische Vision hatte. Leider ist von dieser Vision wegen der massiven Schnitte und Kürzungen wenig erhalten geblieben, so dass Kurosawa bei diesem Projekt ein ähnliches Schicksal erfuhr wie seinem Hauptcharakter und Der Idiot somit eine in doppelter Hinsicht tragische Geschichte erzählt.

Vor ein paar Wochen habe ich erstmals von meinen Plänen berichtet, ein eigenes Buch über Akira Kurosawa und seine Filme zu schreiben, und euch mittels einer kleinen Umfrage um eure Meinung dazu gebeten. Knapp 60 vollständige Antworten habe ich seitdem erhalten und ich möchte euch natürlich auch gerne wissen lassen, was dabei herauskam. Die Umfrage selbst ist nach wie vor offen und kann noch ausgefüllt werden.

Kurz vorab zum besseren Überblick: Jünger als 35 Jahre waren 54% der Teilnehmer, dementsprechend waren 46% älter als 35, darunter allerdings nur ein einziger Teilnehmer/Teilnehmerin mit einem Alter von über 60 Jahren. Knapp zwei Drittel der Teilnehmer hatten schon ein paar Filme von Kurosawa gesehen, ein Drittel sogar ziemlich viele (oder alle), und nur 2 Teilnehmer kannten gar keine von Kurosawas Filmen.

Nun zu den Fragen bezüglich des Buchprojekts. Ganz klar fiel die Antwort auf die Frage aus, in welchem Format ihr euch ein solches Buch wünscht: Fast 80% hätten trotz immer größerer Verbreitung von Tablets und eReadern gerne ein gedrucktes Buch. Das Interesse an Ebooks ist aber eindeutig altersabhängig, von den unter 25-jährigen wünschten sich nämlich knapp 30% ein Ebook, bei den 25-35-jährigen waren es noch ca. 15% und bei den Teilnehmern über 35 Jahre wollte praktisch niemand mehr ein Ebook.

Erfreulicherweise ist aber auch die Bereitschaft, für ein gedrucktes Buch deutlich mehr Geld auszugeben als für ein Ebook, sehr stark vorhanden.

Was die gewünschten Inhalte angeht hat sich ein Dreigestirn herausgebildet (hier waren mehrfache Antworten möglich, daher sind die Prozentzahlen so hoch):

  1. 80% möchten erfahren, wie Kurosawa als Regisseur gearbeitet hat
  2. 75% möchten mehr Hintergrundinfos über die Entstehung der Filme
  3. 64% möchten Einblicke in Kurosawas Leben und Persönlichkeit

Eher wenige von euch interessieren sich für die Inhalte der Filme, was wohl auch damit zusammenhängt, dass die meisten von euch schon ziemlich viele der Filme kennen und selbst veritable Experten sind 🙂

Und noch eine spannende Erkenntnis nehme ich mit, denn die Frage, was euch an einem solchen Buch besonders wichtig wäre, ergab ebenfalls einen klaren Gewinner: 45% von euch wünschen sich Exkurse in die japanische Kultur und Geschichte, um die Zusammenhänge der Filme besser verstehen zu können. Ich werde mich bemühen, diesem Wunsch gerecht zu werden!

Vielen Dank an alle, die bisher an der Umfrage teilgenommen haben, eure Antworten haben mir sehr geholfen! Ich halte euch auf dem Laufenden, wie es bei dem Projekt weitergeht.

Original: Ikimono no kiroku (1955) von Akira Kurosawa

Der Zahnarzt Harada (Takashi Shimura) ist nebenbei im örtlichen Gericht als Berater in Familienstreitfällen tätig. Eines Tages wird er zu einer höchst ungewöhnlichen Anhörung gerufen: Die Familie des Unternehmers Nakajima (Toshiro Mifune) möchte diesen für unzurechnungsfähig erklären lassen, weil dieser, getrieben von Angst vor der atomaren Verstrahlung, allerlei aberwitzige Pläne verfolgt. So hat er bereits begonnen, einen unterirdischen Schutzbunker bauen zu lassen und will nun die gesamte Familie nach Brasilien emigrieren, wo er bereits eine Plantage gefunden hat.

Während Harada beeindruckt von der Sorge und dem Durchsetzungswillen des alten Patriarchen seine eigene Haltung zu einem möglichen Atomkrieg hinterfragt, bricht in der Familie Nakajima ein übles Hauen und Stechen aus. Denn der Alte bleibt nicht nur stocksteif bei seinem Plan vom Auswandern nach Brasilien. Er will neben seinen ehelichen Kindern und deren Familien gleich auch noch mehrere Geliebte und deren uneheliche Kinder mitnehmen, was die Streitigkeiten um die Zukunft und den Besitz der Familie mit allerlei Eifersüchteleien kräftig befeuert.

Bilanz eines Lebens gehört zu den größten finanziellen Flops in Kurosawas Karriere, obwohl er ein damals hochbrisantes Thema aufgriff: Bei amerikanischen Wasserstoffbombentests auf dem Bikini Atoll im Februar 1954 war der japanische Fischkutter Daigo Fukuryu Maru von radioaktivem Niederschlag kontaminiert worden, ein Seemann kam später ums Leben, zahlreiche andere erkrankten an Krebs. Dieser Vorfall löste nicht nur diplomatische Spannungen mit den USA aus, sondern auch ein gewaltiges Medienecho in Japan. Kurosawa war nicht der einzige Filmemacher, der sich des Themas annahm, sein Kollege und ehemaliger Regie-Assistent Ishiro Honda beispielsweise schuf auf Basis dieser Vorfälle Godzilla.

In der Tat weist der Film einige für Kurosawa ungewöhnliche Eigenheiten auf, so fehlt ihm beispielsweise eine starke, zentrale Heldenfigur, deren Entwicklung den Film trägt. Zwar ist Nakajima die Hauptfigur, wir Zuschauer folgen dem Geschehen aber aus Sicht des neutralen, um Nakajima und dessen Schicksal besorgten Harada. Denn Nakajima, der knallharte Familienpatriarch mit paranoiden Anwandlungen, ist als Identifikationsfigur denkbar ungeeignet.

Seine Rolle ist es vielmehr, Harada – und damit auch uns Zuschauer – zum Zweifeln zu bringen und vor die Frage zu stellen, was eigentlich verrückter ist: Angesichts einer möglichen atomaren Apokalypse vor Angst um die geliebten Angehörigen fast den Verstand zu verlieren und verzweifelt selbst nach den abstrusesten Fluchtmöglichkeiten zu suchen, oder sein Leben einfach unbehelligt weiterzuleben.

Leider fehlt es Bilanz eines Lebens auch an der sonst für Kurosawa so typischen Dynamik, die er immer virtuos in Szene zu setzen wusste. Statt Verfolgungsjagden zu Pferde oder in engen Tokyoter Gassen, statt windumtosten Duellen mit dem Schwert oder dramatischen Appellen vor Gericht bestehen die meisten Szenen aus auf Tatami herumsitzenden und sich gegenseitig Vorwürfe machenden Familienmitgliedern.  Spannung will da nicht wirklich aufkommen, zumal beim westlichen Zuschauer, der diese ganzen gegenseitigen Abhängigkeiten, Loyalitätsbeziehungen und Erwartungen einer konservativen Familie im Japan der 1950er Jahre überhaupt nicht nachvollziehen kann.

Entsprechend des häuslichen, an die Familienheimstätte gebundenen Kontextes der meisten Szenen gibt es – ebenfalls untypisch für Kurosawa – auch wenig einprägsame Bilder, die im Gedächtnis bleiben. Die Kompositionen sind meist darauf ausgerichtet, ein unstetes, einengendes und bedrückendes Gefühl zu erzeugen, und arbeiten dabei mit sehr verschiedenen, teilweise sehr raffinierten Mitteln.

In den häuslichen Familienszenen laufen oft Personen im Vordergrund vorbei oder der Blick auf die Szenerie wird durch etwas anderes wie etwa Möbelstücke versperrt. Die ständig in Bewegung befindlichen Fächer unterstützen dieses Gefühl ebenfalls, und in einer Szene, in der Nakajima eine Geliebte und ihre Familie zum Auswandern zu überreden versucht, wedeln ständig die vom Luftzug bewegten Blätter eines Buches hin- und her.

Zudem taucht immer wieder das ästhetische Motiv des Gefangenseins auf, das manchmal dann auch deutlich weniger subtil unterstrichen wird, wie etwa als eine der Töchter Nakajimas an einem vergitterten Fenster rüttelt (siehe den Screenshot ganz oben), oder als Nakajima schlafend unter einem Moskitonetz gezeigt wird. Eine deutlich interessantere Variation dieses Themas ist dagegen die Verlesung des Antrags auf Unzurechnungsfähigkeit am Gericht, bei dem der Text über die Bilder gelegt wird, wobei durch die Schriftzeichen und Linien des Papiers ebenfalls eine Assoziation an Gitter, Zäune und Gefängnisse entsteht.

Typisch für Kurosawa ist hingegen der Einsatz von Wetterphänomenen und deren prägende Rolle für die Atmosphäre des Films. Ähnlich wie in Ein streunender Hund liegt die ganze Zeit eine dräuende, alles erstickende Sommerhitze über den Szenen und Charakteren, die ständig mit schweißnassen Hemden herumlaufen, sich permanent Luft zufächeln und den Schweiß aus dem Nacken wischen. Regen wie aus Kübeln und kräftige Gewitter dürfen natürlich nicht fehlen und besonders letztere tragen dazu bei, dass Nakajimas Paranoia  immer verzehrender wird.

Ein Meilenstein in Kurosawas Werk ist Bilanz eines Lebens in der Hinsicht, dass es sein erster Film war, in dem konsequent mit mehreren Kameras parallel gedreht wurde. Diese aufwändige und für die Schauspieler gewöhnungsbedürftige Drehtechnik hatte der Regisseur im Jahr zuvor für die finale Regenschlacht in Die Sieben Samurai erstmals verwendet, nun kam sie permanent zum Einsatz.

Keine Anpassungsschwierigkeiten hatte dabei offenbar Toshiro Mifune, der eine grandiose Leistung als von Paranoia zerfressenen, aus Angst um seine Familie an deren Widerstand zerbrechenden Patriarchen abliefert. Wer ihn als jungen, aufgedrehten Haudrauf in Die Sieben Samurai gesehen hat, der ja nur ein Jahr zuvor gedreht wurde, wird ihn kaum wieder erkennen!

In Bilanz eines Lebens nahm sich Kurosawa eines hochbrisanten Themas an, und das auf eine für ihn ungewöhnliche Art und mit unüblichen, aber teilweise sehr raffinierten Mitteln. Allein aus diesen Gründen ist der Film interessant, doch leider kommt wegen der bedrückenden Thematik und Stimmung des Films sowie des Mangels an Dynamik sowohl der Handlung als auch der Charakterentwicklung der Unterhaltungsaspekt, der Kurosawa sonst immer so wichtig war, hier zu kurz. Ich würde zwar nicht so weit gehen wie manche Kritiker, die den Film als gescheitert betrachten, aber er gehört meiner Ansicht nach zu den schwächeren Werken des großen Regisseurs.

Ein Kurosawa-Buch? Nein, mein Kurosawa-Buch, ein Buch geschrieben von mir! Ein Buch, basierend auf den Filmbesprechungen, die ich hier im Japankino-Blog im Verlauf der letzten gut sechs Jahre veröffentlicht habe und meinem alten Kurosawa-Essay. Das ist das Projekt, das ich gerade mit einem jungen, aufstrebenden Sachbuchverlag plane, auf das ich mich sehr freue, und zu dem ich gerne deine Hilfe hätte!

Wie kannst du mir helfen? Ganz einfach, nimm dir 3 Minuten Zeit und fülle diesen Online-Fragebogen aus. 🙂

Damit hilfst du mir sehr bei der Planung und Vorbereitung der Inhalte, beim Setzen inhaltlicher Schwerpunkte und dabei, ein erstes Gefühl für die Nachfrage nach dem Buch zu bekommen.

Vielen Dank!

PS: Den oben erwähnten Kurosawa-Essay kannst du hier als PDF herunterladen.

Original: Zoku Sugata Sanshiro (1945) von Akira Kurosawa

Fünf Jahre sind vergangen, in denen nicht nur Sanshiro (Susumu Fujita) zu einem der bekanntesten Judo-Kämpfer Japans wurde, sondern die auch die Ablösung von Jujitsu durch Judo als führenden Kampfsport gesehen haben. Als Sanshiro einen Rikscha-Jungen vor einem aggressiven, prügelnden amerikanischen Matrosen beschützt, wird er von dem Jungen erkannt und um Aufnahme in die Judo-Schule gebeten. Doch der Vorfall hat auch die Aufmerksamkeit eines Boxers erregt, der nun gegen Sanshiro antreten will. Als Sanshiro, angewidert von der tierischen Aggressivität des westlichen Sports und seines Publikums, dies ablehnt, hält an seiner Stelle ein heruntergekommener Jujitsu-Kämpfer den Kopf hin und wird übel aufgemischt.

So ist es nun an Sanshiro, die Ehre der japanischen Kampfkunst – und damit die Ehre Japans – wiederherzustellen und den Amerikaner in einem weiteren Kampf zu besiegen. Doch eine viel gefährlichere Auseinandersetzung bahnt sich an, weil Sanshiro von seiner Vergangenheit eingeholt wird: Die Brüder seines Opponenten aus dem ersten Film sind auf Rache aus und fordern Sanshiro zum Duell.

Sanshiro Sugata Pt2 Screenshot 1

Oberflächlich betrachtet knüpft Kurosawa mit der Fortsetzung unmittelbar an seinen überaus erfolgreichen Debutfilm an, es finden sich in Sanshiro Sugata II zahlreiche visuelle Anspielungen und Parallelen zum Vorgänger. Gleich zu Beginn etwa die Szene, in der sich Sanshiro des prügelnden Matrosen entledigt, indem er ihn ins Hafenbecken befördert, fast eine Kopie der ersten Begegnung Sanshiros mit Meister Yano im ersten Teil. Nur dass nun Sanshiro an die Stelle des Meisters getreten ist, ein häufiges Motiv bei Kurosawa. Auch der finale Endkampf erinnert in seiner Inszenierung stark an den im ersten Teil.

Bei den visuellen Parallelen bleibt es dann aber auch, denn Kurosawa hat diesen Film offensichtlich mit wenig Begeisterung und Herzblut gedreht, war er doch eine reine Auftragsarbeit, die auch der Kriegspropaganda des in den letzten Zügen liegenden Militärregimes dienen sollte. Und das fällt gerade in den Szenen wie oben auf, die den Vergleich mit dem Original haushoch verlieren, uninspiriert und wenig dynamisch daherkommen.

Sanshiro Sugata Pt2 Screenshot 2

Der Film hat jedoch auch einige starke Momente – er ist immerhin ein Kurosawa – zu denen vor allem die Boxszenen gehören. Hier scheint Kurosawa tatsächlich Spaß und Ehrgeiz gehabt zu haben: Dynamik, schnelle Schnitte, unkonventionelle Perspektiven und am Ende, als Sanshiros Gegner besiegt zu Boden stürzt und das Publikum ungläubig erstarrt, sogar einige an Eisenstein gemahnende Standbilder. Hier gelingt es Kurosawa nochmals an die besten Momente aus dem Original anzuknüpfen.

Zugleich sind dies allerdings auch die Szenen, in denen der propagandistische Charakter des Films am stärksten hervortritt. Die Konfrontation des aufrechten, edlen Kämpfers Sanshiro mit dem blutrünstigen, wilden Amerikaner ist von Klischees geprägt, die Figuren werden zu grotesken Karikaturen verzerrt. Beispielhaft dafür kann der japanische Übersetzer stehen, der Sanshiro zu dem Kampf überredet. In seiner westlichen Kleidung und mit seinem eitlen, überdrehten Gehabe wird dieser zur reinen Witzfigur – die ideologische Botschaft an das Publikum könnte kaum platter sein.

Sanshiro Sugata Pt2 Screenshot 4

Unter dieser propagandistischen Simplifizierung leiden natürlich die Charaktere ganz massiv, eine Entwicklung findet nicht statt. Sanshiro ist in seiner naiven Gutmütigkeit und Loyalität erstarrt, mit der er Messias-ähnlich die bösen amerikanischen Eindringlinge auf ihren Platz verweist und seine japanischen Kontrahenten auf den Pfad der Tugend zurückführt.

Das Fehlen der sonst für Kurosawa so wichtigen konfliktbehafteten, mit sich selbst ringenden Heldenfigur und die für seine Werke höchst untypische, an simplen „gut und böse“-Schemata orientierte Anlage der Charaktere, sind bei all den anderen Schwächen von Sanshiro Sugata II das eindeutigste Zeichen für das mangelnde Interesse Kurosawas an dem Projekt. Was aber auch einen interessanten Einblick in seine Arbeits- und Denkweise zulässt, ist, dass er trotzdem großen Wert auf eine perfekte Inszenierung legte und seine Darsteller für das finale Duell tatsächlich barfuß auf einem eingeschneiten Berg kämpfen ließ, was ihm sein Hauptdarsteller Susumu Fujita bei jeder späteren Begegnung der beiden wieder aufs Brot schmierte.

Sanshiro Sugata Pt2 Screenshot 3

In seiner Biographie spricht Kurosawa davon, dass er sich zwingen musste, diesen Film überhaupt zu machen, der rein kommerziell durch den großen Erfolg des Vorgängers motiviert war. Nicht verwunderlich, bedenkt man noch die anti-amerikanischen Anforderungen der Kriegspropaganda. Verglichen mit anderen propagandistischen Machwerken jener Zeit ist Sanshiro Sugata II zwar immer noch ein ordentlicher Film, aber angesichts von Kurosawas Fähigkeiten so schlecht, dass es schwer fällt, hier überhaupt von einem richtigen Kurosawa zu sprechen.