26 Aug
Normalerweise widme ich mich immer Anfang eines Jahres den Statistiken vom jeweiligen Vorjahr, das muss mir irgendwie durchgerutscht sein… also hier nun der verspätete Rückblick auf das Jahr 2011 aus Sicht der japanischen Film- und Kinoindustrie, wie immer anhand der Daten der MPPAJ, kurz „Eiren“.
Umsätze runter, aber mehr Filme in den Kinos
Wenig überraschend war 2011 ein richtig schlechtes Jahr was Besucherzahlen und Umsätze in den Kinos angeht, schließlich saßen alle vor dem Fernseher (so sie denn noch ein Dach über dem Kopf hatten) und sahen einem Kernkraftwerk beim Schmelzen zu. So kamen die japanischen Kinos auf nur 144 Millionen verkaufte Karten, ein Rückgang um 30 Mio gegenüber dem Vorjahr und der niedrigste Stand seit 2000. Das hat natürlich auch auf die Umsätze durchgeschlagen, die gegenüber dem Rekordjahr 2010 um fast 20% zurückgingen.
Interessanterweise war die Zahl der Releases von der Erdbeben-Katastrophe in keiner Weise betroffen, ganz im Gegenteil: Sowohl die Zahl der importierten (358, gegenüber 308 im Vorjahr) als auch der heimischen Filme (441 gegenüber 408) stieg kräftig an, so dass fast 800 Filme den Weg auf die Leinwände fanden. Dabei gelang es den japanischen Filmen im nunmehr vierten Jahr in Folge, sowohl zahlenmäßig wie beim Umsatz vor den importierten Titeln zu liegen: 54,9 Prozent der Einnahmen konnten sie einstreichen.
Die erfolgreichsten Filme kamen allerdings wieder aus Hollywood:
1. Harry Potter and the deathly hallows Pt 2 (Warner | 9,67 Mrd Yen)
2. Pirates of the Caribbean 4 (Disney | 8,87 Mrd Yen)
3. Harry Potter and the deathly hallows Pt 1 (Warner | 6,86 Mrd Yen)
4. From up on poppy hill (Toho | 4,46 Mrd Yen)
5. Pokemon: White Vikrini (Toho | 4,33 Mrd Yen)
6. A Ghost of a Chance (Toho | 4,28 Mrd Yen)
7. Transformers 3 (Paramount | 4,25 Mrd Yen)
8. Space Battleship Yamato (Toho | 4,1 Mrd Yen)
9. Gantz (Toho | 3,45 Mrd Yen)
10. SP 2 (Toho | 3,33 Mrd Yen)
Toho legt weiter zu, Ghibli enttäuscht
Wenn wir uns speziell die japanischen Filme etwas genauer anschauen, fällt wieder die extreme und noch weiter gestiegene Dominanz von Toho ins Auge. Von den 20 erfolgreichsten heimischen Filmen wurden 18 von Toho vertrieben, im Jahr zuvor waren es noch 15 gewesen. Und noch etwas fällt auf: From up on poppy hill stand zwar, wie es sich für einen Ghibli-Film gehört, auch wieder an der Spitze der japanischen Filme, spielte dabei aber nicht einmal die Hälfte dessen ein, was im Jahr zuvor Arrietty umgesetzt hatte. Damit schnitt Goro Miyazakis zweiter Film auch deutlich schlechter ab als sein Debut Tales from Earthsea, das 5 Jahre zuvor immerhin auf Umsätze von 7,65 Mrd Yen gekommen war. Ob diese enttäuschenden Zahlen auch dazu beigetragen haben, dass es dieses Jahr keinen Film aus dem Hause Ghibli gibt und sich das Studio ganz auf sein Dreamteam Takahata und Miyazaki senior konzentriert? Die Zukunft wird es zeigen!
Seit sechs Wochen läuft der neueste Ghibli, Kokuriko zaka-kara, entstanden unter der Regie von Goro Miyazaki, nun in den japanischen Kinos. Die ersten Reviews, die ich gelesen habe, bescheinigten dem Sohn des großen Hayao Miyazaki einen deutlichen künstlerischen Fortschritt gegenüber Gedosenki und sahen den Film als sehr gelungen an. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
„Nur“ 44 Mio Dollar hat Kokuriko zaka-kara in sechs Wochen eingespielt und liegt damit hinter dem gleichzeitig gestarteten neuen Pokemon-Film. Für einen Ghibli-Film eine mittlere Katastrophe! Zum Vergleich: Arrietty – Die wundersame Welt der Borger hatte nach vier Wochen bereits 74 Mio Dollar eingespielt und war mit einem Gesamtergebnis von 110 Mio Dollar der dritterfolgreichste Film des Jahres 2010. Angesichts der aktuellen Zahlen wird Goro Miyazakis zweite Regiearbeit wohl weit hinter dem Einspielergebnis von Arrietty zurückbleiben und könnte sogar die Marke von Gedosenki verpassen, der 2006 auf 65 Mio gekommen war.
Obwohl Goro mit Kokuriko sowohl ästhetisch wie inhaltlich in den Fußstapfen des Vaters getreten ist, wirft der ausbleibende kommerzielle Erfolg (gerade im Vergleich zum Newcomer Yonebayashi) wieder die Frage nach der Zukunft des Studio Ghibli auf – werden Vater Miyazaki und Präsident Toshio Suzuki die Zukunft „ihres“ Studios wirklich in Goros Hände legen wollen, der weiterhin den Nerv des Publikums nicht zu treffen scheint? Die Frage wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen!
Die gewalttätigen Plünderungen und Krawalle in London, die mehrere Todesopfer forderten, sind für uns scheinbar weit weg. Doch sind sie zugleich auch eine Lektion, wie engmaschig verwoben diese globalisierte Welt inzwischen ist. Denn wer in diesen Wochen eine DVD aus UK bestellen möchte, könnte Pech haben: Das wichtigste Lager für kleine und mittlere Labels in UK, das Sony Warehouse in Enfield, ist bei den Krawallen niedergebrannt und mit ihm die gesamten Bestände von für uns Cineasten so vertrauten Namen wie BFI, Arrow Films, Eureka oder Third Window Films (außerdem scheinen auch einige Musik-Labels betroffen zu sein).
Bei Amazon UK macht sich das bemerkbar: Einige Titel von Third Window Films oder die „Late Mizoguchi“-Box von Eureka sind mit Lieferfristen von 1-2 Monaten versehen, bei manchen der Ozu-Blurays vom BFI finden sich Hinweise wie „Only 8 left in stock – order soon“. Wer sich also mit Ozu-BDs eindecken möchte, sollte besser schnell noch zugreifen! Es könnten Monate vergehen, bis sich die nächste Kaufmöglichkeit ergibt. In einem Tweet gab etwa Eureka an, dass es 3-4 Monate dauern wird, um die Bestände wieder komplett aufzubauen.
Third Window Films scheint es besonders hart getroffen zu haben, sie unterrichteten vor einigen Tagen ihre Fans ausführliche in einem Newsletter über die Situation. Auch wenn der Newsletter das nicht so deutlich sagt: Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass der Verlust des Sony-Lagerhauses für das sympathische, aufstrebende Label eine echte Katastrophe zu sein scheint. Fast 20.000 Einheiten sind verloren, die gesamten Bestände des auf japanische und koreanische Filme spezialisierten Indie-Labels. Ein Teil davon war zwar versichert, dennoch entstehen heftige Kosten und das zu einer Zeit, in der keine oder nur wenig Umsätze hereinkommen. Weil die Firma so klein ist, entwickelt sich nun ein Teufelskreis:
This other major problem is that with this affecting so many companies, and right leading to the main Q4 campaigns, all other companies that are larger (we are one of the smallest in the UK) will have priority in having their titles replicated and put back into circulation. We should get a couple of our larger titles such as Confessions back into circulation quickly, but it may take a couple months before our catalogue titles get back into circulation, and with no units available for sale anywhere (Amazon is nearly sold out of all films across our whole catalogue) we will lose a massive chunk of our earnings over the next few months. Unfortunately as such a small company we don’t have business interruption insurance which covers companies in the event of such situations. Ironically the larger companies have such insurance and yet their stock will be replicated first despite the fact they’re covered for the eventual losses, so this will really hit the smaller companies the hardest (as is usually the case).
Angesichts der großartigen Arbeit, die das erst 2005 gegründete Label leistet und der wunderbaren Filme die es ins Programm genommen hat, wäre es wirklich ein Jammer, wenn dieser Schicksalsschlag das Ende wäre. Für den Moment aber hält das Label an seinen geplanten Veröffentlichungen für den Rest des Jahres fest: Sawako Decides mit Hikari Mitsushima in der Hauptrolle und Quirky Guys and Gals sollen am 3. Oktober erscheinen, im November dann Underwater Love von Shinji Imaoka.
Eine Bitte haben die Jungs und Mädels dann noch:
What we ask of you, our fans, is to get the word out about us and other small niche labels like Terracotta Distribution, Arrow Films, Network, etc and get people interested in supporting independent cinema through these hard times. We don’t have any new stock to send to stores, but there are still a few copies of our films on places like Amazon, Play.com and in high-street stores such as HMV and Fopp, so if there was a title you were thinking about picking up, please go out and buy it now so that we can convince stores that ours are worth restocking sooner rather than later.
Also greift zu! Ich habe meinen Beitrag hiermit geleistet, jetzt drücke ich die Daumen in der Hoffnung auf noch viele tolle Filme 🙂
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich illegale Download-Seiten als Teufelszeug verdammt – woraufhin sich eine der interessantesten Diskussionen, an die ich mich hier auf dem Blog erinnern kann, entwickelte. Seitdem ist einiges passiert, allen voran die Abschaltung von kino.to durch die Kriminalpolizei und die Verhaftung der Hintermänner, was dem Thema eine bis dahin nie gekannte Aufmerksamkeit in den Medien verschaffte und zu langen und hitzigen Debatten in Blogs und Foren führte. Wie nicht anders zu erwarten war, verteilte sich der Traffic vom ehemaligen „Marktführer“ recht schnell auf Alternativen sowie schnell empor geschossene Nachahmer.
Weiteres Öl ins Feuer der Netzdebatten war die Nachricht, dass eine von der GfK bereits vor längerem angefertigte Studie gezeigt hätte, dass Nutzer illegaler Download-Seiten häufiger ins Kino gingen und mehr Geld für DVDs ausgäben als der Durchschnittsverbraucher. Das wurde von manchen als Beleg genommen, dass die Filmindustrie mit unfairen Mitteln versuche, „Konkurrenz“ auszuschalten und es „ja nicht anders verdient“ habe. Besonnenere Stimmen wiesen darauf hin, dass für eine echte, zielführende Debatte die tatsächlichen Ergebnisse der Studie notwendig wären und die gemunkelten Ergebnisse vor allem ein Umdenken im Umgang mit den Nutzern der Seiten veranlassen sollten.
Dem kann ich mich voll und ganz anschließen, und das war ja auch bereits Tenor der eingangs erwähnten Diskussion, die wir hier vor einem Jahr geführt hatten: Jeder von uns Filmfans hat sich auf dunklen Wegen schonmal einen Film/eine Serie besorgt, an die wir sonst nicht rangekommen wären. Und oft kam es dann in der Folge auch zum Kauf eines Produkts. Diesen Aspekt will ich gar nicht abstreiten, und doch lässt sich die Studie nicht als Rechtfertigung illegaler Downloads oder Streams mit dem Argument „letztlich sind illegale Downloads ja eine Art Marketing“ heranziehen. Denn die Studie vergleicht offenbar Äpfel mit Birnen, sprich: Das Kaufverhalten von Nutzern illegaler Filmseiten mit dem Kaufverhalten der Durchschnittsbürger. Was wir statt dessen bräuchten wäre eine Studie, die Filmfans in zwei Gruppen aufteilt (nämlich solche, die illegal Filme gucken und solche, die das nicht machen) und dann deren jeweilige Ausgaben für Kino und DVDs vergleicht. Ich vermute, dass dieses Ergebnis ganz anders aussehen würde.
Und was hat sich seit letztem Jahr beim Thema legale Streaming-Dienste getan? Hierzulande leider wenig erbauliches, denn im März hat das Bundeskartellamt eine von RTL und ProSiebenSat1 geplante gemeinsame Online-Videoplattform wegen kartellrechtlicher Bedenken untersagt. Nicht, dass ich als Liebhaber japanischer Filme mir von einer solchen Initiative allzuviel versprochen hätte, aber es wäre immerhin ein Anfang gewesen. Da auch Hulu und Netflix keine Expansionspläne in Richtung Europa zu haben scheinen, ruht meine ganze Hoffnung nun auf Voddler.
Die in Schweden gestartete Video-Plattform hat inzwischen in sämtliche skandinavischen Länder und seit kurzem auch nach Spanien expandiert, arbeitet mit 30 Labels zusammen und führt mehr als 4000 Filme in ihrem Archiv, wovon 80% komplett kostenlos verfügbar sein sollen. Bei einer Stichproben-Suche habe ich mehrere Filme von Takeshi Kitano und Takashi Miike gefunden, aber keinen einzigen Kurosawa (weder Akira noch Kiyoshi) – da ist also noch viel Raum für Verbesserung. Trotzdem scheint mir dies auf mittelfristige Sicht das aussichtsreichste Projekt zu sein und ich hoffe inständig, dass Rechteinhaber und Gruppen wie die GEMA den Schweden keine allzu große Knüppel bei der Erschließung des deutschen Marktes zwischen die Beine werfen. Ich glaube nämlich auch, dass sich illegale Dienste mit einem qualitativ hochwertigen und quantitativ gut bestückten legalen Angebot am erfolgreichsten zurückdrängen ließen. Und das sollte ja letztlich gerade auch im Interesse der Rechteinhaber sein.
Namen wie Hayao Miyazaki, Satoshi Kon, Mamoru Oshii, Mamoru Hosoda oder Katsuhiro Otomo lassen die Herzen von Anime-Fans schneller schlagen. Alles Regisseure, die mit ihren Werken oft neue Dimensionen erschlossen haben und entscheidend zur Entwicklung von Anime zu dem, was uns so begeistert, beigetragen haben. Aber auch diese Meister ihres Fachs haben ihre Filme nicht allein gedreht, oft waren herausragende Szenen und Bilder gar nicht auf ihrem Mist gewachsen, sondern auf dem ihrer Key Animators, japanisch: Sakuga. Den Sakuga war auf der Anime Central vor wenigen Wochen ein Vortrag gewidmet, der – in 9 Teilen zwar aber dennoch in voller Länge – auf Youtube zu sehen ist.
Der Vortrag mit dem Titel „That Scene was Awesome: Japan’s Iron Animators (Sakuga Anime)“ wurde präsentiert von Colin Groesbeck, Neil Clingerman und Sean Bires und zeigt zum einen auf, wie sich Anime gerade durch den Einfluss der Sakuga von der Nachahmung Disneys entfernten und ästhetisch immer eigenständiger wurden. Zum anderen werden einige der bekanntesten Sakuga vorgestellt und erläutert, wie sie mit ihren typischen Stilen und Techniken zur Evolution der Anime beitrugen. Der Vortrag ist mit vielen Ausschnitten aus Filmen und Serien ausgestattet und präsentiert die wichtigen Punkte daher sehr anschaulich und verständlich. Hochinteressant und ein Must-see für jeden, der sich ernsthaft für Anime interessiert!
Via Wildgrounds – Merci beaucoup!
16 Mrz
Irgendwie ist mir dieser Tage angesichts der dramatischen Ereignisse im japanischen Erdbebengebiet der Spaß an Filmen etwas vergangen. Daher gehe ich heute mal einer Frage nach, die mich schon seit einer Weile beschäftigt, nämlich: Soll ich meine DVDs durch Blurays ersetzen?
Auch wenn ich den technischen Fortschritt durchaus interessiert und wohlwollend verfolge, bin ich doch niemand, der immer gleich Trends mitmachten und die allerneuesten Geräte zuhause stehen haben muss. So habe ich mir auch erst kürzlich einen Bluray-Player und die ersten BDs zugelegt. Ein Grund war natürlich der offensichtliche Quantensprung in der Bildqualität: Selbst ein 60 Jahre alter Schwarzweiss-Film wie Tokyo Story sieht einfach viel viel besser aus, von zeitgenössischen, bildgewaltigen Anime wie Summer Wars ganz zu schweigen. Fast ebenso wichtig war jedoch, dass es inzwischen die ersten Veröffentlichungen ausschließlich für BD gab, wie etwa Shohei Imamuras Profound Desires of the Gods (einer meiner ersten BD-Käufe). Auch, dass die Preise sich im letzten Jahr stark dem Niveau von DVDs angenähert haben, hat nicht gerade geschadet. 🙂
Aber was heisst das nun für meine DVD-Sammlung?
Eine Frage, die sich viele im Moment stellen. Für mich steht es außer Frage, alle DVDs durch Blurays zu ersetzen. Von den immensen Kosten einmal ganz abgesehen wird es wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis es die ganzen Filme meiner Sammlung überhaupt auch auf BD geben wird. Anders als beim Wechsel von VHS zu DVD gibt es zudem auch keine Probleme mit der Kompatibilität.
Einzelne Filme, die mir besonders viel bedeuten und bei denen ich mir von der BD-Qualität ein noch größeres Sehvergnügen verspreche, werde ich bei günstigen Gelegenheiten sicherlich durch BDs ersetzen. Auf absehbare Zeit werden aber DVDs wohl noch den Großteil meiner Käufe ausmachen.
Damit befinde ich mich in guter Gesellschaft, denn in 2010 machten Blurays erst ca. 10% der verkauften Filmträger aus. BD-Verkäufe haben sich mit einem Plus von 94 Prozent zwar fast verdoppelt, bis zu den mehr als 100 Millionen verkauften DVDs ist es aber noch ein weiter Weg, auch wenn der DVD-Absatz leicht zurückging (Quelle: Bundesverband Audiovisuelle Medien). Da sich wie erwähnt auch die Preise in großen Schritten denen der DVDs annähern, dürfte deren Vorsprung in den nächsten Jahren dramatisch zusammenschmelzen.
Möglicherweise ist aber nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Frage nach DVD vs Bluray gar nicht mehr stellt. Denn noch rasantere Zuwachsraten als die blauen Scheiben hat derzeit das Electronic Sell Through (EST), dessen Umsatz sich 2010 fast verdreifacht hat. Auf die Vernetzung verschiedener digitaler Kanäle setzen derzeit auch die Inhalteanbieter verstärkt, wenn etwa Handys mit vorinstallierten Filmen beworben werden.
29 Jan
Die finalen Zahlen der Motion Picture Association of Japan sind raus. Zeit also, um einen Blick auf die Trends des Jahres 2010 in den japanischen Kinos zu werfen. Der erste dieser Trends, der beileibe kein japanisches Phänomen war, wird gleich beim ersten Blick auf die erfolgreichsten Filme des Jahres offensichtlich:
Drei US-Filme an der Spitze der Charts, das gab es zuletzt 2006 mit dem Trio aus Harry Potter, Pirates of the Caribbean 3 und The Da Vinci Code, nur dass die Nachfolger von 2010 allesamt 3D-Filme waren. Ein Trend, der im letzten Jahr das Geschehen an den Kinokassen rund um die Welt prägte und auch dafür sorgte, dass die Japaner mit 220 Mrd Yen mehr Geld an den Kinokassen ausgaben als jemals zuvor. Dass Hollywood mit seinen gigantischen Ressourcen dabei den Vorreiter macht, war zu erwarten. Spannend wird es zu sehen, ob die nachfolgenden japanischen 3D-Filme (wie etwa der für 2012 angekündigte Always 3) noch von dem Neuigkeitseffekt profitieren und an die kommerziellen Erfolge anknüpfen können.
3D und Franchises dominierten die Kino-Charts
Bei einem Blick speziell auf die Top10 der japanischen Filme fällt wieder einmal die große Zahl an Fortsetzungen auf. Mit Ausnahme von Arrietty und dem erfolglos ins Oscar-Rennen gestarteten Confessions waren alle anderen japanischen Top-Filme Neuauflagen eines Franchise. Mit Nodame Cantabile 1 & 2 schafften es sogar beide Kino-Auskopplungen der gleichnamigen, höchst erfolgreichen Manga- und TV-Serie unter die Top10. Der Trend, etablierte Stories und Charaktere aus anderen Medien auf der Kinoleinwand weiterzuverwerten, hält also ungebrochen an.
Von dieser Entwicklung mag man halten was man will, sie scheint auf jeden Fall erfolgreich dafür zu sorgen, dass trotz des Hypes um die 3D-Filme aus Hollywood die japanischen Filme ein weiteres Jahr ihren Heimatmarkt verteidigen und 53,6% der Einspielergebnisse einstreichen konnten. Die importierten Filme konnten mit 102 Mrd Yen ihr Ergebnis gegenüber den Vorjahren zwar deutlich steigern, dies dürfte aber weitgehend auf den 3D-Effekt zurückzuführen gewesen sein.
Japanische Filme verteidigen ihren Heimatmarkt
Während die heimischen Filme ihren Rekordumsatz aus dem Vorjahr nochmals leicht übertreffen konnten (118 Mrd Yen gegenüber 117), sank dafür jedoch die Zahl der in den Kinos gezeigten japanischen Filme deutlich von 448 auf 408. Was aber immer noch ein fantastischer Wert ist, bedeutet er doch, dass japanische Filmemacher jede Woche durchschnittlich 8 Filme neu in die Kinos brachten.
Doch es gibt auch Wolken am Horizont. Dazu gehört der zwar verlangsamte, aber scheinbar noch nicht enden wollende Anstieg der Anzahl an Kinoleinwänden. Alle Beobachter gehen schon seit längerem davon aus, dass dieser Trend früher oder später zu einem massiven Kinosterben führen muss – vielleicht lösen nun die technisch anspruchsvollen 3D-Filme einen Verdrängungswettbewerb aus, den viele Kinos nicht überleben. Wir werden sehen.
Ein weiterer bedenklicher aber keineswegs neuer Trend ist die Vorherrschaft von Toho. Unter den 29 in Japan produzierten Filmen, die ein Einspielergebnis von mehr als 1 Milliarde Yen erreichten, stammen drei von Shochiku, fünf von Toei, zwei aus der japanischen Warner-Niederlassung und alle anderen von Toho. Unter die Top10 schaffte es gerade mal ein Film (Confessions), der nicht von Toho produziert oder vertrieben wurde.
Dominanz von Toho hält an
Da Toho nach eigenen Angaben 75 Mrd Yen an den Kinokassen umsetzte, hält dieses eine Studio einen Anteil von fast zwei Dritteln am Einspielergebnis japanischer Filme. Wie gesagt, das ist nichts Neues, sondern vielmehr schon so etwas wie eine Konstante im japanischen Filmmarkt. Es bleibt aber die Frage, wie „gesund“ eine solche Dominanz sein kann. Spannend dürfte die Entwicklung in 2011 werden, denn Toho hat kürzlich angekündigt, die Eintrittspreise in seinen Kinos um ca. 20 Prozent senken zu wollen. Angesichts des horrenden Preisniveaus (15 Euro und mehr für eine Kinokarte sind in Japan keine Seltenheit) kann man das super finden, aber auf der anderen Seite könnte das für kleine Kinos und Verleiher den Ruin bedeuten.
Lassen wir uns überraschen!
28 Sep
Ein gutes Jahr ist es her, dass ich erstmals von den Plänen zu einer umfangreichen DVD-Reihe Japanische Meisterregisseure des österreichischen Labels polyvideo erfuhr, damals über einen Eintrag in einem Filmforum. Da mir die Pläne damals geradezu unglaublich ambitioniert klangen (die Reihe sollte 22 DVDs umfassen, darunter zahlreiche bisher in Europa nicht erhältliche Filme von Yasujiro Ozu) und keine Bestätigung seitens des Labels zu erhalten war – weder auf der Webseite noch auf Nachfrage – habe ich aber zunächst auf Berichte verzichtet.
Dass ich auch seither nicht über die Reihe geschrieben hatte, lag allerdings nicht an gekränkter Eitelkeit, vielmehr wollte ich mir erstmal selbst einen Eindruck von den DVDs machen, bevor ich sie weiterempfehle. Das ist vor ein paar Wochen geschehen, und jetzt wäre ich eigentlich so weit gewesen, die große Werbetrommel zu rühren. Nur ist die Reihe inzwischen eingestellt worden 🙁
Wie der zuständige Mitarbeiter bei polyfilm in einem österreichischen Forum bestätigte, liegt der Grund für die Einstellung in den schlechten Verkaufszahlen, was mich angesichts der eigentlich hochkarätigen Filmreihe und auch der gelungenen Umsetzung (dazu ein andermal mehr) verwunderte. Also hab ich mich direkt an polyfilm gewandt und es ergab sich im Verlauf der letzten Woche ein reger Mail-Austausch mit dem Mitarbeiter, der sehr locker und auskunftsfreudig antwortete.
Offenbar war die ursprüngliche Idee zunächst gewesen, einige Ozu-Filme in den Katalog des Labels aufzunehmen. Im Zuge der Projektplanung entwickelte sich dann die Idee zu der umfangreichen Reihe, zu der neben Ozu noch Filme von Nagisa Oshima, Keisuke Kinoshita und Yoshitaro Nomura gehören sollten und die inzwischen auch erschienen sind. Vor der Fortführung der Reihe mit den Ozu-Filmen traten dann zwar Komplikationen bei den Rechten speziell für zwei der Ozu-Filme auf, wofür sich aber schnell eine Lösung fand, so dass dies kein Hinderungsgrund für die Fortsetzung der Reihe gewesen wäre. Hier kamen vielmehr die wie bereits erwähnt schlecht laufenden Verkäufe ins Spiel, welche das Management alarmierten und schließlich zur Einstellung der Reihe veranlassten. Somit endet diese ausgerechnet mit der 11. DVD, Kinoshitas „Eine japanische Tragödie“, und ohne ihr eigentliches Herzstück, die Ozus.
Nun kann man sich angesichts dieser wahrhaft tragischen Geschichte eines hochambitionierten und bewundernswerten DVD-Projekts die Haare raufen über das Kulturbanausentum der deutschsprachigen Filmkonsumenten und sagen „War ja klar! Was der deutsche Michel nicht kennt, das kauft er nicht“. Aber ich glaube, damit würden wir es uns zu einfach machen. Mein Eindruck aus dem Mail-Austausch war, dass man das auch bei polyvideo so sieht und im Nachhinein das eine oder andere anders entschieden und anders gemacht hätte.
Aber hätte, wäre, wenn, das zählt alles nicht. Und auch wenn ich sehr enttäuscht bin, dass die angekündigten Ozus ausfallen, sehe ich die Sache doch auch positiv: Dank der Reihe sind bereits einige japanische Klassiker in sehr guter Qualität auf den deutschen Markt gekommen, von denen ich das nur in meinen Träumen erhofft hätte! Ich persönlich denke dabei besonders an die fünf Filme Keisuke Kinoshitas, der einige der beliebtesten und erfolgreichsten Filme der japanischen Kinogeschichte schuf und ähnlich wie Mikio Naruse noch in der internationalen Wahrnehmung hinter den großen Drei (Kurosawa, Ozu, Mizoguchi) herhinkt.
Machen wir also aus dieser Tragödie das Beste und freuen uns darüber, dass 11 tolle und seltene Filme den Weg nach Deutschland gefunden haben. Und wenn wir uns ordentlich mit diesen Filmen eindecken und sie weiterempfehlen, können wir vielleicht auch ein kleines bisschen dazu beitragen, dass die Reihe doch irgendwann noch fortgesetzt wird.
via Filmtagebuch