Mein Hamburger Lieblingskino Metropolis (zugleich eines unserer Festivalkinos beim JFFH), bringt im Februar drei Filme von Hayao Miyazaki im Rahmen einer Werkschau! Es handelt sich um Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland und Das wandelnde Schloss. Die Termine im Einzelnen:
Und wie ihr an den Spielzeiten schon erahnen könnt, handelt es sich um eine Werkschau im „Kinder-Retro-Kino“! Entsprechend laufen alle Filme natürlich in der deutschen Fassung. Wahhhh! 🙁
Keine Ahnung, was das Metropolis-Team da geritten hat, normalerweise machen die eigentlich eine sehr gute Programmplanung, aber Mononoke Sonntag Nachmittags im Kinderprogramm… hallo? Naja, ich werde natürlich zähneknirschend hingehen, die Chance, diese Filme auf der großen Leinwand zu sehen, darf man sich schließlich nicht entgehen lassen. Auf dem Weg kann ich dann ja nochmal über die gängigen Vorurteile gegenüber Anime nachdenken.
Daniel hat mal wieder wahre Schätze in den Tiefen von YouTube ausgegraben! Es handelt sich um ein bisher nur in Japan erschienenes Making of von Prinzessin Mononoke mit mehreren Stunden Lauflänge, aufgeteilt in 44 einzelne YouTube-Clips. Daniel hat diese dankenswerterweise auf seinem Blog bequem zusammengestellt: Series 1, Series 2 und Series 3. Bei Teil 3 fehlen derzeit aber noch ein paar Teile.
Das war aber noch nicht alles, denn passend dazu hat er auch noch zwei Videos aus Miyazakis Promotion-Tour für Mononoke gefunden. Wir sehen Miyazaki darin auf dem Toronto International Film Fest, bei einem Besuch in den Disney-Studios und in vielen Gesprächen mit Journalisten, deren Verblüffung über die Komplexität dieses Films in ihren Fragen überdeutlich wird. Ein sehr spannender Einblick nicht nur in Miyazakis Absichten und Konzepte für Mononoke sondern auch in die schwierige Rezeption in Nordamerika.
Drücken wir Daniel die Daumen, dass er von Abmahnanwälten verschont bleibt und weiter in seinem Blog solche genialen Einblicke in die Arbeit des großen Hayao Miyazaki vorstellen kann!
Nur noch drei Wochen müssen die Japaner warten, dann startet Hayao Miyazakis neuester in den Kinos. Ein neuer Trailer soll das Publikum schon mal einstimmen, der natürlich sogleich im Frühstücks-TV bewundert werden will! Das Video zeigt neben dem Trailer – der im Gequatsche der Moderatoren fast etwas untergeht – sehr schön, wie solche Sendungen typischerweise in Japan aufgezogen sind: Ein halbes Dutzend Moderatoren/Gäste bekommt ein Thema vorgesetzt und dann wird drauflos gequatscht. Per Bild-in-Bild werden die Reaktionen auf das im Hauptbild gezeigte für die Zuschauer eingefangen.
[flash]http://youtube.com/watch?v=soghXmUd9CM[/flash]
In diesem Fall bleibt vom Trailer kaum noch was übrig, da auch noch weitere Infos (zu dem Mädchen das den Titelsong singt, Uhrzeit, hastenichgesehn) eingeblendet werden. Frühstücks-TV halt.
15 Jun
Wer schon mal einen Film von Hayao Miyazaki gesehen hat, wird sie nie vergessen: Die mal majestätische, mal zu Tränen rührende, aber immer mitreißende Musik von Joe Hisaishi, der seit Nausicaä eng mit dem Anime-Meister zusammenarbeitet und zu allen seinen Filmen den Score komponierte.
1950 als Mamoru Fujisawa in Nagano geboren, entdeckte er bereits früh die Liebe zur Musik, ging auf die Kunitachi Musikschule in Tokyo und begann in den 1970ern erste Arbeiten als Komponist, unter anderem für einige Anime-Serien. Er war in dieser frühen Phase seiner Karriere sehr von New Age beeinflusst und orientierte sich an einer minimalistischen Philosophie, wandte sich im Lauf seiner Karriere aber immer mehr orchestraler Musik zu. Sein erstes Album erschien 1981, und ungefähr zu dieser Zeit legte er sich auch seinen Künstlernamen Hisaishi Joe zu, den er aus der japanischen Aussprache von Quincy Jones ableitete (eine alternative Lesart von „Hisaishi“ ist „Kuishi“).
Durch eine Empfehlung wurde 1983 Hayao Miyazaki auf ihn aufmerksam und war von seinen Ideen für den Film so begeistert, dass er den ursprünglichen Plan, einen bekannten Komponisten zu engagieren, aufgab und Hisaishi den Soundtrack zu Nausicaä aus dem Tal der Winde und in der Folge für alle weiteren Filme Miyazakis komponierte:
[flash]http://youtube.com/watch?v=IT6rD-4TrEY[/flash]
[flash]http://youtube.com/watch?v=IRpFXTvMQw8[/flash]
Chihiros Reise ins Zauberland:
[flash]http://youtube.com/watch?v=d1ni1sVCgEk[/flash]
[flash]http://youtube.com/watch?v=z1EP9NuyHqY[/flash]
[flash]http://youtube.com/watch?v=clJEd1VWNOQ[/flash]
[flash]http://youtube.com/watch?v=-QAGPUDV-0c[/flash]
Das wandelnde Schloss:
[flash]http://youtube.com/watch?v=D5tTiYT1cgU[/flash]
Und natürlich steuert Hisaishi auch bei Miyazakis neuestem Werk Ponyo on a cliff by the sea, das diesen Sommer in die japanischen Kinos kommt, wieder seine fantastische Musik bei. Die gibts übrigens schon zu kaufen.
Aber Hisaishi verband nicht nur eine lange und regelmäßige Zusammenarbeit mit Miyazaki, er komponierte auch noch für einen weiteren großen japanischen Regisseur: Takeshi Kitano. Eines seiner schönsten und bezauberndsten Werke überhaupt ist zweifellos der Soundtrack für Kikujiros Sommer, für den er nach 1992, 1993, 1994 und 1999 im Jahr 2000 den Japan Academy Award zum fünften Mal erhielt:
[flash]http://youtube.com/watch?v=qEb4TG10jW8[/flash]
Kids Return:
[flash]http://youtube.com/watch?v=cqs-ZFhoQh0[/flash]
Hana Bi:
[flash]http://youtube.com/watch?v=QH02so_qlwI[/flash]
Charakteristisch für die Zusammenarbeit mit Kitano (die übrigens vor einigen Jahren endete, angeblich weil Hisaishis Gehaltsvorstellungen den Budgets der Filme nicht mehr entsprachen) ist ein absolut unverwechselbares Zusammenspiel aus Piano und Synthesizer-Musik, die in den Konzert-Mitschnitten leider nicht rüberkommt. Daher zur Veranschaulichung hier noch Original-Soundtracks, etwa von Sonatine aus dem Jahr 1993:
[flash]http://youtube.com/watch?v=iowg3O4uAGQ[/flash]
Oder Dolls:
[flash]http://youtube.com/watch?v=IFAcvyUMT8E[/flash]
Nun ist die Qualität dieser Youtube-Videos natürlich nicht so dolle. Wem gefallen hat, was er hier eben gehört hat, findet eine reichhaltige Auswahl an CDs bei Amazon, sowohl Original-Soundtracks als auch Compilations und natürlich viele der klassischen Werke, die Hisaishi über die Jahre „einfach so“ komponierte.
Hisaishi ist zweifellos einer der herausragendsten Filmkomponisten unserer Zeit, und so ganz langsam scheint sich das auch bei uns herumzusprechen, davon zeugen zum einen die vielen CDs die es bei Amazon gibt, aber auch, dass seine Titel in letzter Zeit immer wieder etwa bei Klassikradio gespielt werden. Zudem ist er inzwischen auch für ausländische Produktionen tätig gewesen, etwa für den koreanischen Streifen Welcome to Dongmakgol oder The Sun also rises aus China. Nur nach Hollywood scheint sich sein Ruf noch nicht herumgesprochen zu haben…
In den letzten Wochen hat Daniel MacInnes weder Kosten noch Mühen noch Risiken gescheut, eine ganze Reihe Mangas aus der Feder des großen Hayao Miyazaki in sein Blog zu posten und zum Teil mit kurzen Kommentaren zu versehen. Eine wunderbare Gelegenheit, einen kleinen Blick in die Entstehungsgeschichte einiger seiner großen Filme zu werfen!
Sehr interessant ist besonders die Kurzgeschichte Mononoke hime aus dem Jahr 1980, in der nicht nur die Grundlage für den späteren Erfolgsfilm Prinzessin Mononoke gelegt wurde, sondern der offensichtlich auch für Mein Nachbar Totoro einige Inspiration lieferte. Hikoutai judai (1990) dagegen war eindeutig der Ausgangspunkt für den kurze Zeit später entstandenen Porco Rosso. Außerdem finden sich Air Meal, eine Kurzgeschichte von 1994, sowie For my Sister von 1983, deren Stil mich stark an die ersten Skizzen von Gake no ue no ponyo erinnert.
Aber nicht nur Mangas hat Daniel ausgegraben, er muss sich auch ganze Nächte auf YouTube um die Ohren geschlagen haben, um Ghibli Kurzfilme ausfindig zu machen und dann ebenfalls zu posten. Alle Miyazaki-Bewunderer unbedingt auf sein Blog raufschauen! Und möge er weiter von Anwälten verschont bleiben!
31 Mrz
Nicht nur, dass dort Filme und Serien überwiegend im Original gezeigt werden (sowohl im Kino als auch im TV), was einerseits einfach ein viel besseres Filmerlebnis bietet und andererseits auch noch beim Lernen von Englisch hilft. Nein, dort kommen doch tatsächlich auch Ghibli-Klassiker im Kino, einfach so!
Da war ich letzte Woche in Finnland bei einem alten Freund zu Besuch und denke mir beim morgendlichen Blick in die Zeitung „Das ist doch ein Bild aus Porco Rosso!“ Tatsächlich lief der Film im Kino, ich hab natürlich sofort alle Pläne für den Nachmittag über den Haufen geworfen und meinen Kumpel Antti mitgeschleppt. Und es ist einfach ein gaaaanz anderes Erlebnis als zuhause ne DVD einzulegen, auch wenn man vom japanischen Original und den finnischen und schwedischen Untertiteln kaum was versteht!
Achja, Sauna ist in Finnland natürlich auch um Dimensionen besser 😉
Original: Sen to Chihiro no kamikakushi (2001), von Hayao Miyazaki
Die kleine Chihiro und ihre Eltern geraten beim Umzug in ihr neues Zuhause versehentlich in einen aufgegebenen Vergnügungspark. Chihiro ahnt, dass etwas nicht stimmt, aber ihre Eltern machen sich bedenkenlos über die in einer Imbissbude aufgetischten Köstlichkeiten her. Im Herzen des Vergnügungsparks liegt jedoch ein von der Hexe Yubaba geführtes Badehaus für Geister und Götter, und für diese waren die Speisen bestimmt. Zur Strafe verwandelt Yubaba Chihiros Eltern in Schweine.
Der völlig verstörten und eingeschüchterten Chihiro gelingt es jedoch mit Hilfe von Haku, Zauberlehrling und rechte Hand Yubabas, eine Arbeit in dem Badehaus zu erhalten, wodurch sie dem Zauber entgeht. Nun muss sie eine Reihe von Hindernissen überwinden und Abenteuer bestehen, um ihre Eltern wieder in Menschen zurückzuverwandeln. Und auch Haku ist von einem Geheimnis umgeben, das es zu entwirren gilt.
Wieder einmal gelingt es Hayao Miyazaki, eine faszinierende, mitreißende sowie außergewöhnlich detailreiche und daher glaubwürdige und real wirkende Welt zu erschaffen. Das Badehaus mit seinen Fahrstuhlschächten, Vorratskellern, Küchen, Dampfbädern und den unzähligen merkwürdig-grotesken Bewohnern ist ein Kosmos ganz für sich und ein intuitiv nachvollziehbarer noch dazu, so dass kaum etwas dem Zuschauer explizit mittels der üblichen Lückenfüller-Dialoge erklärt werden muss.
So fantastisch diese Geisterwelt auch sein mag, Chihiros Reise ins Zauberland ist der erste und einzige Film Miyazakis, der ausdrücklich im Japan der Gegenwart spielt. Das wird gleich am Anfang klar, als Chihiro und ihre Eltern in einem schicken Audi zu ihrem neuen Zuhause unterwegs sind. Insofern hält die Parallelwelt des Badehauses der japanischen Gesellschaft den Spiegel vor und lehrt Chihiro – stellvertretend übrigens für die verzogenen Töchter eines Freundes von Miyazaki, die ihn zu dem Film inspiriert hatten – wichtige Lektionen über das Leben und traditionelle Werte sowie den Umgang mit Menschen.
Damit kritisiert der Film auch außergewöhnlich direkt den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft. Hatte Miyazaki in seinen früheren Filmen seine Agenda (Achtung vor Menschen und der Umwelt, Ablehnung von Gewalt und Macht) zwar unübersehbar aber doch eher indirekt transportiert, wird er hier an einigen Stellen sehr deutlich, fast drastisch in seiner Verurteilung der modernen Lebens- und Denkweisen. Über all die Symbole und Anspielungen und wie man sie interpretieren könnte ließe sich problemlos ein ganzes Buch schreiben, ich werde mich hier auf drei mir besonders zentral erscheinende Punkte konzentrieren: Erziehung, Konsumorientierung, Mangel an Werten und Traditionen.
Schon am Beginn des Films steht die Kritik an der Erziehung. Chihiro hat überhaupt keinen Bezug zu ihren kulturellen Wurzeln, kleine Schreine am Wegesrand erkennt sie nicht, Skulpturen ängstigen sie, weil sie ihr fremd sind und sie deren Bedeutung nicht kennt. Zudem mangelt es ihr an grundlegenden Umgangsformen: Sie ist völlig verzogen, nörgelt die ganze Zeit, ist unselbständig und muss daran erinnert werden, sich zu bedanken.
Diese Defizite in der Erziehung sind das Ergebnis eines gestörten Verhältnisses von Eltern und Kindern. Es fehlt Chihiro offensichtlich an Zuwendung und Verständnis und auch ihre Ängste beim Betreten des Vergnügungsparks werden von ihren Eltern ignoriert. Chihiro wirkt in dieser Eröffnungssequenz des Films fast wie ein Anhängsel ihrer Eltern, die allein auf ihr eigenes Wohlergehen fixiert sind.
Dieser konsumorientierte Materialismus bringt dann die ganze Handlung ins Rollen: Die Eltern machen sich ohne auch nur einen Moment zu zögern über die für die Götter gedachten Speisen her, Bedenken wischt der Vater mit dem Hinweis auf seine Kreditkarten beiseite. Im Weltbild der Eltern ist alles käuflich, und Kreditkarten lösen jedes Problem. Schnell wird aus dem vorsichtigen Kosten der Gerichte ein wahrhaft tierisches Fressen, das bereits die Entmenschlichung mittels der Verwandlung in Schweine andeutet.
Materialismus und Gier sind Elemente, die sich durch den ganzen Film ziehen. Auch die Hexe Yubaba ist auf Reichtum und weltliche Güter fixiert und die Bewohner und Angestellten des Badhauses geraten völlig außer sich, als ihnen von einem unerwarteten Besucher, dem Ohngesicht, Goldnuggets angeboten werden. Bedenkenlos erfüllen sie diesem daraufhin jeden Wunsch. Angespornt von der Willfährigkeit entwickelt Ohngesicht einen unstillbaren Heißhunger und verschlingt blind alles an Speisen, was ihm geboten wird. Dadurch bläht er sich immer weiter auf und nimmt monströse Züge an, bis Chihiro ihm einen magischen Kloß zu essen gibt.
Diesen Kloß hatte sie zuvor als Dank von einem Flussgeist geschenkt bekommen, den sie von Abfällen befreit hatte. Denn die Konsequenz der Konsumorientierung und des Materialismus ist eine Geringschätzung gegenüber der Umwelt und logischerweise deren Verschmutzung. So trifft der Flussgeist zuerst als Faulgott im Badehaus ein, eine stinkende Schleimspur hinter sich herziehend. Als Chihiro ihn in ein Bad verfrachtet, entdeckt sie eine Art Dorn in ihm, den sie gemeinsam mit anderen herausziehen kann und der sich als Lenker eines Fahrrads entpuppt, das zusammen mit Tonnen anderen Mülls den Flussgeist in einen stinkenden, schmutzstarrenden Faulgott verwandelte.
Vom Müll der modernen Konsumgesellschaft befreit, erscheint der Flussgeist Chihiro in der Form einer Noh-Maske, Symbol für das alte, traditionelle Japan. Daher ist diese Episode für mich das spirituelle Zentrum des Films: Neben der Thematisierung der Umweltschutzproblematik, die sich bei Miyazaki regelmäßig wiederfindet, gibt es hier noch eine weitere, tiefergehende Ebene.
Es wird nämlich nicht nur der Fluss und damit die Natur gereinigt, sondern in gemeinsamer Anstrengung vereint befreien Protagonistin und Antagonistin die Versinnbildlichung der Kultur und Tradition Japans von all dem Schmutz und Abfall, mit dem diese heute bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet ist. Die Besinnung auf althergebrachte Werte, die bereits in der Kritik an Chihiros mangelhafter Erziehung anklang, wird hier im Symbol der Noh-Maske auf den Punkt gebracht und angemahnt.
Mit jedem der erfolgreich absolvierten Abenteuer wächst Chihiro ein Stückchen, wird sich nicht nur ihrer selbst sondern auch ihrer Mitmenschen und ihrer Umwelt bewusster und wird vom hilfsbedürftigen Tollpatsch selbst zu einer großen Hilfe für andere. Bereits in Kikis kleiner Lieferservice stand die Entwicklung und geistig-moralische Reifung eines jungen Mädchens im Zentrum eines Miyazaki-Films.
In Chihiros Reise ins Zauberland geht der Meister nun noch einen Schritt weiter: Chihiros Entwicklung von der verwöhnten Göre zu einem gereiften Mädchen ist nicht nur ein individuelles Beispiel und ein Ansporn, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit dem Lebensstil einer ganzen Kultur. Wie nebenbei trägt die Besinnung auf alte Werte und Moralvorstellungen dazu bei, dass Chihiro erfolgreich ihre Eltern befreien kann.
Dass der Film wunderschön gezeichnet und animiert ist, mit einer Vielzahl liebenswert-skurriler Charaktere aufwartet (es gibt auch ein Wiedersehen mit den makuro kurosuke aus Mein Nachbar Totoro) und überaus unterhaltsam ist, brauche ich wohl nicht weiter auszuführen. Darüber hinaus ist er für mich der vielschichtigste und engagierteste Miyazaki überhaupt, und damit natürlich auch Anwärter auf den Titel des besten Miyazaki.
Hayao Miyazaki feiert heute seinen 67. Geburtstag, der richtige Zeitpunkt, um Julia Nieders Buch Die Filme von Hayao Miyazaki zu empfehlen. Der Einleitung zufolge handelt es sich dabei um ihre Abschlussarbeit an der Universität Mainz, entsprechend ist das Werk sehr klar und fast etwas rigide strukturiert und auch Wortwahl und Sprachstil orientieren sich an akademischen Gepflogenheiten – dennoch ist es gut lesbar.
Nach einem einleitenden Kapitel zu den Besonderheiten und der Geschichte der Anime sowie einem kurzen biografischen Überblick zu Miyazaki selbst, setzt sich Nieder in chronologischer Reihenfolge mit allen seinen Filmen von Das Schloss des Cagliostro bis zu Das wandelnde Schloss auseinander.
Jedem Film sind dabei ziemlich genau 10 Seiten gewidmet, auf denen alles wichtige zur Handlung, den Charakteren, Ästhetik, Stilelementen und auch zu den Produktionshintergründen abgedeckt wird. In jedem Kapitel verweist Nieder auf Besonderheiten, die in dem gerade analysierten Film hervorstechen, sich aber oft auch in den anderen Werken Miyazakis wiederfinden; etwa die häufige Verwendung weiblicher Protagonisten als Mittel der Verfremdung, welche sie exemplarisch an Nausicaä aus dem Tal der Winde bespricht.
In ihrem abschließenden Schlusswort fasst Nieder die wichtigsten Merkmale der Filme Hayao Miyazakis zusammen. Erwähnung finden unter anderem:
Sehr schade finde ich, dass die Anfänge Miyazakis, insbesondere seine Mitarbeit an verschiedenen Zeichentrickserien und dass er sich immer wieder auf diese bezieht, nur nebenbei erwähnt werden. Zudem werden die vielen Screenshots in meinen Augen zu wenig für eine systematische Analyse verwendet, etwa um übergreifende Gemeinsamkeiten der Filme herauszustreichen oder Metaphern und Symbole zu diskutieren. Um dies in der angemessenen Ausführlichkeit machen zu können, hätte Die Filme von Hayao Miyazaki aber deutlich umfangreicher als „nur“ 120 Seiten ausfallen müssen, was dann zugegebenermaßen wohl das Konzept gesprengt hätte.
So ist das Buch auf Grund der konzentrierten und klar voneinander abgegrenzten Auseinandersetzung mit den einzelnen Filmen vor allem als eine Art Nachschlagewerk sehr zu empfehlen: Um sich nach – oder zur Not auch vor – dem Sehen eines der Filme mit wichtigen Hintergründen und Interpretationen vertraut zu machen, ist es genau richtig. Angesichts des Preises von nur etwa 15 Euro und da es das bisher einzige deutschsprachige Buch zu Miyazaki ist, kann ich es als Einstiegslektüre wärmstens empfehlen.