Archive for the ‘News’ Category

Newsflash!

Beim Durchstöbern des Feed Readers sind mir folgende interessanten Neuigkeiten entgegengepurzelt:

Kouji Hoshino, seines Zeichens Präsident des Studio Ghibli, erwähnte in einem Interview, dass ein neuer Film von Altmeister Isao Takahata in Vorbereitung ist: „The preparations for director Takahata’s new film advance. I cannot yet speak about the contents, but it became considerably more concrete since a year ago. Because director Takahata is very cheerful, please expect his new film.“

Das wäre ja was! Ich bin großer Fan Takahatas, der gemeinsam mit Hayao Miyazaki das Studio Ghibli gründete und seit fast 10 Jahren nicht mehr aktiv war. Sein letzter Film My Neighbours the Yamadas datiert aus dem Jahr 1999 und ich hatte mich schon damit abgefunden, dass es sein letzter sein würde. Da sind das wirklich großartige Neuigkeiten! (Via Toronto J-Film Pow Wow)

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Das diesjährige Filmfestival von San Sebastian (18.-27. September) hat eine Japan-Retrospektive im Programm: Japan in Black. Nicht weniger als 43 (!!) Filme werden gezeigt, darunter so ziemlich alles was Rang und Namen hat, von den Klassikern Akira Kurosawa, Shohei Imamura, Yasujiro Ozu über New-Wave Talente wie Nagisa Oshima, Seijun Suzuki, Masahiro Shinoda, Koji Wakamatsu bis zu aktuellen Größen um Takeshi Kitano, Takashi Miike oder Kyoshi Kurosawa.

Wieder einmal macht sich San Sebastian somit auf herausragende Art und Weise um das japanische Kino und seine Bekanntheit im Westen verdient. Vor zehn Jahren hatte eine große Naruse-Retrospektive diesen fast vergessenen Meisterregisseur Kritikern und Cineasten wieder ins Gedächtnis gerufen. Wer also noch ein bisschen Urlaub über hat, Nordspanien ist im September bestimmt nicht zu verachten…

Nur noch drei Wochen müssen die Japaner warten, dann startet Hayao Miyazakis neuester in den Kinos. Ein neuer Trailer soll das Publikum schon mal einstimmen, der natürlich sogleich im Frühstücks-TV bewundert werden will! Das Video zeigt neben dem Trailer – der im Gequatsche der Moderatoren fast etwas untergeht – sehr schön, wie solche Sendungen typischerweise in Japan aufgezogen sind: Ein halbes Dutzend Moderatoren/Gäste bekommt ein Thema vorgesetzt und dann wird drauflos gequatscht. Per Bild-in-Bild werden die Reaktionen auf das im Hauptbild gezeigte für die Zuschauer eingefangen.

[flash]http://youtube.com/watch?v=soghXmUd9CM[/flash]

In diesem Fall bleibt vom Trailer kaum noch was übrig, da auch noch weitere Infos (zu dem Mädchen das den Titelsong singt, Uhrzeit, hastenichgesehn) eingeblendet werden. Frühstücks-TV halt.

Via Conversations on Ghibli

Die Animationsschule Studio Goldfish mit ihrem Gründer Shinya Tsuji bieten im Juli Vorträge und Workshops zu Anime an. In diesem Rahmen sollen auch einige Anime-Kurzfilme, die bei früheren Workshops entstanden sind, gezeigt werden. Das ganze findet im Japanischen Kulturinstitut in Köln statt und wird von der Japan Foundation gefördert, daher auch die günstigen Konditionen:

1. WORKSHOP FÜR JUGENDLICHE (Altersgruppe 10 €“ 15 Jahre)

23. €“ 25. Juli 2008, jeweils von 15 €“ 17 Uhr
Teilnahmegebühr (komplett für alle drei Tage) EUR 25.00

2. WORKSHOP FÜR ERWACHSENE (Altersgruppe ab 16 Jahre)

28. €“ 30. Juli 2008, jeweils von 18 €“ 20 Uhr
Teilnahmegebühr (komplett für alle drei Tage) EUR 35.00 (ermäßigt EUR 30.00)

Der Vortrag mit demTitel „Die Geschichte der japanischen Anime“ befasst sich wohl vor allem mit der früheren Phase, bevor Anime so richtig weltweit populär wurden und findet am 25. Juli um 19.00 Uhr statt.

Klingt spannend, wer interessiert ist kann noch weitere Infos lesen oder sich direkt anmelden.

Chain

Original: Chain (2007) von Akihito Kajiya

Ein Amokläufer erstach heute 7 Menschen, weitere 10 wurden zum Teil schwer verletzt. Die Tat ereignete sich im Tokyoter Stadtteil Akihabara während eines autofreien Sonntags, der noch mehr Besucher als gewöhnlich in das Einkaufsviertel lockte. Der Täter war zunächst mit einem Lieferwagen in die Menge gefahren und hatte dann wahllos um sich gestochen. Nach seiner Festnahme sagte er, er sei der Welt müde und hätte einfach nur irgendwen töten wollen.

Auf den Tag genau vor 7 Jahren erstach ein Amokläufer an einer Grundschule in Osaka 8 Schülerinnen und Schüler und verwundete 15 weitere. Nach seiner Festnahme gab er zu Protokoll, dass er vom Leben die Schnauze voll habe und die Todesstrafe wolle, zu der er später auch verurteilt wurde.

Was haben diese furchtbaren Ereignisse nun mit dem Film Chain zu tun? Der Abschlussarbeit eines Studenten der Osaka University of Arts, die ich in Anwesenheit des Regisseurs vor einer guten Woche beim JFFH sehen konnte? Regisseur Kajiya griff die Ereignisse in seiner Heimatstadt Osaka von 2001 sowie ein persönliches Erlebnis, als in seiner Nachbarschaft ein Mann drohte, in einem Kindergarten Amok zu laufen, auf und fragte sich, was einen Menschen dazu bringen mag, wahllos andere zu töten. Dazu benutzt er vier Handlungsstränge um vier Hauptpersonen – zwei Schülerinnen, deren Lehrerin sowie den Kollegen des Ehemanns der Lehrerin – deren Wege sich immer wieder kreuzen, sich immer weiter verweben, eine Reaktionskette auslösen und schließlich in einem Blutbad an der Schule enden.

Alle vier haben schwer an ihren Problemen zu tragen: Die Schülerin Rie leidet unter der bevorstehenden Scheidung ihrer Eltern und wird in der Schule gehänselt, unter anderem von Rena, die dadurch ihre eigenen Minderwertigkeits- und Schuldgefühle übertünchen will. Die Lehrerin wiederum leidet mit ihren Schülerinnen und nimmt deren Probleme gewissermaßen mit nach Hause, während der Kollege ihres Mannes gerade eine Scheidung hinter sich hat und zu allem Überfluss auch noch gefeuert wird.

Letztlich sind es jedoch nicht diese faktisch-eindeutigen Gründe die zum Wahnsinn des Amoks führen, denn diese würden eine solche Tat gewissermaßen nachvollziehbar und verständlich machen. Vielmehr sind es kleine, schwer interpretierbare Details und Ereignisse des Alltags, wie lärmende Mädchen auf dem Schulweg oder ein unachtsamer Rempler auf der Straße, die eine unkontrollierbare Kettenreaktion auslösen und irgendwann einen emotionalen Kurzschluss verursachen, der in der Gewalt mündet.

Screenshot Chain

Chain hat nur eine Spielzeit von etwa 60 Minuten und bewegt sich somit – nicht zuletzt auf Grund seiner episodenhaften Erzählweise – gefühlsmäßig irgendwo zwischen Kurzfilm und Spielfilm. Die Art und Weise, wie diese Episoden miteinander verwoben sind, und wie das blutige Finale in Szene gesetzt ist, ist phänomenal und weist eine filmische Reife auf, die weit über dem liegt, was ich bisher von Studentenfilmen gesehen habe. Chain packt einen von der ersten Minute und lässt einen nicht wieder los; für mich einer der besten Filme die dieses Jahr auf dem Japanischen Filmfest liefen!

Nicht nur die Geschichte und ihre dramaturgische Umsetzung sind erstklassig, auch Inszenierung und Ästhetik sind mit ihrem halbdokumentarischen Charakter absolut stimmig. Einzige Schwäche ist die etwas zu kurz gekommene Verbindung zwischen dem Amokläufer und den Schülerinnen. Würde hier noch etwas nachgearbeitet, hätte der Film mit einer Laufzeit von vielleicht 70, 75 Minuten einen Release absolut verdient! Wie in Falling Down werden auch in Chain gesellschaftliche und familiäre Probleme und Fehlentwicklungen thematisiert, die aber sehr viel realer, greifbarer und alltäglicher sind. Anders als der Schumacher-Film wird die Entstehungsgeschichte des Amoklaufs dezidiert aus der Perspektive mehrerer Betroffener unter die Lupe genommen. Überhaupt hat der Film keine politische Attitüde, bleibt viel mehr auf der menschlich-persönlichen Ebene und wirkt sehr authentisch und realistisch.

Im Gegensatz zu Falling Down und anderen westlichen Filmen zum Thema ist hier – wie auch bei den geschilderten realen Amokläufen – ein Messer die Tatwaffe, und Kajiya setzt diesen Umstand exzellent ein, um dem Wahnsinn der Tat auf schauerliche Weise Nachdruck zu verleihen. Zudem berichtete er nach dem Film, dass Amokläufe in Japan fast nie mit Schusswaffen durchgeführt werden und die Täter daher eigentlich immer festgenommen werden können.

Damit sind diese Wahnsinnstaten auch Ausdruck der unterschiedlichen Gewaltkultur in Japan und dem Westen. Während durch die Dominanz von Schusswaffen im Westen Gewalt stärker technisiert, unmittelbarer und damit „leichter ertragbar“ wird, sind Stechwaffen nach wie vor sehr archaisch, verursachen große körperliche Anstrengung und durch ihre allgemeine Verfügbarkeit (ein großes Brot- oder Fleischermesser gibt es in praktisch jedem Haushalt) auch eine ganz andere, direktere und damit viel schockierendere Form von Bedrohung, die auf leisen Sohlen daherkommt und dann wie aus dem Nichts über die Menschen hereinbricht.

Wie in Akihabara heute.

Der neue Film von Kiyoshi Kurosawa, Tokyo Sonata, wurde beim Festival in Cannes mit dem Preis der Jury für die Sektion „Un certain regard“ (was immer das auch bedeuten soll, vermutlich sind damit unbekanntere Filme, die einen Blick wert sind gemeint) ausgezeichnet. Schöne Sache, der nicht mehr ganz junge Kurosawa gilt ja schon seit längerem als einer der japanischen Vorzeigeregisseure und hatte diesen Preis bereits 2001 einmal eingesackt, damals für Kōrei.

Dieser Film und die Auszeichnung hat mir schön vor Augen geführt, welche Verbindungen sich zwischen Blogs und den Bloggern entwickeln können. Jason Gray, Japan-Korrespondent für Screen International war offenbar an der Produktion von Tokyo Sonata beteiligt, und hat logischerweise dann auch als erster von dem Gewinn des Preises berichtet. Zuvor hatte schon Tom Mes eine Lobeshymne auf den Film gesungen, auf seiner Seite Midnight Eye, für die auch Jason Gray regelmäßig schreibt. Und auch Nicholas Rucka, weiterer Herausgeber von Midnight Eye, verwies in seinem Blog auf die Berichte bzw. Kritiken von Mes und Gray zu Tokyo Sonata.

Das soll jetzt nicht als Verurteilung oder dergleichen verstanden werden, ich schätze die oben erwähnten Kinoverrückten sehr. Es zeigt aber auch, wie klein die „Szene“ ist und wie schnell Interessenskonflikte entstehen können, wenn man von der berichtenden und beurteilenden Seite auf die produzierende wechselt.

Bin heute für den Rest des Abends (mal wieder) mit der Vorbereitung des JFFH beschäftigt, aber diesen Hinweis muss ich einfach schnell loswerden: Am Samstag (19. April) läuft Mein Nachbar Totoro auf SuperRTL. OK, nicht gerade das Gelbe vom Ei, mir wäre Arte natürlich auch lieber, aber besser als nichts. Die weiteren Details zum Sendetermin.

Und jetzt wieder in die Hände gespuckt und zurück an die Arbeit!

Freitag Abend war mal wieder Meeting in großer Runde mit dem Nihon Media Team, die Orga des Japanischen Filmfestes hier in Hamburg nimmt langsam richtig Fahrt auf. Es ging vor allem darum, die Filme (die inzwischen weitgehend feststehen), zwecks Texterstellung fürs Programmheft unter den Helfern zu verteilen und natürlich wurden auch viele andere organisatorische Dinge angesprochen, vom neuen Logo über Sponsoren bis hin zur Festivalparty.

Die Filmliste fällt etwas kürzer aus als im letzten Jahr, bietet aber wieder einige Schmankerl auf die ich mich persönlich zum Teil sehr freue, sowie ein paar richtig heiße Eisen, die allerdings weniger mein Fall sind. Paradebeispiel für letztere Kategorie ist Machine Girl – der Film ging schon so die Blogs rauf und runter, dass ich dazu wohl nichts mehr zu sagen brauche – der fest eingeplant ist, bei dem endgültige Zusage allerdings noch aussteht. Es könnte also noch was dazwischen kommen, aber unser Cheforganisator Olli ist wild entschlossen, das zu verhindern (O-Ton: „Nur über meine Leiche!“).

Ich hab übrigens Faces of a fig tree und Dainipponjin abbekommen (Kommentar: „Nette Arthaus-Filme, genau das richtige für dich“ 🙂 ) und bin schon sehr gespannt, nicht zuletzt darauf, wie es sich anfühlt, mal nicht für den eigenen Blog sondern für ein Festivalprogramm zu schreiben. Ausführliche Rezensionen kommen aber erst nach dem Filmfest, mangels Zeit. Denn ich arbeite ja auch noch an der neuen Festival-Webseite, die gut vorankommt, was aber eben zeitintensiv ist. Daher war auch in der letzten Zeit meine Posting-Frequenz etwas niedriger als gewöhnlich, das wird leider auch noch eine Weile so bleiben. Sorry, Filmfest geht jetzt vor!

Nachdem kürzlich bereits das Shinjuku Wald9 seine geplante Aufführung des Dokumentarfilms Yasukuni wegen Drohungen aus der nationalistischen Ecke abgesagt hat, haben nun vier weitere Kinos (drei in Tokyo, eines in Osaka) den Schwanz eingezogen. Als Grund wurden wie schon zuvor mögliche „Unannehmlichkeiten“ für benachbarte Geschäfte genannt. Derzeit planen noch Kinos in Nagoya, Sapporo, Hiroshima und Fukuoka, den Film zum Start am 12. April in ihr Programm aufzunehmen.

Man mag sich ja wundern, warum die Kinos angesichts des kontroversen Themas des Films ihn überhaupt ins Programm nehmen wollten. Ich könnte mir vorstellen, dass die Betreiber hofften, dadurch neue Besuchergruppen zu erschließen und Leute aus dem eher intellektuellen Spektrum anzuziehen. Jetzt, wo die Sache langsam heiß wird und das familienfreundliche Image in Gefahr gerät, macht man dann schnell einen Rückzieher. Es wird nun spannend zu sehen, wie erfolgreich Yasukuni in den Kinos sein wird, die sich trauen ihn zu zeigen. Wenn er gut abschneidet, was angesichts des Rummels gar nicht so unwahrscheinlich ist, könnte das vielleicht für die Zukunft den Betreibern etwas das Rückgrat stützen.

Inzwischen nimmt die Affäre auch eine zunehmend politische Färbung an. Der Verband der japanischen Regisseure zeigte sich der Japan Times zufolge über die Vorgänge besorgt und sieht die freie Meinungsäußerung in Japan in Gefahr. Zudem gibt es erste Stimmen von Politikern der Regierungspartei LDP, die darüber nachdenken, die Gelder, mit denen die Produktion des Films von einem Förderprogramm unterstützt wurde, zurückzufordern. Grund: Politisch nicht neutral und „Anti-Japanisch“.

Update: Inzwischen hat Nobutaka Machimura, Chefkabinettssekretär der japanischen Regierung, in einer Pressekonferenz Vorwürfe zurückgewiesen, dass die Äußerungen von Mitgliedern seiner Partei zu den Absagen geführt haben könnten: „“I don’t think their actions caused the cancellations.“ Er sieht aber dennoch in der Affäre eine Gefahr für die Meinungsfreiheit: „It’s extremely unfortunate that bullying and pressure can affect freedom of expression.“