… entdeckt David Bordwell und lässt uns dankenswerterweise wieder einmal an seinen Erkenntnissen teilhaben. Ausgangspunkt ist die dem Leben und Werk des Schwertfilmstars Bando gewidmetet Dokumentation Bantsuma: The Life of Tomasaburo Bando, die ihm zufolge tiefe und begeisternde Einblicke in die außergewöhnliche Kreativität und Innovationskraft des japanischen Actionkinos der frühen 1920er Jahre erlaubt.
In seiner unnachahmlichen Weise verdeutlicht Bordwell dies mit Analysen zahlreicher Screenshots und ausgewählter Szenen und kommt zu der Schlussfolgerung, dass bereits diese frühen Filmemacher die Logik und Normen des Continuity-Cuttings verinnerlicht haben und konsequent anwenden. Dabei gehen sie aber noch einen Schritt weiter und stehen – Bordwell zufolge – damit in einer Reihe mit den etwa zur gleichen Zeit von Eisenstein entwickelten Ideen der Montage.
This is innovative filmmaking of a high order, and it took place in a shamelessly commercial film industry. Mainstream filmmaking in Japan has been open to stylistic experiment to a degree rare in other popular cinemas. You can trace a line from the 1920s to the present, from the chambara directors through Ozu and Mizoguchi and Kinoshita and Suzuki Seijin right up to Kitano and Miike.
Und genau dieser Wille und diese Bereitschaft zur Innovation und zum Außergewöhnlichen auch des kommerziellen Kinos sind es, die mich von Anfang an so an japanischen Filmen faszinierten. Immer wieder entdecke ich Neues, Atemberaubendes und Unerwartetes, sei es in „klassischen“ Filmen eines Mizoguchi, Shindo, Teshigahara, ihren Nachfolgern der Gegenwart wie Miike oder Iwai oder den vor Kreativität und Wagemut geradezu sprühenden Anime. Das macht das japanische Kino für mich so unvergleichlich!
Falls jemand das Post zum Kurosawa-Essay sucht: Hier gehts lang.
Und falls sich jemand wundert, wieso dieser alte Beitrag die letzten Tage plötzlich wieder ganz oben stand: Freitag habe ich den Kurosawa-Vortrag für die DJG Oldenburg gehalten und wollte etwaigen am Essay interessierten Zuhörern das Suchen im Blog ersparen, weshalb mal das Adhesive-Plugin zum Einsatz kam.
Im Rahmen der Veranstaltung der DJG in Oldenburg bin ich auch einer wahren Heldin begegnet, und zwar einer netten jungen Dame des lokalen Radiosenders, die mit mir mein erstes Radiointerview machte (und deren Namen ich beschämenderweise wieder vergessen habe). Die hatte sich doch tatsächlich auf ein 5-minütiges Interview mit einem völlig unbedeutenden Fan japanischer Filme vorbereitet und wusste sogar, dass Kurosawa sehr viel mehr Drehbücher schrieb, als er Filme drehte! Die Erinnerung an dieses Interview rüht mich jetzt noch zu Tränen und lässt mich hoffen, dass unsere Medien vielleicht doch noch zu retten sind.
Dazu musst du jetzt schnell oben auf den neuen Link „Shop“ klicken und wie wild DVDs und Bücher in meinem neuen Japankino-Shop kaufen! Dabei handelt es sich um einen Amazon aStore, auf den ich durch pauline aufmerksam geworden bin.
Da ich schon des öfteren gefragt wurde, wo man denn diese ganzen Filme über die ich immer schreibe oder die Bücher dazu kaufen könne, ist die Einbindung eines solchen Shops nur konsequent: Wer sich für das Thema interessiert und Literatur oder Filme sucht, muss sich so nicht erst lange durch das gigantische Amazon-Sortiment wühlen, sondern bekommt alles schön von mir vorsortiert präsentiert. Und ich muss nicht mehr lange erklären, wo es welche Bücher gibt und warum man auf jeden Fall die DVD aus der BFI-Edition kaufen soll und nicht die deutsche Ausgabe.
Eine klassische Win-Win-Situation würde ich sagen… achja, und Amazon kann sich natürlich auch nicht beklagen. 😉
Seit Monaten habe ich mich fast ausschließlich mit Filmen von Mikio Naruse und Akira Kurosawa beschäftigt. Beide Regisseure haben mir mit ihren Filmen großartige, bereichernde und erfüllende Stunden geschenkt und auch die Beschäftigung mit der Literatur zum Thema war immer interessant und sehr aufschlussreich. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass ich etwas Abwechslung brauche, einen filmischen Tapetenwechsel gewissermaßen.
Und natürlich habe ich schon ein neues Feld gefunden, das ich beackern kann. Eines, dem ich mich bisher noch so gut wie überhaupt nicht gewidmet habe und das ursprünglich doch mein Interesse an japanischen Filmen erst geweckt hat: Anime. Es waren ursprünglich nämlich die Filme des Studio Ghibli, deren Faszination ich mich nicht entziehen konnte und die ein weitergehendes Interesse am japanischen Kino weckten. Zudem sind Anime seit jeher ein integraler Bestandteil der Kinolandschaft in Japan, heute mehr denn je. Etwa die Hälfte aller Kinokarten werden für Animes verkauft, die auch international erfolgreichsten Filme der letzten Jahre waren Animes.
Ich bin schon sehr gespannt auf diese neue Filmwelt, von der ich bisher noch kaum etwas weiß. Herantasten werde ich mich erst einmal über die Werke des Großmeisters Hayao Miyazaki, Klassiker wie Akira und Ghost in the shell stehen natürlich auch ganz oben auf meiner Liste, und dann gibt es ja noch die Anime-Bestenliste. Natürlich sind Tipps und Filmvorschläge gern gesehen!
Achja, da ich bei der Vorbereitung meines Kurosawa-Vortrags entdeckt habe, dass man mit dem VLC-Player ganz einfach Screenshots machen kann, werde ich jetzt auch öfter mal Filmbesprechungen mit Bildern anreichern. Wie sich das für ein multimediales Medium wie das Internet gehört!
3 Mrz
…habe ich für meinen Vortrag bei der DJG Hamburg zwar nicht eingeheimst, aber dafür reichlich Lob von den etwa 30 Zuhörern. Fast noch wichtiger: Mir selbst hat’s auch riesigen Spaß gemacht!
Etwas nervös war ich vorher schon, schließlich habe ich einen derartigen Vortrag noch nie gehalten. Klar, Referate an der Uni, aber da reichen doch meist 20 Minuten und ein paar Folien. Mit einer angepeilten Rededauer von 80 Minuten und einer Powerpoint-Präsentation mit sage und schreibe 100 Folien – die meisten davon allerdings Screenshots aus Filmen – war das dann doch ein ganz anderes Kaliber. Aber nachdem ich dann losgelegt hatte, gab es keine Nervosität und kein Halten mehr.
Eine Lektion hab ich aber auf alle Fälle gelernt: Immer eine Übersicht über die Abfolge der Folien in den Notizen mit einbauen. Ich bin doch des öfteren etwas aus dem Tritt gekommen, wenn plötzlich eine Folie zu einem eigentlich schon abgeschlossenen Thema kam, oder die mir sonstwie grade nicht in den Kram passte.
Großen Dank auch noch an meinen Kollegen Tobi, der mir einen überaus praktischen Laserpointer mit Steuerungsfunktion für Powerpoint auslieh, an dem ich mich während des Vortrags festhalten konnte. 😉
In den nächsten Tagen werde ich übrigens noch meine Notizen überarbeiten und dann hier in Essay-Form zum Download bereitstellen.
Update: Den Kurosawa-Essay gibt es inzwischen hier als PDF.
6 Feb
Vor einiger Zeit habe ich Freunden bei der Deutsch-Japanischen Gesellschaft zu Hamburg angeboten, im Rahmen ihrer Shinwakai-Treffen einen Vortrag zu Akira Kurosawa zu halten. Im kleinen Rahmen, nichts berühmtes. Wir haben uns dann auf den 1. März als Termin geeinigt und vor ein paar Tagen hat die DJG die Einladungen verschickt. Kaum geschehen, meldet sich bei mir ein Herr Teller von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft aus Oldenburg. Und jetzt halte ich den Vortrag zwei Wochen später im April auch in Oldenburg!
Wenn das so weitergeht, moderiere ich nächstes Jahr die Oscar-Verleihung. 😉
29 Jan
Eine bitterböse Abrechnung mit aktuellen Tendenzen der Filmkritik hat neulich Thomas in sein Filmtagebuch gehackt. Abgesehen davon, dass darin sogenannte Filmkritiker, die letztlich nur weichgespülte PR für die gerade angesagten Blockbuster machen, in die Pfanne gehauen werden, finden sich auch wichtige Gedanken zur Bedeutung von Filmkritik:
Filmkritik kann vieles sein. Zuallererst eine Dokumentation von Erfahrung. Dann Speicher für Beobachtungen, Festhalten von Eindrücken und Auffälligkeiten. Nicht zuletzt wird der einzelne Film mit seinen ephemeren Qualitäten verankert in einem Netz aus Bedeutungen, Ansichten, Geschichten, Traditionen. Filmkritik ist Reden über einen Film – mit dem Vorteil einer dokumentierenden Speicherung der Auseinandersetzung.
Wo er Recht hat, hat er Recht! Reden über einen Film – am besten in vertrauter Runde – bringt immer noch die besten Gedanken hervor, hilft dabei, das Erlebnis Film zu verarbeiten und sich zu vergegenwärtigen, was der Film in einem selbst bewegt und ausgelöst hat.
Diese Chance bietet ein Stück weit auch eine Filmkritik, denn der Autor setzt sich natürlich mit einem Film, über den er schreibt, zwangsweise ganz anders auseinander. Was einer klassischen Filmkritik aber immer abgeht, ist das Einbeziehen und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Sichtweisen. Der Kritiker schreibt eben aus seiner Perspektive, und man kann sich dann seinen Teil dazu denken.
Das Großartige an Kritiken in Blogs ist dagegen, dass sich durch Kommentare das Reden über den Film gewissermaßen simulieren lässt. Das war eben auch die Hoffnung, die ich mit dem Bloggen hier verbunden habe: Diskutieren über die genialen – und natürlich auch weniger genialen – Filme, Eindrücke austauschen und Stimmen sammeln. Da mir natürlich bewusst ist, dass ich mir dafür eine ziemlich abstruse Nische ausgesucht habe, ist mir auch klar, dass ich einen langen Atem brauche. Aber ich bin zuversichtlich, denn da draußen gibt’s genug Verrückte wie mich. 😉
2 Dez
Was war drin? Natürlich zwei DVDs: Das Leben der Frau Oharu und Die 47 Samurai, zwei Meisterwerke von Kenji Mizoguchi, nach denen ich schon lange gesucht hatte.
In Deutschland waren die einfach nicht aufzutreiben, aber wozu gibt’s schließlich Ebay? Dort bin ich dann bei einem (netten und zuverlässigen) Typen aus Südkorea fündig geworden, der öfter mal Klassiker des japanischen Kinos anzubieten scheint. Da ist mir mal wieder klar geworden, dass ich ohne die technische und wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen 10 bis 15 Jahre mit meinem Hobby ganz schön aufgeschmissen wäre!
Lang lebe das Internet! Lang lebe die Globalisierung!
Beim Auspacken hab ich dann zwar kurz einen kleinen Schrecken bekommen, als auf der einen Hülle keine englischen Untertitel erwähnt waren (koreanische Untertitel sehen zwar lustig aus, sind aber nicht wirklich hilfreich, und mein japanisch ist bestenfalls *hüstel* rudimentär).
Jetzt freu ich mich natürlich erstmal auf zwei faszinierende Filmabende! Und sobald ich mal wieder Zeit hab, folgen die Eindrücke zu den Filmen.