Den Auftakt zu meinen persönlichen AK100-Feierlichkeiten macht heute ein Schnelldurchlauf durch einige der wichtigsten Stationen seiner Regiekarriere in Form von Trailern, wobei ich versucht habe solche zu finden, in denen der „Tenno“ auch selbst auftaucht. Los geht’s natürlich mit dem Film, mit dem sein kometenhafter Aufstieg zu internationalem Ruhm begann: Rashomon.
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=xCZ9TguVOIA[/flash]
10 Jahre später stand sein größter kommerzieller – und meistkopierter – Erfolgsfilm bevor: Yojimbo.
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=BtieaYeqMbM[/flash]
1963 dann Kurosawas letzter und zugleich bester Ausflug ins Kriminalgenre: Zwischen Himmel und Hölle.
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=xfCYzNoosfw[/flash]
Während zwei Jahren Vorbereitungs- und Drehzeit kam es schließlich zum Bruch mit Toshiro Mifune, seinem perfekten, kongenialen Partner vor der Kamera. Rotbart wurde ihre letzte gemeinsame Arbeit:
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=TgNgXsKSzp0[/flash]
Nach der gescheiterten Beteiligung an dem Großprojekt „Tora! Tora! Tora!“ arbeitete Kurosawa doch noch im Ausland, allerdings hinter dem „Eisernen Vorhang“ in der Sowjetunion. In den Weiten Sibiriens entstand Dersu Uzala:
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=ENaCqkJUVLI[/flash]
Fünf Jahre vergingen, bis Kurosawa die Finanzierung für ein Projekt sicher gestellt hatte, das mit Abstand der aufwändigste Hintergrund für eine Whiskey-Werbung aller Zeiten war: Kagemusha.
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=OGYvLtNFUgQ[/flash]
Heute vor 100 Jahren, am 23. März 1910, wurde Akira Kurosawa in einem südlichen Stadtbezirk Tokyos geboren. Er gilt als der bekannteste und einflussreichste japanische Regisseur überhaupt und als einer der wichtigsten Regisseure der Kinogeschichte weltweit. Von seiner Bedeutung für den japanischen Film und das Weltkino abgesehen, hat Akira Kurosawa aber in den letzten Jahren auch für mich ganz persönlich eine wichtige Rolle gespielt.
Ohne Kurosawa und seine Filme würde ich nämlich diesen Blog nicht schreiben und mich wahrscheinlich auch nicht weiter für japanische Filme interessieren. Meine ersten Begegnungen mit japanischen Filmen erlebte ich im Frühjahr 2003, als ich Prinzessin Mononoke und Chihiros Reise ins Zauberland sah. Ich war total begeistert, ohne dass ich das aber zum Anlass genommen hätte, mir weitere Filme aus Japan anzusehen. Erst zwei Jahre später fiel mir Rashomon in die Finger, und nun machte es plötzlich „klick“.
Zum Glück gab es damals gleich um die Ecke bei mir eine hervorragende Videothek, bei der ich mir weitere Filme Kurosawas ausleihen konnte. Außerdem stieß ich in der Uni-Bibliothek auf Bücher über Kurosawa, las seine Autobiographie und dann auch Donald Richies Standardwerk Hundred Years of Japanese Film – und nun gab es kein Halten mehr! Ich wollte immer mehr wissen, immer mehr dieser fantastischen Filme sehen und ihre Hintergründe verstehen.
Schnell war ich an einem Punkt angekommen, an dem mir eine passiv-konsumierende Rolle nicht mehr reichte. Ich wollte mich mit anderen Menschen über diese Filme austauschen und ein kleines bisschen dazu beitragen, dass mehr Menschen diese in Deutschland weitgehend unbekannten Schätze zu sehen bekommen. Am 22. September 2006 ging es dann los mit Japankino und nicht zufällig waren die ersten Filme, die ich hier vorgestellt habe, durchweg von Kurosawa: Ein wunderschöner Sonntag, Kein Bedauern für meine Jugend, Yojimbo und Madadayo legten die Basis.
Im selben Jahr war ich außerdem nach Hamburg gezogen und es dauerte natürlich nicht lange, bis ich herausfand, dass die Hansestadt mit einem eigenen japanischen Filmfest gesegnet ist. Nach einem Besuch als Dauerkarteninhaber war ich dann auch ruckzuck im Orga-Team und habe mich die letzten beiden Jahre bemüht, das JFFH noch interessanter und vielfältiger zu machen. Am Ende des letzten Filmfests wurde ich mal gefragt, was denn fürs nächste Jahr ansteht und die Antwort war natürlich klar: Eine Kurosawa Retrospektive. Zum Glück musste ich für die Idee bei den anderen Team-Mitgliedern nicht allzu viel Werbung machen und bald ist es dann soweit.
Für mich schließt sich damit in gewisser Hinsicht der Kreis: Akira Kurosawas Filme standen ganz am Anfang und lösten meine Liebe zu japanischen Filmen mit aus. Jetzt, ein paar Jahre später, kann ich selbst ein kleines bisschen dazu beitragen, eine Kurosawa-Retrospektive auf einem Filmfest zu organisieren und die Begeisterung immer weiter zu tragen. Das soll natürlich auch hier im Blog weitergehen und ich werde daher in den nächsten Wochen – so weit das die Zeit zulässt – meine kleine private Kurosawa-Retro zelebrieren, mit der „richtigen“ beim JFFH als Höhepunkt.
Los geht’s in den nächsten Tagen mit einer Trailer-Sammlung, ein besonders schönes Exemplar gibt’s heute schon:
Die Frage, ob Ponyo nun in die deutschen Kinos kommt oder nicht ist immer noch offen, aber in den Kommentaren dazu hat sich eine kleine Diskussion zwischen stecornized und ponyo entwickelt, in der es um die Lieblingsfilme aus dem Hause Ghibli geht.
Da ich mir bei dieser Frage auch immer sehr schwer tue, hab ich mir gedacht, dass sich daraus doch wunderbar eine kleine Umfrage machen lässt. Weil es doch eine ganze Menge Filme aus dem Hause Ghibli gibt, hab ich die Umfrage erstmal auf die Frage beschränkt, welcher Miyazaki der beste ist.
+++ Update 21.03.2010+++
Seit dem Provider-Umzug hab ich die Umfrage irgendwie nicht mehr zum Laufen gebracht. 🙁
Aber irgendwann muss ja sowieso mal Schluss sein. Daher hier das amtliche Endergebnis, bei dem ich auch Maralds Stimme für Kiki noch hinzugezählt habe. Damit gingen insgesamt 133 Stimmen in das Endergebnis ein. And the winner is…
Dass es so deutlich werden würde, hatte ich nicht erwartet. Wo ich mir doch selbst immer so schwer tue, einen Lieblings-Miyazaki zu nennen…
14 Mrz
Original: Yūkoku (1965) von Yukio Mishima
Im Februar 1936 scheitert ein von Offizieren geplanter Staatsstreich. Ein Leutnant wird dem Exekutionskommande zugeteilt, doch er unterstützt die Putschisten und entscheidet sich mit seiner Frau zum rituellen Selbstmord, dem Seppuku. Diese einfachen Hintergründe erfahren wir mittels einer Schriftrolle, denn Patriotism ist ein Stummfilm, begleitet allein vom „Liebestod“ aus Richard Wagners Tristan und Isolde.
Yukio Mishima drehte diesen 30-minütigen Kurzfilm in zwei Tagen auf Basis seiner eigenen, vier Jahre zuvor verfassten Kurzgeschichte und spielt dabei auch gleich selbst die Rolle des Leutnants. Wobei „spielen“ schon fast zuviel gesagt ist, denn eigentlich besteht sein Auftritt hauptsächlich darin, auf einer Noh-Bühne sitzend sich den Magen aufzuschlitzen. Darstellerisch wird der Film vor allem von seiner Frau Reiko (Yoshiko Tsuruoka) getragen.
Tony Rayns vertritt die Auffassung, dass Mishima mit Patriotism vor allem seine Bekanntheit in Europa und den USA steigern wollte, weshalb der Film seine Premiere auch nicht in Japan sondern in Paris hatte. Diese These lässt sich durch eine ganze Reihe von Besonderheiten des Films und der Situation Mishimas untermauern. Zunächst zur Person Mishimas: In Japan gehörte er seit den 50er Jahren zu den bekanntesten Schriftstellern, er galt sogar als Kandidat für den Literaturnobelpreis. Doch er betrachtete sich offenbar als Gesamtkunstwerk und arbeitete stetig an seinem Ruf des schillernden, absonderlichen Genies und bediente sich dazu der verschiedensten Gags bis hin zu sadomasochistischen Nacktaufnahmen. Doch dieser Ruf war vorwiegend auf Japan beschränkt.
Ein in seiner Radikalität aufsehenerregender Kurzfilm wie Patriotism passte da als „Werbeclip“ in eigener Sache natürlich bestens ins Konzept. Mishima schrieb sogar selbst die englischen, französischen und deutschen Fassungen der erläuternden Schriftrollen und verzichtete in der filmischen Umsetzung seiner Kurzgeschichte auch auf deren ausgeprägten Realismus. Statt dessen verlegte er das Setting in den hochgradig stilisierten Rahmen einer Noh-Bühne. Auch die Verwendung von Wagners „Liebestod“ als Soundtrack deutet darauf hin, dass der Film für ein westliches Publikum möglichst einfach zugänglich sein sollte.
Diese einfache Zugänglichkeit soll jedoch vor allem den Weg bereiten für die einerseits schockierende Darstellung des Selbstmords, bei dem natürlich das Blut in Strömen fließt und auch die Gedärme nicht fehlen dürfen, der andererseits aber zugleich moralisch überhöht und idealisiert wird. Reikos Tränen angesichts ihres sterbenden Mannes könnten sowohl Tränen der Trauer wie der Rührung oder des Stolzes sein.
Patriotism könnte man als harmlosen und nicht weiter beachtenswerten Marketinggag eines Egomanen abtun, wären da nicht die grandios fotografierten Schwarzweissbilder und die bedenkliche reaktionär-nationalistische Botschaft. Denn ganz im Gegensatz zum wenige Jahre zuvor gedrehten Meisterwerk Harakiri von Masaki Kobayashi, in dem die eigentliche Bedeutung, der tiefere Sinn des rituellen Selbstmords im Kontrast zu dessen Instrumentalisierung durch die Mächtigen betrachtet wird, sieht Mishima den Akt an sich als Statement, und zwar vor allem als eines im Dienst des Kaisers. Dazu passt auch die Inszenierung seines eigenen, wirklichen Selbstmords, den er 1970 nach der gescheiterten Besetzung des Hauptquarties der japanischen Armee verübte, und der bis heute von rechtsextremen Gruppierungen als Heldentat verehrt wird.
Patriotism sorgte für erhebliches Aufsehen, nicht zuletzt wegen der schockierenden Darstellung des Selbstmords (bei den Aufführungen in Frankreich sollen Zuschauer in Ohnmacht gefallen sein). Insofern war der Film aus Sicht des Regisseurs sicher ein Erfolg, aus heutiger Sicht ist er aber vor allem ein Dokument des Narzissmus des Künstlers und der ideologischen Überhöhung eines grausamen Rituals.
21 Feb
Noch später als im letzten Jahr werfe ich einen Blick zurück und ziehe dazu die von der Motion Picture Association of Japan veröffentlichten Zahlen heran. Wobei ich das Gefühl nicht loswerde, dass an diesen Statistiken etwas nicht stimmt.
Es findet sich nämlich kein Einspielergebnis von Departures, der allen Presseberichten zufolge ca. 6 Mio Zuschauer in die Kinos gezogen hatte und es damit auf jeden Fall unter die Top10 hätte schaffen müssen. Das weltweite Einspielergebnis von Departures liegt bei 68 Mio US-$, davon dürften 90% in Japan generiert worden sein, was umgerechnet mehr als 6 Mrd Yen wären. Eigentlich müsste der Film damit 2009 wie schon 2008 knapp außerhalb der Top10 der heimischen Produktionen gelandet sein – nur lässt sich in der Statistik nichts darüber finden. Strange… Damit sind die nun folgenden Zahlen erstmal unter Vorbehalt zu genießen.
Die 10 erfolgreichsten Filme des Jahres 2009 in Japan waren:
Damit sind ausländische Produktionen deutlich stärker unter den Top-Filmen vertreten als noch 2008. Diese Bild tritt aber nur an der Spitze auf, denn in der Breite waren japanische Produktionen deutlich erfolgreicher: 34 einheimische Filme schafften es über die magische Milliarden-Yen-Umsatzgrenze, gegenüber 28 im Vorjahr und nur 22 importierten Filmen. Auch die Gesamtzahl der importierten Filme ging stark zurück, von 388 auf 314 – der niedrigste Wert seit 10 Jahren. Die Zahl der japanischen Filme ist gegenüber dem Rekordjahr 2008 dagegen nochmals kräftig gestiegen, auf stolze 448!
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die japanischen Filme ihre Vorherrschaft auf dem Heimatmarkt verteidigen konnten. 56, 9 Prozent aller Kinoumsätze haben sie eingespielt, ausländische Produktionen mussten sich mit 43,1 Prozent zufrieden geben. Die Besucherzahl machte einen erfreulichen Sprung und stieg um fast 10 Mio auf 169,3 Mio, dem höchsten Wert seit 2004, womit auch die Umsätze stiegen und das Rekordjahr 2004 nur knapp verfehlten.
Das ist ein sehr erfreuliches Signal und dürfte zusammen mit der nur ganz leicht gestiegenen Zahl an Kinoleinwänden für eine etwas bessere Auslastung gesorgt haben. Vielleicht ist das geringe Wachstum an Leinwänden aber auch das erste Anzeichen für ein beginnendes Kinosterben – man wird sehen, was die Zukunft bringt!
Wer sich noch weiter in die Zahlen vertiefen will, findet sie wie üblich bei der eiren.
9 Feb
Aus aktuellem Anlass (eine Nachfrage per Mail) stelle ich heute mal einen (sehr) knappen Überblick über wichtige Filmfeste – mit Schwerpunkt auf Deutschland – zusammen, wie üblich natürlich vorzugsweise solche, die sich stark mit japanischen Filmen befassen.
Weltweit gibt es natürlich noch eine ganze Reihe weiterer spannender Festivals, die ich irgendwann hoffentlich auch mal selbst besuchen kann, z.B. das Japanese Film Festival in Australien, das ähnlich wie das Fantasy Filmfest durch mehrere Städte tourt, das Asian Filmfest in Vancouver, das New York Asian Film Festival, das Los Angeles Asian Pacific Film Festival und natürlich die Filmfeste in Japan selbst, wie PIA und Tokyo FilmEX.
Vielleicht sieht man sich mal im Kino 🙂
4 Feb
Original: Akumu tantei (2006) von Shinya Tsukamoto
Zwei rätselhafte Selbstmorde, bei denen sich die Opfer (Täter?) im Schlaf auf brutalste Weise selbst töteten, beschäftigen die Tokyoter Polizei. Beide Opfer haben unmittelbar vor ihrem Selbstmord mit derselben Person telefoniert, auf ihren Handys finden sich mysteriöse Hilferufe. Für die hochdekorierte Analystin Keiko Kirishima (Hitomi), die frisch von der Polizei- Akademie in den aktiven Dienst gewechselt ist, ist dies ihr erster Fall und sie geht ihn mit dem ihr eigenen Ehrgeiz an.
Dazu geht sie auch ungewöhnliche Wege und nimmt Kontakt mit Koichi Kagenuma (Ryuhei Matsuda) auf, der die Fähigkeit besitzt, in anderer Menschen Träume einzudringen. Koichi will mit der Sache nichts zu tun haben, warnt Keiko aber davor, die Nummer anzurufen. Als jedoch einer von Keikos Kollegen den Anruf macht und sich danach im Schlaf umbringt, will sie der Sache endlich auf den Grund gehen und lässt sich ebenfalls auf die gefährliche Traumwelt ein.
Ich habe bisher noch keine anderen Filme von Tsukamoto gesehen, der 1989 mit seinem bahnbrechenden Werk Tetsuo the Ironman über Nacht Kultstatus erreichte. Er ist bekannt für alptraumhaft-morbide Filme, die sich teilweise an der Grenze zum Splatter bewegen, mit denen er die dunkle Seite der menschlichen Psyche erkundet. Vergleiche mit Filmemachern wie Cronenberg oder Lynch sind an der Tagesordnung.
Wegen dieses Hintergrunds und meiner Begeisterung für den im selben Jahr erschienenen atemberaubenden Anime Paprika, (der sich ebenfalls mit der Verquickung von Traum und Realität und dem Eindringen in Träume beschäftigt), war ich sehr auf Nightmare Detective gespannt und habe mir einiges davon versprochen. Leider wurde ich über weite Strecken enttäuscht.
Aber beginnen wir mit dem Positiven: Der Film ist überwiegend sehr reduziert und minimalistisch inszeniert, um nicht zu sagen kalt. Viele Szenen sind ganz in blau-grünen Tönen oder sehr dunkel gehalten. Auch werden die Hauptcharaktere sehr isoliert dargestellt. Dadurch entsteht eine bedrückende Stimmung, die gut zum Thema Selbstmord passt.
Im krassen Gegensatz zu dieser allgemein vorherrschenden Atmosphäre stehen die „Jagdszenen“ der Alpträume, in denen der „Traummörder“ über seine Opfer herfällt. Diese beeindruckenden Szenen sind ruckelig, rasant, voller Lichtblitze und begleitet von kakophonischen Soundeffekten – einem Mix aus metallischen und erdig-wässrigen Geräuschen, sehr schwer zu beschreiben. Von diesem handwerklich-ästhetischen Gesichtspunkt aus bietet der Film ein stimmiges, gut umgesetztes Konzept und ist absolut sehenswert.
Leider war’s das aber auch schon an positiven Aspekten. Denn abgesehen davon funktioniert der Film einfach nicht: Das Duell zwischen dem Mörder und seinen Verfolgern wird viel zu spät aufgebaut und nimmt erst in den letzten 20 Minuten Fahrt auf. Es ist zwar die ganze Zeit irgendwie klar, dass es auf einen Showdown hinauslaufen wird, aber als es dann soweit ist, kommt er völlig aus dem Nichts – und funktioniert auch nicht wirklich, weil vorher keine Beziehung zwischen dem Mörder auf der einen und Keiko bzw. Koichi auf der anderen Seite entwickelt wurde. Alles bleibt irgendwie unmotiviert.
Ganz besonders leidet der Film aber an seinen Hauptcharakteren. Tsukamoto spielt selbst den Mörder, der aber erst in den letzten 20 Minuten des Films in Erscheinung tritt, und macht dabei mit Abstand die beste Figur. Ryuhei Matsuda, der eigentlich titelgebende Charakter, taucht nach seiner Einführung gleich am Anfang über lange Zeit ab und wirkt auch später wie ein Fremdkörper. Das Popsternchen Hitomi zeigt den ganzen Film hindurch (außer in der Schlusszene) eigentlich nur zwei Gesichtsausdrücke, nämlich „grübeln“ und „angespanntes grübeln“. Wie jemand auf IMDb bemerkte, ist ihre außergewöhnliche Schönheit außerdem irgendwie fehl am Platze und lenkt eher von den psychologischen Aspekten ihres Charakters ab – in meinen Augen eine Fehlbesetzung.
Alles in allem ist der Film einfach unausgereift: Die Charaktere bleiben seltsam ungreifbar und unbegreifbar, der Plot ist voller Lücken und Ungereimtheiten. Ein gutes Beispiel dafür ist die am Anfang konstruierte Rivalität zwischen Keiko und einem älteren zynischen Kollegen, der sie immer wieder wegen ihrer Unerfahrenheit und ihrer hochhackigen Schuhe aufzieht – und der nach ca. 60 Minuten einfach auf nimmerwiedersehen aus dem Film verschwindet.
In einigen Kommentaren und Reviews habe ich gelesen, dass dieser Film für Tsukamoto eine Auftragsarbeit gewesen sein soll – das könnte eine Erklärung sein für die Schwächen des Plots und der Charaktere. Nightmare Detective ist kein wirklich schlechter Film und wer sich gern ein bisschen gruselt wird schon seinen Spaß dran haben, aber was mit dem Thema „Träume und Realität werden eins“ alles möglich ist, das sollte man sich besser bei Paprika anschauen.
Gerade ist das Rätsel um Andres verschollenen Film gelöst, schon findet sich die nächste Mail im Briefkasten, die ich euch nicht vorenthalten will. Sie kommt von Ruth Jäschke vom Japanischen Generalkonsulat in Düsseldorf. Ruth ist anscheinend auch regelmäßige Leserin hier, was eindeutig für ihren Filmgeschmack spricht! Sie schreibt:
In dem Zusammenhang ist mir der Gedanke gekommen, dass Sie vielleicht auf Ihrer Internet-Seite Freunde des japanischen Kinos auf unsere kleine Japanische Filmwoche hinweisen könnten, die das Japanische Generalkonsulat Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut Köln und dem Filmmuseum Düsseldorf in der Black Box, dem Kino im Filmmuseum (Schulstr. 4, 40213 Düsseldorf), veranstaltet. Gezeigt werden alle Filme in Japanisch mit deutschen Untertiteln; der Eintritt ist frei.
Kein Problem, mach ich doch gerne! Danke für die Info 🙂
Die Japanische Filmwoche in Düsseldorf beginnt am kommenden Sonntag (31. Januar) und endet am 6. Februar. Sieben Filme werden im Filmmuseum zu sehen sein, darunter Klassiker wie Shall we dance, Twilight Samurai, After Life oder Tokyo Godfathers. Der Eintritt ist wie oben erwähnt frei, alle Veranstaltungen in der Übersicht bietet der Flyer als pdf.