17 Nov
Die letzte Blogschau ist schon eine ganze Weile her, und auch dieses Mal habe ich mich etwas schwer getan mit der Suche nach interessanten Blogs zum japanischen Film. Die Luft scheint langsam dünn zu werden, ist eben ne überschaubare Szene. Letztlich habe ich mich für die beiden folgenden Blogs entschieden:
Gaijinzoku: Ein eher allgemeiner Blog über das Leben in Japan aus der Sicht des Autors (der Autorin?), der/die 6 Jahre in Japan verbrachte und in der Kategorie Movies eine Handvoll Kritiken zu Genre-Filmen der etwas trashigen Ecke aufweisen kann. Es wird wohl nicht allzu regelmäßig gepostet, also kein direkter Kandidaten für den RSS-Reader, kann man aber mal im Auge behalten.
Ein ganz anderes Kaliber ist da doch The Good, the Bad and Godzilla von August Ragone, Autor eines Buches über den Special-Effects Spezialisten Eiji Tsuburaya, der u.a. für Godzilla verantwortlich war. Im Blog stellt August in der Reihe „Monster of the Week“ die absurdesten Kreaturen vor, wie etwa das Drill Devil-Beast „Dorilling“ inklusive aller wichtigen Daten wie Gewicht (4200 Tonnen) und Größe (56 meter) 😀 Könnte man ein wunderbares Monster-Quartett draus machen! Daneben stellt August aber immer mal wieder auch Filmschaffende aus dem Genre vor, wer sich also dafür Godzilla & Co interessiert ist hier genau richtig!
15 Nov
Original: Pako to mahō no ehon, (2008) von Tetsuya Nakashima
Der alte und verbitterte Onuki (Koji Yakusho) muss wegen eines Herzinfarkts in einer – sagen wir: fantastischen – Klinik versorgt werden. Dort besteht sein ganzer Lebensinhalt darin, den anderen Patienten und dem Personal auf die Nerven zu gehen und sie zu erniedrigen. Bis ihm das Mädchen Paco (Ayaka Wilson) begegnet, das bei einem Autounfall seine Eltern und sein Kurzzeitgedächtnis verlor und nun jeden Tag aufs neue seinen Geburtstag feiert und in einem Bilderbuch die Geschichte des gemeinen Froschprinzen liest.
Onuki freundet sich zum großen Erstaunen aller mit Paco an und beginnt, ihr jeden Tag aufs Neue die Geschichte vorzulesen. In seinem verzweifelten Versuch, einen noch so kleinen Keil der Erinnerung in ihr Gedächtnis zu treiben, lebt er die Geschichte des Bilderbuches immer mehr nach und überredet schließlich die anderen, sie in einem Theaterstück für die sterbende Paco nachzuspielen.
Der letzte Film von Nakashima war der Überraschungshit Memories of Natsuko, und wer den kennt wird sich in der aus verschiedenen Handlungsebenen bestehenden Struktur des Films schnell zurechtfinden und auch die Grundidee – nach und nach kommt der wahre Charakter eines Außenseiters zum Vorschein – bekannt finden. Nur dass Paco noch um ein Vielfaches bunter, fantastischer und überdrehter ist als Memories. Der Trailer ist eindrucksvoller Beleg:
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=2iUDG9s_OaY[/flash]
Das Theaterstück, in dem Onuki nahezu mit der Figur des Froschprinzen verschmilzt, wird jedoch nicht nur für ihn zur Katharsis. Auch anderen Patienten (und dem Personal!) der Klinik gelingt es dadurch, ihre Probleme wenn nicht zu lösen, so doch zumindest zu konfrontieren, allen voran ein früherer Kinderstar, der nur noch seinem Ruhm nachtrauert und in Selbstmitleid versinkt. So hält der Film eine Reihe von kurios-absurden Charakteren bereit, mit denen sich der Zuschauer identifizieren und Zugang zur Geschichte finden kann (mein Favorit ist der Yakuza, der von seinem Lieblingsaffen angeschossen wurde und diesen Umstand peinlichst geheimhalten will).
Bei all dem Spaß und den Verrücktheiten bleibt dem Zuschauer ein hollywood-mäßiges Happy End aber erspart verwehrt, wovon ich hier aber nicht mehr verraten will in der Hoffnung, dass Paco auch außerhalb von Festivals hierzulanden noch in die Kinos kommt oder zumindest einen ähnlich guten DVD-Release erleben wird wie Memories of Matsuko. Bis dahin kann man sich auch noch mit dem Soundtrack von Kaela Kimura trösten…
[flash]http://www.youtube.com/watch?v=xF8TOfHsJEg[/flash]
Was mich an diesem rundum mitreißenden und begeisternden Film besonders faszinierte war der fließende Übergang von Realfilm und animierten Sequenzen, die sich wechselseitig wunderbar ergänzten. Etwas vergleichbares habe ich seit Roger Rabbit nicht mehr gesehen! Mit ihrer einzigartigen Animationstradition und ihrer Experimentierfreude in diesem Bereich hoffe ich, von japanischen Filmemachern in dieser Richtung zukünftig noch mehr zu sehen. Und natürlich auch von Regisseur Nakashima, der mit seiner scheinbar unerschöpflichen Fantasie und seinem Sinn für schräge Details schon als Tim Burton Japans bezeichnet wird.
10 Nov
Boah, grade eben hab ich nochmal nen heftigen Schreck gekriegt, als nach der Umstellung des Designs plötzlich alle 300+ Artikel angezeigt wurden, und nicht nur die letzten 10! Die Ladezeiten könnt ihr euch vorstellen! Mit ein bisschen Rumprobieren hat sich dann aber gezeigt, dass ein altes Plugin Schuld war, und jetzt läuft alles. 🙂
Damit ist die größte Überarbeitung von Japankino offiziell abgeschlossen, das neue Design ist im Einsatz und es gefällt mir jetzt eigentlich ziemlich gut. Ich hoffe ihr seht das genauso! Ich hab wirklich soviel Kontinuität wie irgend möglich geschaffen, wirklich anders ist eigentlich nur die zusätzliche Sidebar. Aber auch wenn ich mich jetzt erstmal erschöpft und zufrieden zurücklehne, es geht natürlich noch weiter, denn an einigen Ecken ist manches noch nicht so konsistent und außerdem will ich natürlich die neuen Möglichkeiten des Designs ausnutzen.
Aber zuerst sollen wieder die Filme im Vordergrund stehen!
Daniel hat mal wieder wahre Schätze in den Tiefen von YouTube ausgegraben! Es handelt sich um ein bisher nur in Japan erschienenes Making of von Prinzessin Mononoke mit mehreren Stunden Lauflänge, aufgeteilt in 44 einzelne YouTube-Clips. Daniel hat diese dankenswerterweise auf seinem Blog bequem zusammengestellt: Series 1, Series 2 und Series 3. Bei Teil 3 fehlen derzeit aber noch ein paar Teile.
Das war aber noch nicht alles, denn passend dazu hat er auch noch zwei Videos aus Miyazakis Promotion-Tour für Mononoke gefunden. Wir sehen Miyazaki darin auf dem Toronto International Film Fest, bei einem Besuch in den Disney-Studios und in vielen Gesprächen mit Journalisten, deren Verblüffung über die Komplexität dieses Films in ihren Fragen überdeutlich wird. Ein sehr spannender Einblick nicht nur in Miyazakis Absichten und Konzepte für Mononoke sondern auch in die schwierige Rezeption in Nordamerika.
Drücken wir Daniel die Daumen, dass er von Abmahnanwälten verschont bleibt und weiter in seinem Blog solche genialen Einblicke in die Arbeit des großen Hayao Miyazaki vorstellen kann!
30 Okt
Wie neulich (und auch schon sehr viel früher) angekündigt, habe ich in den letzten Tagen mit einer Generalüberholung des Blogs begonnen. Als erstes musste dazu natürlich die zwei Jahre alte WordPress-Installation auf den neuesten Stand gebracht werden. Das ist inzwischen ohne größere Zwischenfälle abgeschlossen und ich konnte daher auch bereits ein erstes kleines aber feines neues Feature einbauen!
Ab sofort taucht unter manchen Beiträgen (so auch hier) folgender Satz auf „Hat dir der Artikel gefallen? Dann könnte dich auch das interessieren:“ worauf dann eine kleine Liste thematisch verwandter Beiträge vorgeschlagen wird. Das wird jetzt einige Zeit dauern, bis nach und nach bei den ganzen alten Artikeln die entsprechenden Vorschläge eingepflegt sind, aber für den gelegentlichen Besucher von Japankino dürfte das sehr komfortabel sein. Und vielleicht entdeckt so ja auch der eine oder andere Stammleser noch unentdeckt Perlen im Archiv…
Der nächste große Schritt ist dann ein komplett neues Design, an dem ich gerade herumbastele. Wer möchte, kann schonmal einen Blick auf die Baustelle werfen und mir gerne Feedback geben. Und mit dem neuen Design (wenn es denn mal fertig ist) möchte ich dann auch noch weitere Funktionen und Inhalte aufnehmen. Es wird also spannend! 🙂
Wie führt man jemanden an japanische Filme heran? Diese Frage stellt sich mir gerade, weil sich in meinem Japanisch-Intensivkurs eine Gruppe von 5-6 Teilnehmern herausgebildet hat, die regelmäßig gemeinsam japanische Filme schauen. Neulich wurde ich dann gefragt, welche Filme ich denn als absolutes „Must“ empfehlen könnte. Natürlich hatte ich da sofort ein paar Titel auf den Lippen, aber als ich etwas länger drüber nachdachte, fiel mir auf, dass es ganz schön schwer ist, eine Liste mit den wichtigsten und Filmen für den interessierten Einsteiger zusammenzustellen.
Nach langem Hin- und her und vielen schmerzlichen Entscheidungen habe ich schließlich folgende 12 Filme ausgewählt (die Links führen direkt zu Amazon):
Die Auswahl fiel mir so schwer, weil ich nicht einfach meine Lieblingsfilme empfehlen mochte oder die Filme die ich für die besten halte. Es geht mit dieser Liste vielmehr darum, Einsteiger an die Hand zu nehmen und einen ersten, möglichst umfassenden Eindruck von der japanischen Filmlandschaft zu geben. Die ausgewählten Filme sollen also einen Überblick über verschiedene Genres, Epochen, wichtige Filmschaffende und natürlich die Entwicklung des japanischen Films geben. Und nebenbei auch noch möglichst faszinierend sein und die Lust auf mehr wecken. Das alles will unter einen Hut gebracht werden.
Wie kam die Liste also zustande?
Jetzt könnte ich natürlich lange jede einzelne Entscheidung für die Liste oder gegen mögliche Kandidaten begründen, aber das spare ich mir dann für die Kommentare 😉
Wie würde deine Liste aussehen?
21 Okt
Original: Dekigokoro (1933), von Yasujiro Ozu
Im Zentrum dieser feinen Tragikomödie stehen der einfache Fabrikarbeiter Kihachi (Takeshi Sakamoto) und sein Sohn Tomio (Tomio Aoki, in den 30ern von Ozu regelmäßig in verschiedenen Kinderrollen eingesetzt). Kihachi ist von ziemlich einfachem Gemüt und ein rechter Tunichtgut, und so ist es an dem achtjährigen Tomio, sich für seinen Vater um den Ernst des Lebens zu kümmern.
Die beiden haben sich in dieser ungewöhnlichen Rollenaufteilung gut eingefunden. Diese gerät jedoch etwas durcheinander, als Kihachi sich für die in Nachbarschaft gekommene Harue (Nobuko Fushimi) zu interessieren beginnt. Auch seine Freundschaft mit dem Nachbarn und Kollegen Jiro wird dadurch auf eine ernste Probe gestellt. Doch als Tomio erkrankt, rücken alle zusammen und Kihachi erkennt schließlich, was er an dem Jungen hat.
Passing Fancy beginnt zunächst als stimmungsvolle Komödie, welche die merkwürdige Beziehung zwischen Kihachi und Tomio mit einfachen aber sehr effektiven Mitteln auf den Punkt bringt. Tomio spielt seinem Vater Streiche und kümmert sich zugleich darum, dass dieser seiner Pflicht nachkommt und zur Arbeit geht, sei es zur Not auch durch einen wohlgezielten Schlag gegen das Schienbein des schlafenden Faulenzers.
Aber dann nimmt die Handlung eine überraschende Wendung ins Dramatische, was von Ozu genauso meisterlich gehandhabt wird wie die anfängliche Leichtigkeit. Emotionaler Höhepunkt des Films ist eine Szene, in der Tomio, der wegen seines ungebildeten, einfältigen Vaters von seinen Mitschülern gehänselt und verprügelt wurde, seiner Frustration freien Lauf lässt und selbst auf Kihachi einzuschlagen beginnt. Dieser wehrt sich zunächst, lässt die Schläge seines kleinen Sohnes dann aber widerstandslos über sich ergehen.
Der Rollentausch zwischen Vater und Sohn wird hier wie nirgends sonst im Film verdeutlicht und auch von Kihachi selbst akzeptiert. Ihm ist bewusst, dass er genauso – vielleicht sogar noch mehr – auf Tomio angewiesen ist als der auf ihn. Und natürlich weiss er auch, dass er alles andere als ein vorbildlicher Vater ist. In dieser Szene beweist er, dass er nicht nur ein durch und durch liebenswerter, großherziger und bei all seinen Schwächen ein schlicht guter Mensch ist, sondern dass er auch die Größe hat, für seine Schwächen geradezustehen. Und sei es einem Achtjährigen gegenüber.
Diese menschliche Größe stellt er zudem unter Beweis, als er erfährt, dass Harue in Jiro verliebt ist. Nicht nur stellt er seine eigenen Interessen hintenan, er erklärt sich sogar bereit, bei Jiro für eine Ehe mit Harue zu werben. Mit Kihachi schuf Ozu hier einen Charakter, der – von Takeshi Sakamoto großartig verkörpert – sofort das Herz des Zuschauers stiehlt und später noch in zwei weiteren Filmen Ozus wiederkehrte, wenn auch ohne direkten Bezug auf Passing Fancy.
Die Wende vom komödiantischen ins dramatische (und wieder zurück zur Komödie ganz am Ende) könnte auch zusammenfassend für Ozus Karriere als Ganzes stehen. Denn in seinen darauffolgenden Filmen verließ er mehr und mehr sein angestammtes Terrain der Komödien um einfache Leute und machte sich auf, das Wesen der Familie im Allgemeinen und den Wandel der japanischen Familie im Besonderen zu ergründen.
Auf diesem Weg entwickelte er dann auch seinen weltberühmt gewordenen Stil, der sich hier in manchen Elementen bereits andeutet, etwa in der ihm eigenen Art, den Hauptinhalt des Bildes in die obere Bildhälfte zu verlagern, woraus dann die bekannte „Sitzende Kamera“ entstand. Auch einige weitere Markenzeichen sind bereits vorhanden, aber noch nicht so weit ausgearbeitet und gefestigt, wie es schon im Jahr darauf in A Story of Floating Weeds der Fall war.
Somit ist Passing Fancy ein weiteres Puzzleteil, an dem man die Entwicklung Ozus und seiner Themen, Motive und Stilelemente nachvollziehen kann. Aber auch für sich allein ist der Film ein großes Puzzle aus Komödie, Familiendrama, einem schlitzohrig-bezaubernden Hauptcharakter und einer ungewöhnlichen Vater-Sohn Geschichte, bei dem Ozu es irgendwie schafft, dass alles zusammenpasst und alle Teile sich zu einem gelungenen Ganzen fügen.
18 Okt
In zwei Wochen, am 30. Oktober, beginnt das Asia Filmfest 2008 in München und zeigt bis 9. November eine bunte Auswahl an asiatischen Filmen. Die meisten davon interessieren mich nicht die Bohne, aber Japan ist gut vertreten, sowohl mit einer Reihe aktueller Filme wie auch einiger Klassiker. Hier der Überblick:
Außer den ersten beiden finde ich das nicht besonders prickelnd, zumal auch einige Werke dabei sind, die bereits von anderen Festivals (z.B. im Mai auch dem JFFH) bekannt sind. Eine Ausnahme, die in der Liste fehlt weil es streng genommen kein wirklich japanischer Film ist, ist Der rote Punkt, mit dessen Machern ich letztes Jahr die Gelegenheit hatte, ein Interview führen zu können und der seine Premiere am 9. November in München hat.
Aber es gibt ja noch die Sektion „Asia Spezial“, und da sind einige Leckerbissen dabei, als da wären:
Bis auf Appleseed kann ich die alle empfehlen, wobei für Audition vielleicht vor dem Kinogang ein kurzer Check der Magenstabilität nicht schlecht wäre. Die komplette Übersicht des Filmprogramms enthält neben allen weiteren Filmen auch weiterführende Links zu den schön gemachten und informativen jeweiligen Filmseiten.
Außerdem werden vom 10. bis 12. November Wiederholungen einiger Filme gezeigt und vom 14. bis 16. November wird eine Auswahl von 10 Filmen (hoffentlich sind da auch ein paar gute japanische mit dabei) in Berlin und Hamburg gezeigt. Da gibts aber leider noch keine genaueren Infos drüber.
Edit: Habe ich doch glatt eine ganze Filmsektion übersehen! Im Bereich „Asia Matinee“ laufen Hinokio, intergalactic love sowie Spring Snow und der ganz fantastische (aber auch schon lange nicht mehr neue) Linda Linda Linda. Danke an Flo für den Hinweis!