Bei Amazon.co.uk läuft gerade der Herbstschlussverkauf, und es gibt einige geniale japanische Filme aus der exzellenten Masters of Cinema-Reihe abzugreifen, teilweise bis über 50 Prozent reduziert! Beispiele gefällig?

  • Die Naruse-Box mit drei Filmen und umfangreichem Booklet ist von 50 auf 22 Pfund reduziert. Ein echtes Hammer-Schnäppchen!
  • Masaki Kobayashis Klassiker Assassination ist für 10 Pfund statt 20 zu haben.
  • Ebenfalls um die Hälfte auf 10 Pfund reduziert ist Kaneto Shindos Onibaba.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Schnäppchen, da dürfte für die meisten was dabei sein. 10 britische Pfund sind übrigens knapp 13 Euro, für die Lieferung nach Deutschland kommen nochmal 2,50 Euro Versand dazu. Ich kann Amazon.co.uk wärmstens empfehlen, Lieferung erfolgt prompt, Versandkosten sind vernachlässigbar und Gedanken wegen Zoll braucht man sich auch nicht zu machen. Also schlagt zu! 🙂

So könnte das Symposium auch heißen, das am 30. und 31. Oktober im Berliner Japanisch-Deutschen Zentrum stattfinden wird, es heisst aber etwas trockener „Anime – Japanischer Zeichentrick global“.

Besonders spannend: Unter den Teilnehmern ist auch Masao Maruyama vom berühmten Anime-Studio Madhouse. Maruyama war als Produzent unter anderem an Satoshi Kons Meisterwerken Perfect Blue und Tokyo Godfathers beteiligt, dürfte also einiges interessantes zu berichten haben. Außerdem wird am Vorabend der Tagung Piano no mori gezeigt.

Thema des Symposiums ist die Frage, wieso japanische Popkultur (und darunter ganz besonders Anime) heute weltweite Popularität erreicht haben. Eine medienwissenschaftliche Diskussion soll dabei helfen, die Attraktivität von Anime für bestimmte Zielgruppen zu erklären und wie japanische Kultur zu dieser Attraktivität beiträgt. Klingt sehr interessant, ich bin allerdings schon anderweitig verplant…

Den Überblick über das Symposium findet ihr beim JDZ, ebenso wie die pdf-Downloads für das komplette Programm und die Teilnahmeregistrierung.

Die Vorbereitungen für das nächste Japanische Filmfest Hamburg laufen weiter auf Hochtouren, und weil wir nächstes Jahr unser 10. Festival haben, legen wir uns natürlich ganz besonders ins Zeug und haben bereits den Termin festgemacht: Das JFFH2009 läuft vom 27. bis 31. Mai!

Um die frohe Botschaft entsprechend unters Volk zu bringen, haben wir auch einen Flyer im Angebot (der übrigens super geworden ist, großes Dankeschön Ulli!), den wir seit ein paar Tagen bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten verteilen. Und so sieht er aus:

Flyer JFFH2009

Außerdem fand gestern die „Mitgliederversammlung“ von Nihon Media statt, dem Verein, der das JFFH organisiert. Unser Cheffe Olli konnte dort den andächtig lauschenden Mitgliedern von seiner Japanreise berichten, auf der er endlich die seit langem geplante Nakajima-Retrospektive eintüten konnte. Außerdem waren noch die üblichen Formalitäten zu regeln und dann haben wir bei Bier und Chicken Wings noch lange gequatscht und Ideen und Pläne ausgeheckt.

Nihon Media sucht übrigens ständig nach neuen Partnern, Sponsoren und Helfern, ganz besonders drängend ist das Thema PR. Sollte jemand jemanden kennen… bitte die betreffende Person anstupsen oder direkt mit mir Kontakt aufnehmen! Wir werden zudem auch testweise ein Praktikum ausschreiben für den Bereich Event-Management, also die Organisation des Rahmenprogramms wie Festival-Party, Premieren-Abend, Vorträge und Diskussionsrunden. Wer Interesse hat, bitte ebenfalls auf den obigen Link klicken und sich bei mir melden, ich gebe dann gerne mehr Infos!

Original: Daibosatsu tōge (1966), von Kihachi Okamoto

Der Film spielt in den frühen 1860er Jahren vor dem Hintergrund der politischen Wirren des Machtkampfs zwischen Kaiser und Shogun um die Öffnung Japans. Im Mittelpunkt steht der psychopathische Samurai Ryunosuke (Tatsuya Nakadai), der Dank seiner überlegenen Kampfkunst seine Freude am Töten und an der Erniedrigung anderer Menschen hemmungslos ausleben kann, darüber aber nach und nach den Verstand verliert.

Sword of Doom Screenshot 1

Zu Beginn des Films ermordet er aus einer Laune heraus einen alten Pilger. Dann erpresst er Hama (Michiyo Aratama), die Frau eines Wettkampfgegners, mit ihm zu schlafen, wenn er sich dafür von ihrem Mann besiegen lässt. Nur um diesen dann doch zu töten. Später lebt Ryunosuke unter Pseudonym zusammen mit Hama und verdingt sich als Auftragskiller für eine Gruppe der Shinsengumi, einer Miliz, die für den Erhalt des Shogunats kämpft.

Hyoma (Yuzo Kayama), der Bruder des Getöteten, bereitet sich unterdessen in der Schule des Schwertkämpfers Shimada (Toshiro Mifune) darauf vor, Rache an Ryunosuke zu üben. Als dieser mit seiner Truppe nach Kyoto aufbricht, folgt ihm Hyoma und begegnet dort der Enkelin des von Ryunosuke ermordeten Pilgers. Ohne dass die beiden von diesem Zusammenhang etwas ahnen, erklärt sie sich bereit, Hyoma bei seiner Jagd auf den Mörder zu helfen.

Wenn man mit dem historischen Hintergrund nicht vertraut ist, ist es manchmal etwas beschwerlich, der Handlung zu folgen. Besonders die Ränkeschmiede der Shinsengumi und die sich daraus ergebenden Kämpfe und Morde können für Verwirrung sorgen. Doch liefern diese letztlich nur den Hintergrund ab, ich kann also nur empfehlen, sich nicht zu sehr von den historischen Ereignissen ablenken zu lassen. Denn im Kern ist dieser Film die Charakterstudie eines Mannes, der einen Wirbel aus Gewalt lostritt, in dem er mehr und mehr untergeht und sich selbst zugrunde richtet.

Sword of Doom Screenshot 2

Dem Pilger erscheint er zunächst wahrhaftig wie ein allmächtiger Todesengel, und so sieht er sich auch selbst: In den folgenden Duellen und Kämpfen agiert er im vollen Bewusstsein seiner Überlegenheit mit absoluter Präzision, Eiseskälte und Grausamkeit. Doch als er Zeuge wird, wie die Shinsengumi irrtümlich Shimada überfallen und von diesem geradezu spielerisch besiegt werden, erhält sein Selbstbewusstsein erste Risse. Zum ersten Mal begegnet er einem Mann, der ihm kämpferisch ebenbürtig ist. Dazu kommt noch der schwelende Konflikt mit Hama, die zwar an Ryunosuke gebunden ist, ihn aber immer wieder konfrontiert und ihm seine unterentwickelte Emotionalität und Moral aufzeigt. So ist es nur logisch, dass er als einzige ihm bekannte Möglichkeit der Konfliktlösung Hama schließlich tötet.

Während die Machtkämpfe der Shinsengumi ihren Höhepunkt erreichen, gerät Ryunosukes mentales Gleichgewicht endgültig aus den Fugen als er der Enkelin des von ihm ermordeten Pilgers begegnet und sich der Kreis somit schließt. Dieses Aufeinandertreffen und die Erinnerungen, die es in ihm weckt, lassen seine Taten wie Schatten der Vergangenheit auferstehen und führen in einen selbstzerstörerischen Exzess der Gewalt, bevor der Film dann abrupt endet.

Sword of Doom Screenshot 9

Irgendwo habe ich gelesen, dass The Sword of Doom ursprünglich der Auftakt zu einer Trilogie sein sollte, die dann aber nie realisiert wurde, was das unerwartete Ende in einem etwas anderen Licht erscheinen ließe. Wie auch immer es nun dazu kam, dass der Film das Ende bekam, das er hat, die Wirkung ist schlicht genial. So genial, dass es etwas später für Butch Cassidy and the Sundance Kid übernommen wurde.

Abgesehen von dem schockierenden Effekt, der den Zuschauer erstmal mit seinen Eindrücken und Gedanken ganz allein lässt, betont das Ende die Fokussierung auf Ryunosuke. Es kommt nie zum lange erwarteten Duell zwischen ihm und Hyoma (was den Aspekt der Rache hervorgehoben hätte) noch zu der Konfrontation mit Shimada (was die Auseinandersetzung eher auf die Ebene Lehrling-Meister verlagert hätte). Vielmehr richtet sich der von Wahnvorstellungen getriebene Ryunosuke in einem berserkerhaften Amoklauf selbst zugrunde.

Es geht Regisseur Okamoto somit nicht darum, Ryunosuke in einen vergleichenden Kontext zu setzen und zu beurteilen, sondern ihn als einen Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zu porträtieren, dem allerdings Gewissen, Moral, Respekt gegenüber anderen und jegliche Fähigkeit zu emotionaler Entwicklung fehlen. Wegen seiner herausragend entwickelten Fähigkeiten hat er zudem keine Perspektive, kein Ziel auf das er hinarbeiten könnte. Mal wirkt es, als sei Gewalt für ihn einfach nur ein Zeitvertreib, so wie eine Katze mit einer gefangenen Maus spielt, mal nutzt er sie zur Konfliktlösung oder zum Broterwerb. Eine andere Form des Umgangs mit Menschen kennt er jedenfalls nicht, so dass er selbst zur Ursache seiner Probleme wird und die Lösung nur die eigene Zerstörung sein kann.

Sword of Doom Screenshot 10

Auch wenn keine direkte Wertung erfolgt, handelt es sich bei Sword of Doom doch um ein außergewöhnliches Statement, gedreht zu einer Zeit, als offene Gewalt eine immer größere und dominantere Rolle in der Filmkultur einnahm. Von den Filmen über jugendliche Delinquenten der 50er Jahre bis zu den Schwertkampffilmen wurde Gewalt mehr und mehr zu einem sinnstiftenden Element (dieser Trend ist ja leider bis heute ungebrochen). Okamoto treibt dies hier auf die Spitze mit einem Charakter, dessen Existenz nur auf grausamer Gewalt basiert, deren Leere am Ende deutlich wird. Und der übrigens von Tatsuya Nakadai grandios verkörpert wird!

Diese Leere wird genial unterstrichen durch die Inszenierung von Ryunosuke und den gesamten Stil des Films. Starke Kontraste von schwarz und weiss sind allgegenwärtig, viele der Kämpfe finden im Schnee statt. In den Close-ups sehen wir Ryunosuke fast immer vor einem kahlen, leeren Hintergrund, sein Gesicht teilweise im Schatten. Die atemberaubenden Bildkompositionen sind von bestechender Eindringlichkeit und überraschen immer wieder. So gibt es einige Szenen, in denen eine Hauptperson zunächst durch einen anderen Charakter verdeckt wird, bis dieser durch eine Bewegung den Blick auf die Person freigibt. Ein Beispiel wäre die Szene des ersten Screenshots, in dem zuerst nur der betende Pilger zu sehen ist. Dann dreht er sich um und zum Vorschein kommt der vor dem Hintergrund der weißen Wolken ganz in schwarz gekleidete Ryunosuke. Ein echter Gänsehaut-Moment!

Sword of Doom Screenshot 12

Sehr konsequent verwendet Okamoto bei Dialogen auch Schuss-Gegenschuss-Einstellungen, in denen der gerade sprechende Charakter von Kopf und Schulter seines Gegenübers eingerahmt oder teilweise verdeckt wird (ein Stilelement, dessen Verwendung mir in der jüngeren Vergangenheit besonders in der Bourne-Trilogie ganz extrem aufgefallen ist). Wie bei vielen anderen Szenen nutzt er also auch hier sehr stark negativen Raum zur Steuerung von Aufmerksamkeit, schafft es durch clevere Arrangements aber auch, Schnitte zu vermeiden – wie etwa bei den verdeckten Personen.

Atemberaubende Bilder, eine intelligente, spannende Story, großartige schauspielerische Leistungen, packende Kampfszenen und reichlich Anstöße zum Nachdenken… The Sword of Doom ist wirklich ein absoluter Klassiker, den man unbedingt gesehen haben sollte!

Bereits im August hatte Hayao Miyazakis Ponyo on the cliff by the sea die berühmte 10 Milliarden Yen-Grenze geknackt, und der Film hält sich auch zweieinhalb Monate nach seinem Start noch in den Top10 der japanischen Kinocharts. In 2007 gelang das zuletzt Harry Potter sowie dem Überraschungshit Hero, dieses Jahr gab es glaube ich noch keinen Film, der einen so langen Atem hatte.

Nicht zuletzt dank Ponyo klingeln also bei Toho ordentlich die Kassen, das Studio setzte bis einschließlich September mit 516 Mio. US-$ fast 60 Mio. mehr um als erwartet, die Umsätze lagen somit etwa 15% über den Schätzungen. Neben Ponyo dürfte dieser Erfolg sicher zu einem guten Teil auf Hana yori dango zurückzuführen sein, der in Spielfilmform gebrachte Schluss einer sehr beliebten TV-Serie (ganz ähnlich übrigens wie der oben erwähnte Hero letztes Jahr).

Damit setzt sich ein Trend fort, wonach die großen Erfolge unter den japanischen Produktionen oft Anime oder Verfilmungen von etablierten TV-Serien sind. Letzteres wird auch zunehmend in Hollywood praktiziert, siehe Sex and the City und stellt letztlich eine konsequente Weiterentwicklung der möglichst effizienten Verwertung etablierter Marken dar, die sich bisher in Sequels und Reihen äußerten und nun dafür sorgen, dass TV-Marken dann auch im Kino Geld einspielen sollen.

Update: Die nächste Verfilmung einer TV-Serie (die wiederum auf einem Bestseller-Krimi basiert) macht sich auf, zum Kinohit zu werden: Yogisha X no kenshin, mit bereits mehr als 20 Mio $ Einspielergebnis.

Swing Girls

Original: Swing Girls (2004), von Shinobu Yaguchi

Mitten in den Sommerferien sitzen Tomoko (Juri Ueno) und ihre Freundinnen im Mathe-Nachholkurs und langweilen sich zu Tode. Als jemand der bei einem Baseballspiel auftretenden Schulband das Mittagessen bringen muss, springen sie natürlich nur zu gern ein, nur um von einem Unglück ins nächste zu stolpern: Die Lieferung kommt viel zu spät und weil die Mädchen das Essen nicht gekühlt haben, holt sich die Schulband eine astreine Lebensmittelvergiftung. So werden die Mädchen dazu verdonnert, unter der Leitung des etwas schüchternen Takuo (Yuta Hiraoka) eine Ersatzband auf die Beine zu stellen.

Swing Girls Screenshot 1

Das bedeutet natürlich zuerst viel viel Üben und hartes Training, bei dem die Mädchen ständig herumalbern. Doch der Funke springt schließlich über, und so ist die Enttäuschung bei Tomoko und Takuo groß, als die Schulband wieder gesund ist und ihr Einsatz nicht mehr gebraucht wird. Nun wollen sie auf eigene Faust eine Band aufstellen, organisieren dazu eigene Instrumente und erste Auftritte im Supermarkt und finden schließlich in ihrem Mathelehrer sogar einen begeisterten Jazzliebhaber, der sie für den großen Auftritt bei einem Schulbandwettbewerb fit machen soll.

Auf den ersten Blick wirkt Swing Girls wie die übliche High-School Komödie voller sympathischer, merkwürdig-überdrehter Charaktere, die sich ungeschickt anstellen, dann aber über sich hinaus wachsen. Und im großen und ganzen ist der Film auch genau das, aber auf eine sehr wohltuende, schlichte Art. Die Konzentration des Films gilt nämlich ganz der vom Jazz und dem Musizieren ausgehenden Faszination.

Swing Girls Screenshot 2

Neben Takuo, der das Ganze gewissermaßen ins Rollen bringt, stehen dabei besonders Tomoko und der Mathelehrer im Mittelpunkt. Tomoko, für die das Musizieren zuerst nur eine willkomme Ablenkung vom Nachhilfeunterricht ist, wird nach anfänglichen Schwierigkeiten schließlich ganz von der Begeisterung erfasst und verscherbelt sogar heimlich den Mac ihrer Schwester, um sich ein uraltes Saxophon kaufen zu können. Der Mathelehrer, der Jazz nur von CDs kennt, nimmt sogar heimlich Musikunterricht, als er bemerkt, wie ernst es den Mädchen ist.

So vermeidet Swing Girls jegliche erzwungene, billige Schenkelklopfer oder unglaubwürdige Gefühlsduselei. Ganz im Gegenteil spielt der Film in manchen Szenen sogar mit üblichen Klischees und Erwartungen der Zuschauer, und erzeugt damit einen wunderbar hintersinnigen Humor. Ein sehr schönes Beispiel wäre die Schneeballschlacht, in deren Verlauf Tomoko ausrutscht, so dass Takuo in beste Wurfposition kommt; als er ihr in die Augen schaut reicht er ihr dann aber die Hand. Anstatt nun die eigentlich fällige Romanze zwischen den beiden Hauptcharakteren in dem idealen Setting der Schneeballschlacht einzuleiten, lässt Regisseur Yaguchi Tomoko aufspringen und gegen den Baum treten, unter dem Takuo steht, so dass dieser von einem Schneeschauer überrascht wird.

Swing Girls Screenshot 3

Zu den weiteren Highlights gehören eine herrliche Veräppelung des Bullet-Time-Effekts anlässlich einer Begegnung der pilzsammelnden Mädchen mit einem Wildschwein oder die beiden E-Gitarre und Bass spielenden Rockerinnen, deren eigene Band sich aufgelöst hatte und die daraufhin der Swingband beitreten. Da Swing Girls anders als der von einer ähnlichen Grundkonstellation ausgehende Hula Girl von jedem unnötigen Ballast befreit bleibt, ist der Film in sich stimmig, atmosphärisch dicht und lässt den Zuschauer ganz in der Musik aufgehen. Nicht zuletzt macht er einfach riesigen Spaß, und zwar offensichtlich auch den Schauspielern, die übrigens alle Instrumente selbst spielten!

Stuart Galbraith IV, vielen sicherlich bekannt als der Autor von The Emperor and the Wolf, der Doppel-Biographie von Toshiro Mifune und Akira Kurosawa, hat ein neues Buch am Start. In diesem zeichnet er die Geschichte von Toho nach, und zwar anhand eines chronologischen Verzeichnisses aller von Toho produzierten Filme: The Toho Studios Story: A History and Complete Filmography. Das Buch selbst dürfte wohl nur für die echten Hardcore-Fans unter uns interessant sein, dafür sorgt schon der stolze Preis von über 100 US-$, aber Stuart Galbraith hat in einem ausführlichen Interview einige wichtige Punkte angesprochen und interessantes erzählt, was ich eben kurz zusammenfassen darf…

Toho wird ihm zufolge aus heutiger, westlicher Sicht falsch wahrgenommen. Die Aushängeschilder wie Kurosawa, Mifune oder Godzilla waren keineswegs typisch für Toho, dessen Hauptgeschäft eigentlich Salaryman-Komödien waren. Entsprechend gibt es eine ganze Reihe von Filmschaffenden, deren Werke er gern im Westen veröffentlicht sähe:

Two filmmakers that immediately come to mind are Mikio Naruse and Shiro Toyoda. Naruse€™s films are finally starting to become available, but there€™s still so much out that that remains unreleased, and the situation is even worse with Toyoda. Or Tadashi Imai €” talk about being unjustly ignored! Early postwar directors like Hiromichi Horikawa, Zenzo Matsuyama, Senkichi Taniguchi, Seiji Maruyama €” almost nothing is available in the U.S., and that€™s criminal in a market where Americans have easy access to every Pokemon movie.

Heute produziert Toho kaum noch selbst Filme sondern verlässt sich auf von eigenständigen kleinen Studios und Kommitees produzierte Filme. Entsprechend gibt es auch das frühere firmeninterne Ausbildungs- oder Talentrekrutierungssystem schon lange nicht mehr, was sich seiner Meinung in der Qualität der aktuellen Filme zeigt:

The New Face system of training and building up young actors, the same system that gave rise to Toshiro Mifune and lots of other stars is long gone, which is why filmmakers are turning to TV non-talent and J-Pop stars like the guys from SMAP. There€™s no nurturing of filmmakers like Kurosawa and Okamoto who rose up through companies€™ apprentice programs. That€™s why there aren€™t many good films being made in Japan by people under the age of 70.

Toho (und japanische Studios generell), sind extrem zurückhaltend bei der Vergabe internationaler Rechte. Meist werden immense Summen gefordert die in keinem Verhältnis zu den kommerziellen Erfolgsaussichten des Filmes stehen, so als wollten sie die Verbreitung ihrer Filme im Ausland unterbinden bzw. gezielt erschweren (trotz meiner erst jungen Erfahrungen beim Japanischen Filmfest Hamburg kann ich das bestätigen).

So versuchte Galbraith, selbst ein DVD-Label für unbekannte alte japanische Filme auf die Beine zu stellen, musste aber schnell erfahren, dass dies bei den geforderten Summen für die Rechte utopisch war. Da dies praktisch alle Studios betrifft, führt er dies sogar auf eine kulturelle Einstellung zur eigenen Filmgeschichte zurück:

I think also there€™s a proprietary attitude by the Japanese toward their own cinema, a feeling by some Japanese that, for instance, foreigners can never truly understand Ozu, that movies like that are really for their consumption alone, and not the world€™s. Here in Japan, you can routinely buy DVDs of Hollywood movies for under 1,000 yen while most Japanese DVDs are ludicrously expensive, usually 4,800 to 6,000 yen apiece. I asked Donald Richie once why he thought Japanese home video labels almost never provide English subtitles on their DVDs, and he had a very interesting answer: €œBattaa kusai€ (€stinks like butter€).

Er geht auch auf die Schwierigkeiten bei der Recherche für das Buch ein, die vor allem mit Übersetzungsschwierigkeiten zusammenhingen (etwa bei Filmtiteln) sowie den Eigenheiten der japanischen Sprache bzw. den Schriftsystemen, die dafür sorgen, dass die Aussprache eines Namens oft nicht eindeutig klar ist:

The biggest problems with a project like this are things like trying to nail down Japanese names definitively. The producer commonly known as Tomoyuki Tanaka is usually called €œYuko Tanaka€ by those that knew him, actor Akira Takarada for instance, because the characters for Tomoyuki can also be read as €œYuko.€ Which is correct? Oftentimes, there€™s no way to know for sure short of knocking on the door of the family home and asking their spouse or children.

Das ganze, ziemlich umfangreiche Interview findet ihr bei Ryuganji.

Das zweite Jahr Japankino ist voll, höchste Zeit für ein erneutes Fazit (Zeit zum Feiern hab ich sowieso nicht). Zunächst ein paar harte Zahlen:

  • Dies ist der 290. Artikel, ich konnte als das Tempo des ersten Jahres nicht halten (dazu gleich mehr)
  • 81 Filmbesprechungen
  • 693 Downloads des Kurosawa-Essays
  • 60-70 Feed-Abonnenten (stagniert seit etwa einem halben Jahr)
  • Gesamtbesucherzahl von fast 25.000, Höhepunkt im Dezember 2007
  • 34878 Spamkommentare
  • Tägliches Spamaufkommen mittlerweile im dreistelligen Bereich

Klarer Negativpunkt bei dieser Bilanz ist die viel zu niedrige Zahl an Filmbesprechungen. Nur 31 sind neu dazugekommen, also im Schnitt eine alle 12 Tage. Dazu passt auch, dass ich von den 5 großspurig angekündigten Klassikern nur 3 auch tatsächlich vorgestellt habe. Sword of Doom und Swallowtail Butterfly habe ich nicht geschafft, werde das aber so schnell wie möglich nachholen. Diese Entwicklung hängt sicherlich auch damit zusammen, dass meine Ansprüche gestiegen sind. In den frühen Tagen dieses Blogs waren die Kritiken oft ziemlich kurz, und die Mühe mit den Screenshots habe ich mir auch nicht gemacht. Trotzdem, ein bisschen mehr hätte es schon sein dürfen, schließlich geht es hier ja im Kern um Filme!

Hauptgrund dürfte aber ganz klar der Faktor Zeit gewesen sein. Das zweite Jahr hier im Blog fiel fast genau zusammen mit meinem ersten Jahr im neuen Job, und das hat sich schon bemerkbar gemacht. Hinzu kam dann etwa seit März/April das Engagement fürs JFFH, das es mir zwar einerseits ermöglicht, meine Freude an japanischen Filmen noch mehr auszuleben, das andererseits aber auch viele Nacht- und Wochenendschichten beansprucht hat, in denen ich sonst gebloggt hätte. Jede Medaille hat eben zwei Seiten…

Dafür habe ich immerhin was Yasujiro Ozu angeht Wort gehalten, eine Handvoll seiner Filme vorgestellt und zaghaft begonnen, mich mit seiner Einzigartigkeit in Stil und Konzept zu beschäftigen. Da gibts aber immer noch viel zu entdecken! Ganz unter den Tisch gefallen sind dafür die Ideen für technische Änderungen am Blog, was vor allem damit zusammenhängt, dass Japankino noch auf einer uralten WordPress-Version läuft und ich mich einfach nicht aufraffen konnte, ein Update durchzuführen. Sobald die Version 2.7 raus ist, muss das aber endlich mal sein!

Was steht nun an für das dritte Jahr?

Wie oben schon angesprochen: Wieder mehr Filme! Außerdem möchte ich gerne den Umstand, dass ich nun seit ein paar Monaten intensiv beim Japanischen Filmfest Hamburg mitwirke, nutzen und öfter mal einen Blick hinter die Kulissen geben. Zudem das eben erwähnte Software-Update, wahrscheinlich verbunden mit einem neuen Design, damit wieder etwas frischer Wind in den Blog kommt. Allererste Priorität haben aber Reviews zu den folgenden Filmen:

Hoffentlich klappt das diesmal!