HoHoHo!

Die Beschäftigung mit japanischen Filmen ist wirklich ein nie versiegender Quell von Überraschungen. Immer wieder bin ich mit Erstaunlichem, Merkwürdigem und Faszinierendem konfrontiert. So auch heute wieder. Die Hochi Awards wurden nämlich verliehen. Alljährlich wird dieser Preis in acht Kategorien vergeben, und zwar an Filme, die von einigen Kritikern sowie den Lesern der Sportzeitung Hochi Shimbun ausgewählt wurden!

Als qualitätsbewusster Blogger mache ich mich natürlich auf die Suche in den Weiten des Internets und will herausfinden, ob ich da einem verfrühten Aprilscherz aufsitze oder ob es diesen von einer Sportzeitung vergebenen Filmpreis tatsächlich gibt. Und ja, es gibt ihn, bekannte Preisträger waren unter anderem Ken Watanabe und Juzo Itami. Und was taucht da noch unter den ersten Suchergebnissen bei Google auf? Der Ho Chi Minh Award! 😀

Großer Gewinner der Preisvergabe (des Hochi, nicht Ho Chi Minh) ist in diesem Jahr I didn’t do it, der sowohl als Bester Film als auch in Person von Ryo Kase für die beste männliche Hauptrolle ausgezeichnet wurde. Von dieser Geschichte eines otto-normal-Angestellten, der irrtümlich wegen sexueller Belästigung in einer überfüllten U-Bahn angeklagt wird und in die Mühlen des Justizsystems gerät, hab ich schon einiges gehört. Der scheint so langsam den Status des Geheimtipps zu verlieren. Zur besten weiblichen Hauptdarstellerin wurde Kumiko Aso gewählt, bester Regisseur ist Nobuhiro Yamashita und bester ausländischer Film Robert Altmans letztes Werk A Prairie Home Companion.

Gerade von Knut erfahren: Das Programm der Erlanger Stummfilmmusiktage vom 24. bis 27. Januar 2008 enthält auch zwei Perlen des klassischen japanischen Films, nämlich Mikio Naruses Nacht der Träume von 1933 sowie Das Mädchen Sumiko von Shigeyoshi Suzuki aus dem Jahr 1930. Parallel läuft wohl auch eine Ausstellung zu japanischen Stummfilmdiven und einen einführenden Vortrag zum japanischen Stummfilm gibt es zudem noch. Spannend! Außerdem im Programm sind Klassiker von Buster Keaton und Murnau.

Gerade die beiden frühen Naruses, die ich bisher gesehen habe, waren hochinteressant und rückten den Regisseur für mich in ein etwas anderes Licht als ich es von seinen Filmen der 1950er gewohnt war. Da wäre ich natürlich brennend daran interessiert, ein weiteres Frühwerk sehen zu können, und dann auch noch mit Live-Musik… traumhaft! Kann ich jedem nur empfehlen, ich muss leider passen, nach Erlangen ist es dann doch ein ganz schönes Stück.

Neulich bin ich über ein absolutes Juwel gestolpert: Kurosawa Cinema. Sieht nach einer exzellenten Seite aus, die sich entgegen des Namens keineswegs ausschließlich mit Kurosawa beschäftigt. Dummerweise auf Französisch… Aber die Seite geht weit über einen Blog hinaus, enthält zum Beispiel auch eine genial in Flash umgesetzte Bildergalerie (dieses Tool muss ich mir auch noch genauer anschauen!), auch ohne Sprachkenntnisse wird hier also einiges geboten. Die Liste der Kritiken umfasst über 130 japanische Filme, eine bunte Mischung aus Klassikern und zeitgemäßem Kino. Wer gut Französisch spricht ist klar im Vorteil!

Meine zweite Empfehlung für heute, die auch direkt in meinen Feed-Reader gewandert ist, wären die Criterion Confessions. Jamie Rich nimmt sich dort ausschließlich DVDs der Criterion Collection zur Brust und das in schöner Ausführlichkeit. Ihm liegen dabei aber vor allem die Filme am Herzen, zu Dingen wie Tonqualität, Menüführung, Kommentaren und Bonusmaterial erfährt man eher wenig.

Und dann hätte ich Dennis Grunes Blog zu bieten. Klingt unscheinbar, sieht auf den ersten Blick auch total unscheinbar aus (das WordPress-Standard-Theme Kubrick kommt zum Einsatz), aber die Inhalte haben es in sich! Das Archiv reicht bis Januar 2007 zurück, und jeden Tag steht mindestens eine Kritik drin, manche eher kurz und knapp, andere dafür sehr ausführlich. Zudem gibt es eine Reihe von Top-Listen, z.B. die 100 besten asiatischen Filme, über deren Zusammensetzung sich natürlich trefflich streiten ließe, aber allein die schiere Menge an Filmbesprechungen (gerade auch von Klassikern bis zurück in die 1930er und 20er Jahre) ist überwältigend!

Originaltitel: Gion no shimai (1936), von Kenji Mizoguchi

Der Film schildert die Geschichte zweier Schwestern, beide Geishas, aber mit sehr verschiedener Einstellung zu ihrem Beruf. Die ältere, Umekichi (Yoko Umemura), legt großen Wert auf Traditionen, Loyalität und ihren guten Ruf und bleibt deshalb mit ihrem Patron Shimbei Furusawa auch dann zusammen, als dieser Bankrott geht und verarmt. Ihre jüngere Schwester Omocha (Isuzu Yamada) dagegen sieht sich als das Opfer männlicher Unterdrückung und Ausbeutung. Loyalität und traditionelle Normen sind für sie lediglich Vehikel zur Ausnutzung von Frauen durch die Männer, weshalb sie sich von möglichst vielen verschiedenen Männern aushalten lassen will.

Screenshot Sisters of Gion1

Zu diesem Zweck spinnt sie ein Netz aus Lügen und nützt die Gefühle eines Verehrers aus. Auch ihre Schwester, der sie einen neuen Patron aufdrängen will, hintergeht sie und missachtet deren Gefühle. Doch dann stürzt ihr Lügengebäude ein, und als ihr Verehrer dahinter kommt, dass er die ganze Zeit von Omocha nur benutzt und zum Narren gehalten wurde, rächt er sich und sie landet im Krankenhaus.

Während man bis hierher dem Treiben von Omocha ungläubig, fast mit Entsetzen zusieht, sie immer mehr die Rolle einer kaltblütigen, nur auf ihren Vorteil bedachten Femme fatale annimmt und man ihr die Abreibung durch ihren zutiefst in seiner Ehre verletzten Verehrer regelrecht gönnt, verkehrt sich nun schlagartig alles ins Gegenteil: Während Omocha im Krankenhaus liegt, wird nämlich Umekichi, die treu zu ihrem alten Patron Furusawa hielt und diesen sogar mit ihrem kleinen Einkommen unterstützte, von diesem verlassen. Er kehrt zu seiner Frau aufs Land zurück, um eine Stelle anzutreten. Zurück bleiben eine am Boden zerstörte Umekichi und Omocha, die im Krankenbett liegend die Männer und die Abhängigkeit der Frauen von den Männern verflucht.

Screenshot Sisters of Gion3

Durch diese Wendung in letzter Minute wird Omochas Verhalten, das zuvor als verwerflich erschien, in ein völlig anderes Licht gerückt. Auf einmal wird dem Zuschauer klar, dass sie mit all ihren Ermahnungen an Umekichi und ihrem Misstrauen gegenüber Männern Recht hatte. Dadurch, dass sie auch noch im Krankenbett liegt, erhält ihre Anklage (€žWarum müssen wir so leiden? Warum gibt es Geishas?€œ) eine gesteigerte Eindringlichkeit, die Mizoguchi noch zusätzlich durch eine der ganz wenigen Großaufnahmen des Films unterstreicht. Diese unvergessliche finale Szene des Films ist sozialkritisches Kino par excellence und von allerhöchster emotionaler Intensität.

Mizoguchi kritisiert aber nicht nur die Stellung der Frau und der Geishas im Besonderen. Er thematisiert am Beispiel der beiden unterschiedlichen Schwestern auch die kulturellen und sozialen Gegensätze im Japan der 1930er Jahre, das hin- und her gerissen ist zwischen den alten Traditionen und den modernen, westlichen Einflüssen, die innerhalb weniger Jahrzehnte auf das Land einstürmten und es völlig verwandelten. Er bleibt dabei seiner Linie treu, die Familie als Mikrokosmos der Gesellschaft zu betrachten und Frauen €“ in diesem Fall Geishas €“ in den Mittelpunkt seiner Filme zu stellen.

Wie sehr die beiden, sowohl Omocha mit ihrem Drang nach Unabhängigkeit als auch Umekichi mit ihrer Treue, letztlich Gefangene einer sozialen Ordnung sind, verdeutlicht auch ein den Film stark prägendes visuelles Motiv: Der Einsatz von negativem Raum, der unsere Aufmerksamkeit fokussiert und auf die beiden Protagonistinnen lenkt sowie, dass diese immer wieder von Türen, Fenstern, Gängen umrahmt sind, Symbole des Gefangenseins.

Screenshot Sisters of Gion2

Zusammen mit dem im selben Jahr produzierten Film Osaka Elegie gilt Die Schwestern von Gion als erstes großes Meisterwerk Mizoguchis, die beide auch den Beginn der langen Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautoren Yoshikata Yoda markieren. Trotz des hohen künstlerischen Werts, der kontroversen Thematik und der Besetzung mit Yoko Umemura, einer etablierten Star-Schauspielerin, die seit Anfang der 1920er – unter anderem mit The Woman who touched the legs – sehr erfolgreich gewesen war, wurde Die Schwestern von Gion kein finanzieller Erfolg, ganz im Gegenteil: Obwohl die Produktion des Films nur wenige Wochen in Anspruch nahm, ging die Produktionsfirma Daiichi Eiga Bankrott. Dies wird vor allem auf Vertragsstreitigkeiten mit der Verleihfirma zurückgeführt, welche in einen Boykott des Films durch den Verleiher mündete.

[Hinweis: Dies ist eine stark erweiterte und überarbeitete Version eines Beitrags, der ursprünglich am 23. September 2006 erschien.]

I’m back!

Seit gestern Abend läuft die Kiste wieder! Jetzt muss ich noch diverse Software installiern, dutzende Mails beantworten und dann wird wieder in die Hände gespuckt gebloggt. Stehen ja auch ne Menge Themen und Posts an, weiter gehts als nächstes mit dem versprochenen Update zu Die Schwestern von Gion. Da hatte ich ja den Text schon fertig und dann kam der große Blackout… aber keine Sorge, alles gespeichert! 🙂

Nach dem Debakel vom letzten Wochenende bin ich glücklicherweise schnell bei Ebay fündig geworden, und gerade wurde das Motherboard samt Athlon 64 4000+, Speicher und einer Radeon 9550 geliefert. Die Grafikkarte bräuchte ich eigentlich nicht, aber die hat praktischerweise zwei Ausgänge, einen DVI und einen analogen, ich könnte zukünftig also beispielsweise parallel einen Beamer anschließen… 🙂

Damit ist dann auch ein Ende des Schweigens hier im Blog in Sicht, wenn ich mal davon ausgehe, dass die Teile in Ordnung sind und beim Einbau keine größeren Probleme auftreten. In den nächsten Tagen gibts dann auch endlich wieder was über japanische Filme zu lesen!

Nichtsahnend sitze ich eben an meinem Rechner, da wird plötzlich der Bildschirm schwarz. Monitorkabel gecheckt – alles in Ordnung. Reboot ändert auch nichts an der Situation, nichts passiert. Erstmal ausschalten. Wieder einschalten. Nichts. Gar nichts, nicht mal das übliche Piepen!

Ich gehe daher davon aus, dass ich mir jetzt ein neues Motherboard besorgen darf, das alte ist offenbar in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Diese Zeilen hacke ich gerade über mein 8 Jahre altes Laptop (!) in den Blog, das ist aber so kein Zustand. Bis ich also das Motherboard ersetzt habe und alles wieder läuft, herrscht hier leider vorübergehend Sendepause.

Isao Takahata, Mitbegründer des Ghibli-Studios und Schöpfer solch großartiger Filme wie Die letzten Glühwürmchen und My Neighbours the Yamadas wurde am Montag letzter Woche 72 Jahre alt. Otanjoubi omedetou gozaimasu nachträglich!

Dann schreibt Daniel, dass es ein neues Wasserfarben-Artwork-Buch mit vielen Skizzen aus der Feder Hayao Miyazakis gibt, die während seiner Arbeit an Nausicaää aus dem Tal der Winde entstanden. Für Fans sicherlich ein absolutes Muss, aber auch zum Verständnis der Entwicklung Miyazakis generell sehr empfehlenswert. Mal sehen, ob ich das noch im Budget unterbringen kann…

Und dann habe ich noch ein bisschen geYouTubed auf der Suche nach schönen Videos zu Mein Nachbar Totoro und ein wirklich ganz wunderbares Juwel entdeckt. Totoro a capella:

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=zGn8xONcpOY[/flash]