Zum siebten Mal findet dieses Jahr in Frankfurt/Main das Nippon Connection Filmfestival statt, und zwar vom 18. bis 22. April. Heute trudelte eine E-Mail mit den neusten Infos (die leider noch nicht auf der Homepage stehen) ein, darunter welche Filme im Programm sind und auf welche Gäste man sich freuen darf. Klingt viel versprechend:
Erwartet werden unter anderem der Kultregisseur Shinya Tsukamoto (€žTetsuo“) mit seinem neuen Meisterwerk Nightmare Detective, eine der bekanntesten Schauspielerinnen Japans Kaori Momoi mit ihrem bereits auf der Berlinale gefeierten Regiedebüt Faces of a Fig Tree, €žBoys Choir“-Regisseur Akira Ogata mit The Milkwoman und Japans Trashfilm-Spezialist Minoru Kawasaki mit The World Sinks Except Japan und Rug Cop.
Und diese Streifen werden gezeigt:
A Prisoner (Yuheisha) von Masao Adachi
Arch Angels (Warau daitenshi (Mikaeru)) von Issei Oda
Baumkuchen von Kensaku Kakimoto
Boy (Shonen) von Yuji Dan
Faces of a Fig Tree (Ichijiku no kao) von Kaori Momoi
Fourteen (Juyonsai) von Hiromasa Hirosue
German + Rain (Jâman + ame) von Satoko Yokohama
Hal & Bons von Katsuhito Ishii
Into a Dream (Yume no naka he) von Sion Sono
Kemonozume (Episode 1-5) von Masaaki Yuasa
Komaneko – The Curious Cat (Komadori eiga komaneko) von Tsuneo Goda
Look of Love (Rukku obu rabu) von Yoshiharu Ueoka
Love Hotels von Ryotaro Muramatsu
Love on Sunday (Koi suru nichiyōbi) von Ryuichi Hiroki
La Maison de Himiko (Mezon do Himiko) von Isshin Inudō
The Matsugane Potshot Affair (Matsugane ransha jiken) von Nobuhiro Yamashita
The Milkwoman (Itsuka dokusho suru hi) von Akira Ogata
Mushishi von Katsuhiro Otomo
Nightmare Detective (Akumu tantei) von Shinya Tsukamotou
Nikomihoppy (Monzetsu – Hotobashiru aiyoku) von Toshiro Enomoto
Noriko’s Dinner Table (Noriko no shokutaku) von Sion Sono
The Pavillion Salamandre (Pavillion sanshouo) von Masanori Tominaga
Paprika von Satoshi Kon
Rug Cop (Zura deka) von Minoru Kawasaki
Strawberry Shortcakes von Hitoshi Yazaki
Tekkon Kinkreet von Michael Arias
Ten Nights of Dreams (Yumejūya) von Kon Ichikawa, Takashi Shimizu, Miwa Nishikawa, Nobuhiro Yamashita u.a., J 2006
Uncle’s Paradise (Ojisan Tengoku / Zetsurin zetsujō) von Shinji Imaoka
Unholy Women (Kowai onna) von Keita Amemiya, Takuji Suzuki, Keisuke Toyoshima
The World Sinks Except Japan (Nihon igai zebu chinbotsu) von Minoru Kawasaki
The Yakiniku Movie: Bulgogi (Za Yakiniku Mubi: Purukogi) von Su-yeon Gu
Yokohama Mary von Takayuki Nakamura
Außerdem laufen wohl eine ganze Reihe von Kurzfilmen und Klassikern und auch ein umfassendes japanzentriertes Rahmenprogramm wird angeboten. Wer (wie leider auch ich) keine Zeit hat, für ein paar Tage nach Frankfurt zu fahren,bekommt noch eine zweite Chance: Ein Teil der Filme geht nach dem Festival auf Welttournee, geplante Stationen sind Leipzig, Berlin, Rotterdam, Barcelona, Michigan, Toronto und Rio de Janeiro.
11 Mrz
So, trotz des herrlichen Wetters hab ich mich auf meine vier Buchstaben gesetzt und den angekündigten Essay zu Akira Kurosawa abgeschlossen. Der Essay basiert auf einem Vortrag, der sich an ein bunt zusammengesetztes Laienpublikum, sowohl filmtheoretisch als auch was Kurosawa betrifft, richtet. Für diesen Vortrag hatte ich mich für eine Mischung aus chronologischem und thematisch-systematischem Vorgehen entschieden, und so ist auch der Essay strukturiert.
Für alle, die sich die 10 Seiten nicht durchlesen möchten, auf die Schnelle einige zentrale Punkte:
Die ausführliche Version als PDF mit biographischem Hintergrund, Beispielen aus Filmen und ein paar Screenshots kannst du hier herunterladen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und freue mich auf Anregungen, Fragen und Kritik!
3 Mrz
…habe ich für meinen Vortrag bei der DJG Hamburg zwar nicht eingeheimst, aber dafür reichlich Lob von den etwa 30 Zuhörern. Fast noch wichtiger: Mir selbst hat’s auch riesigen Spaß gemacht!
Etwas nervös war ich vorher schon, schließlich habe ich einen derartigen Vortrag noch nie gehalten. Klar, Referate an der Uni, aber da reichen doch meist 20 Minuten und ein paar Folien. Mit einer angepeilten Rededauer von 80 Minuten und einer Powerpoint-Präsentation mit sage und schreibe 100 Folien – die meisten davon allerdings Screenshots aus Filmen – war das dann doch ein ganz anderes Kaliber. Aber nachdem ich dann losgelegt hatte, gab es keine Nervosität und kein Halten mehr.
Eine Lektion hab ich aber auf alle Fälle gelernt: Immer eine Übersicht über die Abfolge der Folien in den Notizen mit einbauen. Ich bin doch des öfteren etwas aus dem Tritt gekommen, wenn plötzlich eine Folie zu einem eigentlich schon abgeschlossenen Thema kam, oder die mir sonstwie grade nicht in den Kram passte.
Großen Dank auch noch an meinen Kollegen Tobi, der mir einen überaus praktischen Laserpointer mit Steuerungsfunktion für Powerpoint auslieh, an dem ich mich während des Vortrags festhalten konnte. 😉
In den nächsten Tagen werde ich übrigens noch meine Notizen überarbeiten und dann hier in Essay-Form zum Download bereitstellen.
Update: Den Kurosawa-Essay gibt es inzwischen hier als PDF.
25 Feb
Gestern mal wieder Rotbart von Akira Kurosawa gesehen (über den muss ich bei Gelegenheit noch ausführlicher schreiben), und gestaunt über die dezente, aus dem Leben gegriffene und selbstverständliche Verwendung der historischen Sets. Was für ein Unterschied zu den Monumentalfilmen der letzten Jahre!
Der Aufwand, den Kurosawa für Rotbart betrieb, ist legendär: Für die zwei Jahre dauernden Dreharbeiten (!!) wurde eine komplette Kleinstadt aus der Tokugawa-Periode unter Verwendung gealterter oder wirklich aus alten Häusern stammender Materialien gebaut. Selbst die Innenausstattung der Sets wurde vor den Dreharbeiten durch tatsächliches monatelanges Benutzen auf alt getrimmt.
Aber der gigantische Aufwand spiegelt sich in keiner Weise in der Verwendung des Sets im Film selbst: Es gibt keine fulminanten Schwenks und Totalen, die den Zuschauer beeindrucken sollen. Statt dessen wird diese künstliche Stadt schlicht zum Hintergrund für ein Gespräch auf der Straße oder für den Blick aus dem Fenster. Im Mittelpunkt stehen immer die Charaktere, und das ist es, was diesem Film seine Authentizität, seinen Realismus und die Glaubwürdigkeit verleiht.
Ganz im Gegensatz zu der Verwendung der – oft computergenerierten – Szenerien und Sets in den großen Historien- oder Fantasyfilmen der letzten Jahre, die uns Zuschauern immer in majestätischen Kamerafahrten und langen Einstellungen aufgezwungen werden. Weil sie sehen ja so toll und realistisch aus. Dabei ist es genau dieses plumpe Vorzeigen, dieses Auf-dem-Silbertablett-präsentieren, das sie unrealistisch und unglaubwürdig macht und das den Zuschauer in die Perspektive eines Touristen versetzt und nicht in die eines Bewohners.
Was ich damit meine? Wer als Tourist in Berlin ist, steht staunend vor Reichstag und Brandenburger Tor und knipst seine Fotos. Beeindruckend, außergewöhnlich. Wer in Berlin lebt, nimmt diese Bauwerke nicht bewusst wahr, für ihn werden sie schlichter Hintergrund eines Spaziergangs, in dem selbstverständlich das Gespräch mit der begleitenden Person im Vordergrund steht und nicht das Drumherum.
Das ist der Unterschied zwischen der Verwendung von Sets, die uns als Zuschauer zum Teilhaber, zum Miterlebenden macht und uns in die Welt des Films hineinzieht (wie in Rotbart) und dem aufdringlichen Vorzeigen großartiger Bilder, die das wirklich Wichtige nicht betonen sondern mit ihm konkurrieren.
20 Feb
Sehr begeistert von Mikio Naruses Stummfilm Nasanu naka zeigt sich Thomas, der im Zuge der Berlinale Retrospektive das Glück hatte, diesen seltenen Film sehen zu können. Er schreibt:
Nasanu Naka folgt dem Melodram im geschickten Aufbau – Erzählokonomie, Figurenkonstellationen und dergleichen befinden sich durchweg auf höchstem Niveau. Davon aber abgesehen ist es vor allem die Inszenierung des Films, die staunen lässt: Nasanu Naka ist von einer unvergleichlichen Bild- und Bewegungsdynamik getragen. Die Position und Bewegung der Kamera sind in jedem Moment reflektiert und als Ergebnis einer ästhetischen und gestalterischen Entscheidung vordergründig präsent: Nie hat man den Eindruck in einer distanzierten Position des Geschehens zu verharren, stets ist man ‚mittendrin‘: Die Kamera bannt nicht das Geschehen, sondern folgt ihm nach.
Interessant finde ich besonders den Hinweis auf die Dynamik der Kamerabewegungen, die mir aus den späten, sehr stark statisch geprägten Naruses kaum bekannt sind. Die Veränderungen im Stil zwischen seinen Filmen der 30er und der 50er Jahre scheinen doch erheblich zu sein. Inzwischen entwickelt sich in den Kommentaren zum Post zudem eine (auch von mir geführte) Diskussion über die verspätete Einführung des Tonfilms in Japan.
Und im Forum von Rolling Stone gibt es einen Thread, in dem Naruse diskutiert und einige – besonders frühere Filme als die von mir gesehenen – vorgestellt werden.
Also schaut’s mal rein!
Über zwei Dinge habe ich mich doch sehr gewundert, als ich vor kurzem anfing, mich näher mit Mikio Naruse zu beschäftigen: Erstens seine außergewöhnlich lange Schaffenskrise und zweitens, dass seine Filme nicht nur im Westen unbekannt, sondern auch in Japan seit Jahrzehnten nahezu in Vergessenheit geraten sind. Für beide Phänomene sind mir inzwischen (mögliche) Erklärungen begegnet.
Immer wieder habe ich in der älteren Literatur von der ominösen, 16jährigen Schaffenskrise Naruses von 1935 bis 1951 gelesen, für die sowohl persönliche Probleme als auch die Zensur verantwortlich gemacht werden. In der Tat litten auch andere große Regisseure unter den Restriktionen und Arbeitsbedingungen während des Krieges, insofern mag es durchaus sein, dass Naruse nicht die Filme machen konnte, die er machen wollte.
Aber, so habe ich mir immer wieder gedacht, ein so großartiger Regisseur kann doch nicht plötzlich aufhören, gute Filme zu drehen, und 16 Jahre später wieder damit anfangen! Da ich selbst bisher leider nur Nachkriegsfilme Naruses gesehen habe, konnte ich mir darauf nicht wirklich einen Reim machen. Inzwischen habe ich jedoch den Eindruck gewonnen, dass die „Schaffenskrise“ zu einem guten Teil schlicht auf der Unkenntnis der Filme beruht. Denn es scheint durchaus eine Reihe anspruchsvoller und ambitionierter Filme Naruses aus den späten 30er Jahren zu geben, die allerdings erst in der jüngeren Vergangenheit auch im Westen gezeigt wurden. Alexander Jacoby zufolge widerlegen diese die angebliche Schaffenskrise auf eindrucksvolle Weise:
Recent screenings in Japan and Europe of such hitherto unknown films as Avalanche (1937) and A Woman’s Sorrows (1937), coupled with revivals of Wife, Be Like a Rose and The Whole Family Works (1939), have revealed the consistent quality and complexity of Naruse’s work in this period: an intriguing blend of melodrama with realism; a novelistic ability to balance and develop a set of distinct but overlapping narratives, and to create large numbers of plausible, three-dimensional characters; an imaginative willingness to experiment with diverse cinematic styles and their expressive potential.
Soviel zu Schaffenskrise, mehr wenn ich diese und andere frühe Filme Naruses mit eigenen Augen gesehen habe. Das zweite große Rätsel, das sich mir stellt, ist die fehlende Popularität Naruses gerade in Japan. Wie mir verschiedentlich von Japanern berichtet wurde, kennt man natürlich Kurosawa und Ozu, vielleicht noch Mizoguchi. Deren Filme werden auch ab und an im Fernsehen gezeigt, während Naruse offenbar schon seit Jahrzehnten weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Und das, obwohl seine Familiendramen eigentlich eher TV-kompatibel sind als die bildgewaltigen Epen eines Kurosawa oder Mizoguchi.
Ich konnte mir darauf einfach keinen Reim machen, bis mir neulich eine Episode aus dem Making-Of eines Ghibli-Films einfiel. Darin wird von den massiven Bedenken der Studiobosse gegenüber Tonari no totoro (ein sehr erfolgreiches Anime aus den 80er Jahren) berichtet. Niemand wollte das Projekt finanzieren, weil man glaubte, kein Mensch würde sich einen Kinderfilm ansehen, der in den von Armut und Entbehrung geprägten Jahren vor dem japanischen Wirtschaftswunder spielt. Und da hat es klick gemacht!
Wenn sich die seit Jahrzehnten im Überfluss lebenden Japaner nicht mit einer Zeit, in der in ihrem Land Armut und Entbehrung herrschten, auseinander setzen möchten (oder wenn Programmdirektoren dies glauben), dann würden sie sich auch keinen Naruse ansehen, in dem Kinder aus Geldsorgen zur Adoption freigegeben werden. Just die realistische und ergreifende Weise, in der Naruse in seinen Filmen Nöte der Unterschicht problematisiert, könnte für heutige Japaner beklemmend wirken und Erinnerungen heraufbeschwören, über die man lieber Gras wachsen lässt. Warum in die Zitrone beissen, wenn man in der anderen Hand einen Schoko-Riegel hat?
16 Feb
Kam gerade per E-Mail reingeflattert: Digital Meme veröffentlicht 55 Animes der Stummfilmzeit in einem Set mit vier DVDs. Neben englischen Untertiteln bietet das Set vor allem die originalen Benshi-Aufnahmen zu 20 der Filme, darunter so bekannte Künstler wie Midori Sawato. Zu der Kollektion gehören Filme von Yasuji Murata, Sanae Yamamoto, Mitsuya Seo sowie Noburo Ofuji.
Offizielles Erscheinungsdatum ist der 27. April, der voraussichtliche Preis liegt bei 12800 Yen oder 110 US-Dollar. Für weitere Informationen, unter anderem zu einem 5%-Rabatt für Vorbestellungen gibt es eine Kontakt-Adresse.
16 Feb
Original: Midareru, (1964) von Mikio Naruse
Der Film beginnt mit einer großartigen Szene, in der Naruse gleichermaßen den Rahmen für die Handlung setzt und die Veränderungen im Japan der 60er Jahre thematisiert: Ein Werbewagen fährt durch eine Kleinstadt und kündigt Sonderangebote eines neuen Supermarkts an. Dabei fährt er auch am Lebensmittelladen von Reiko (Hideko Takamine) vorbei, wo die Geschäfte immer schlechter laufen. Reiko lebt bei der Familie ihres verstorbenen Ehemanns, dessen Mutter und Schwestern sie überreden wollen, wieder zu heiraten. Aber sie fühlt sich ihrem Mann, dessen Familie und dem kleinen Laden, den sie nach dem Krieg aufgebaut hat, tief verbunden.
Die Situation wird zusätzlich belastet, als ihr ihr Schwager Koji (Yuzo Kayama), vorgeblich ein Taugenichts und Glücksspieler, seine Liebe beichtet. Es wird offensichtlich, dass sein früheres Verhalten Versuche der Ablenkung waren. Nachdem die Wahrheit heraus ist, beginnt er im Laden mitzuhelfen (was aber immer wieder zu peinlichen Situationen mit Reiko führt) und ändert seinen Lebenswandel vollständig. Er plant sogar, den kleinen Laden abzureißen und einen Supermarkt zu eröffnen, den er gemeinsam mit Reiko führen will. Seine Familie lehnt Reikos Beteiligung aus finanziellen Erwägungen aber ab. Koji betrachtet den Laden jedoch als Reikos Lebensinhalt und will diesen auf keinen Fall zerstören. Als Reiko erfährt, dass sie einer Verbesserung der Situation der Familie im Wege steht, kündigt sie überraschend an, in ihre Heimat zurückzukehren und zu heiraten. Koji glaubt ihr nicht und begleitet sie auf der Fahrt nach Norden, bei der sich die beiden langsam näher kommen. Sie unterbrechen die Reise und Reiko dankt Koji für seine Liebe und Zuneigung, teilt ihm aber mit, dass sie sich an ihren Ehemann gebunden fühlt. Sie bittet ihn, am nächsten Morgen abzureisen, worauf Koji davon stürmt, sich betrinkt und in eine Schlucht stürzt.
Naruse greift in Yearning bereits bekannte Themen auf: Die eheliche Bindung, die Abhängigkeit der Ehefrau – besonders der Witwe – von der Familie ihres Ehemanns, unerfüllbare Liebe und finanzielle Nöte (deren Ursachen dieses Mal aber mit den rapiden Veränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft klar benannt werden). Er geht dabei allerdings noch einen Schritt weiter als in den früheren Filmen. Die Bindung Reikos an ihren Ehemann bestimmt sogar noch lange nach dessen Tod ihr Schicksal und grenzt sie in ihrer individuellen Freiheit ein, hat damit letztlich Konsequenzen über die unmittelbar Betroffenen hinaus und verursacht indirekt sogar den Tod Kojis.
Betrachtet man die Liebe Kojis als Reikos Chance auf ein neues Leben, bekommt die Schlussszene, in der Reiko völlig außer sich hinter der Bahre mit Kojis Leiche, die sich aber immer weiter entfernt, herläuft, eine zusätzliche Bedeutung: Denn Reiko vergießt keine Tränen, in ihrem Gesicht spiegeln sich nicht nur Bestürzung und Trauer, sondern auch ein bisschen Erleichterung darüber, dass ihre Treue zu ihrem Ehemann nicht weiter getestet wird. Damit sind die Grenzen für Reikos Glück letztlich auch von ihr selbst errichtet.
Die grausamste Szene des Films bleibt für mich aber, als Reiko ihrer angeheirateten Familie gegenübersitzt und den Lebensmittelladen, ihr Zuhause, alles, wofür sie gelebt und gearbeitet hat, ihren gesamten Lebensinhalt, ohne mit der Wimper zu zucken aufgibt. Und das, um Menschen zu helfen, die sich kaum für ihr Schicksal interessieren. Ein Moment, in dem Naruse seine Heldin sehr nah an Kenji Mizoguchis sich selbst aufopfernde, tragisch leidende Frauenschicksale heranrückt.